Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Siegmund Günther 
wohl selbstverständlich, daß man von den ältesten Zeiten an bei der Kriegführung, 
vorab auf dem Meere, sich um die atmosphärischen Zustände gekümmert haben wird, 
indessen die Wissenschaft hat dabei gewiß nur selten ein Wort mitgesprochen. 
Freilich wäre sie dazu auch erst vom vorigen Jahrhundert an einigermaßen befähigt 
gewesen. Die erste ganz zuverlässige Nachricht über ein einschlägiges Ereignis 
ist wenig über ein Jahihundert alt. Als Napoleon I. seinen Zug nach Rußland 
vorbereitete, ließ er durch Gelehrte, deren Namen uns nicht überliefert sind, als 
die uns aber seine beiden Vertrauten Laplace und Monge besonders wahrscheinlich 
Vorkommen dürften, eine Übersicht über die klimatischen Besonderheiten Ruß 
lands anfertigen, die auch namentlich den Winterbeginn, das Einsetzen der ersten 
Schneefälle auf Grund einer längeren Beobachtungsreihe festzustellen hatte. Solche 
Aufzeichnungen hatte man von den Akademikern St. Petersburgs in ausreichendem 
Maße, und man kann auch nicht sagen, daß der Kaiser bei seinen Vorkehrungen 
für den Rückzug von Moskau von falschen Voraussetzungen ausgegangen wäre. 
Er ahnte nur nicht, daß gerade in diesem Jahre der Frost so rasch und ungewöhnlich 
heftig eintreten würde. Man darf sicher annehmen, daß auch für die ägyptische 
Expedition ähnliche Vorarbeiten unternommen worden waren, da diese ja von 
einem stattlichen Gelehrtenstabe begleitet ward, der nachher wertvolle Mitteilungen 
hierüber veröffentlichte, doch fehlen genauere Nachweisungen über das möglicher 
weise Geschehene. 
Im folgenden sollen beide Wissenszweige in kurzen Umrissen dargestellt 
werden. Es wird zuvörderst erforderlich sein, einen Überblick über die Grundlagen 
zu geben, die bereits vorhanden waren, als der Weltbrand ausbrach, um sodann 
die Folgen ins Auge zu fassen, welche diese gigantische Umgestaltung alles Beste 
henden gerade auf diesen weiten und eine Fülle neuer Möglichkeiten eröffnenden 
Arbeitsfeldern nach sich gezogen hat. Daß auf gar manche Einzelheiten jetzt noch 
nicht so eingegangen werden kann, wie die Friedenszeit es wünschen muß, leuchtet 
von selbst ein. 
Erster Abschnitt. 
Die Meteorologie im engeren Sinne. 
Wir teilen die Gesamterde ein in die Lithosphäre (klftoQ, Stein), die nach außen 
— die innere Beschaffenheit des Erdsphäroides bleibt hypothetischer Betrachtung 
Vorbehalten — als ein aus Gesteinen und anderen Mineralstoffen bestehender 
Körper erscheint, in die aus Meeren und Binnengewässern sich zusammensetzende 
Hydrosphäre (oSoop, Wasser) und in einen gas- und dampfförmigen Mantel, die 
Atmosphäre (axjjLT], Dunst) oder Lufthülle. Welche Mächtigkeit dieser Kugel 
schale zukommt, konnte noch nicht mit einiger Sicherheit ermittelt werden, und 
es ist sehr wohl denkbar, daß die Luft in großer Entfernung von der festen und 
flüssigen Erdoberfläche die äußersten Grade der Verdünnung erreicht und sich 
dann gar nicht mehr von jenem Äther unterscheidet, der nach der Ansicht vieler 
Astronomen und Physiker den Weltraum, d. h. die Interstellarräüme erfüllt. Die 
Luft ist eine Mengung — nicht etwa, wie das Wasser, eine chemische Verbindung — 
verschiedener Gase; und zwar ist das Mengungsverhältnis für die nämliche Horizon
	        
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