Volltext: Kriegsbilder aus den Hochalpen

166 Adolf Deye 
ebenfalls Lust zu einer solchen Bergfahrt im neutralen Gebiet findet . Dann gibt es manchmal Zusammenstöße , oder aber es wird von beiden Seiten vorgezogen , sich unbehelligt zu lassen und respektvolle Entfernung zu halten . Kampfhandlungen ßeren Stiles sind in diesen höchsten Regionen ganz vereinzelt und man kann dort tat - sächlich zu gelegener Zeit noch „ friedlichere " und einsamere Bergbesteigungen nehmen , als im friedlichsten Frieden — denn die Schar der sonst hier wohl zeitweise verkehrenden „ karrierten " und Gelegenheitsturisten wird ohne großen Schmerz ver - mißt . — Mir war es vergönnt , bei einer solchen Beobachtungsfahrt zwei herrliche Sonnentage im Bereiche von Österreichs höchsten „ Zuckerhüten " zu verbringen und noch selten habe ich so den Zauber ungezwungenster , hochalpiner Einsamkeit verspürt , wie dazumal . Zudem war unser Gang auch militärisch nicht ganz ergebnislos , denn der umsichtigen Leitung des diePatrouille führenden Herrn Oberleutnants I . war es zu ver - danken , daß wirvon Lage und Anlage der gegnerischen Stellungen guteKenntniserhielten . 
Schließlich wäre noch der im Gletschergebiete zur Anwendung kommenden A b - Wehrsicherungen zu gedenken . Die Anlage von Drahtverhauen und allen ähnlichen Hindernissen wird hier selbstverständlich einesteils durch die zahlreichen Schneefälle und andernteils , in geringerem Maße , durch die Cigenbewegung der Glet - scher erschwert . Dagegen hilft eben nur eine ständige , immer des Nachts zu ver - richtende Ausbesserungstätigkeit . Immer wieder müssen die sogenannten „ Spanischen Reiter " ( stacheldrahtüberzogene Holzgestelle ) aus dem Schnee gehoben und neu auf - gestellt und verstärkt werden . Oft aber auch verdeckt ein einziger Neuschneefall die Sicherun - gen so vollständig , daß man sie ruhig in der Tiefe der Schneemassen läßt und neue aufführt . 
Auch die Anlagen der Fernsprechleitungen leiden sehr unter der Veränderlichkeit des unsicheren Bodens und wohl mehr als in anderen Gebieten sind hier Aus - besserungen an der Tagesordnung . 
Wie schon angedeutet , bietet ein besseres Mittel , als alle Drahtverhaue , für die Verteidigung die Schroffheit und schwierige Crsteiglichkeit der Gipfel selbst . Hier ist dann auch , in unmittelbarer Nähe der Stellungen , die Errichtung von anderen Abwehr - Mitteln , wie breite Steinmauern und zum Ablassen vorbereitete Steinlawinen , möglich . 
Was über die Kampfweise in diesen höchstgelegenen Gebieten zu sagen ist , liegt eigentlich schon in der Eigenart ihrer geologischen Erscheinungsformen begründet . 
Großzügige Kampfhandlungen und Eroberungszüge werden wohl niemals ihren Schauplatz im Bereiche der Hochgipfel finden können . Hiefür kommen einzig die breiten Talsenkungen in Betracht und von diesen zu reden , fällt nicht in den Rahmen dieser Arbeit . In der Hauptsache werden nur Angriffe kleineren Amfanges , etwa um eine gegnerische Feldwache , oder einen Posten auszuheben , unternommen . Große Verschiebungen der Front sind dabei nicht zu erwarten , wenn auch der eine oder andere Gipfel den Gegnern entrissen werden kann . Nicht zu vergessen aber ist , daß gerade diese Unternehmungen kleinerer Abteilungen und Patrouillen die größten Anforderun - gen an Bergtüchtigkeit , Mut und Ausdauer der Beteiligten zu stellen pflegen . Die Schwierigkeit des Geländes allein , das zudem meist bei Nacht begangen werden muß , nicht selten auch die Unmöglichkeit eines raschen Rückzuges , zeigen , wie sehr hier im Gegensatz zur sonstigen modernen Kampfweise jeder einzelne seinen Mann zu stellen hat und es ist ganz unglaublich , mit welch unsäglichen Mühen und Gefahren auch der allerbefcheidenste Erfolg erkauft werden muß . Die bessere Verteidigungsmöglichkeit der Berg - Stellungen bringt eben auch die Erschwerung der Angriffstätigkeit mit sich . 
Leider wird es unbekannt bleiben , welche Fülle von wahrhaftem Heldenmut bei diesem harten und zähen Kleinkrieg aufgebracht wurde , sei es in der Verteidigung , auf Kundschaft , oder beim Vordringen . Die niemals erlahmende Beharrlichkeit der Offiziere und Mannschaften in Ausübung und Erkenntnis ihrer schweren ten kann nicht genügend gerühmt werden . Nicht ein einziges Mal habe ich ein
	        
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