Volltext: Freiw. Feuerwehr der Landeshauptstadt Linz - Festschrift zur Feier des 65jährigen Bestandes 1931

Um V29 Uhr kann die Meldung erstattet wer¬ 
den: Feuer auf den Brandherd beschränkt. — 
Noch gilt eö, im Neubau die Keller zu schützen. In 
ihnen sind wertvolle Vorräte aufgestapelt, Paraf¬ 
fin, Wachse, Harze und zwei große gefüllte Oel- 
zisternen. Eine eigene Abteilung ist bei den Keller¬ 
türen aufgestellt, um den Flammen den Durch¬ 
schlag zu verwehren. Gegen 11 Uhr werden die 
ersten Züge vom Brandplatze in ihre Zeugstätten 
zurückbeordert, nur der Zug Neustadt hat auf dem 
Brandplatze zu verbleiben, um die letzten Brand¬ 
nester zu ersticken, Aufräum- und Sicherungs¬ 
arbeiten vorzunehmen. Ein großes Polizeiaufgebot 
verwehrt Unberufenen den Zutritt, Volkswehr- 
abteilungen zu Fuß und zu Pferd versehen Sicher¬ 
heitsdienste. 
Fetzt erst kann der Umfang des Brandes und 
der angerichtete Schaden festgestellt werden. Unge¬ 
heure Masten an Rohmaterial find zugrunde¬ 
gegangen, unersetzlich damals, weil es sich um lauter 
ausländische Ware handelt, deren Nachschaffung 
nur mit größten Kosten verbunden ist. Der Neu- 
städter-Zug arbeitet unermüdlich weiter. Ueber 
Mittag, bis in die Dämmerung und gegen Abend 
zu. Hier leckt eine Flamme heraus — sie wird 
gelöscht. Da droht verbranntes Gebälk einzustürzen 
— es wird abgetragen. Eiserne Träger sind durch 
die Hitze aus ihrer Form gekommen, Decken senken 
sich, eS muß gepölzt werden. 
Gottfried Scherb ist bei der Abteilung einge¬ 
teilt, die die letzten Löscharbeiten durchzuführen hat. 
Er steht an einer Mauer, zum erstenmal mit dem 
Rohre in der Hand. Vualm und Rauch haben sein 
Gesicht geschwärzt, Hnngergefühl beschleicht ihn, 
denn er ist ja noch immer ohne Frühstück. Aber 
unermüdlich schweift sein Auge, um Brandnester 
zu entdecken, und zielsicher richtet er den Strahl 
gegen sichtbar werdende Feuerherde. Mühsam 
arbeitet er sich durch das Gewirr der Trümmer, 
der Balken, durch den fettigen Schlamm bis nahe 
an die Mauer, die den ausgebrannten Teil be¬ 
grenzt. Plötzlich beginnt die Mauer zu schwanken, 
seine Kameraden rufen noch: Gottfried, die Mauer 
geht! — Zu spät. Mit Getöse stürzt urplötzlich 
das Mauerwerk zusammen, begräbt den jungen 
Scherb unter sich, drückt ihn in den rauchenden 
Brodem aus heißem Fett und Schlamm. Entsetzen 
scheint die Umstehenden zu lähmen. Aber im 
Bruchteil einer Sekunde reißen helfende Feuer¬ 
wehrhände Mauertrümmer und Balken weg, un¬ 
geachtet der eigenen Lebensgefahr. Fn einigen 
Minuten ist der Verunglückte von der auf ihm 
ruhenden Last befreit, aber du armer, armer junger 
Mann! Ueber und über ist fein Körper mit Brand¬ 
wunden bedeckt. Ungeheurer Schmerz verkrampft 
feine Züge und er kann nicht einmal den Helfern 
für ihre Mühe danken. Die bereitgestellte Ret¬ 
tungsabteilung bringt ihn ins Spital. Auch hier 
mühen sich wieder helfende Hände um ihn — ver¬ 
geblich! Kurze Zeit nach seiner Einlieferung stirbt 
das jüngste Mitglied unserer Feuerwehr, ein leuch¬ 
tendes Beispiel von Pflichterfüllung und hingeben¬ 
dem Mute, besiegelnd den Treuschwur, den er bei 
dem Eintritt in die Feuerwehr geleistet hat. — 
Vater und Bruder aber dienen heute noch mit 
gleichem Feuereifer bei der freiwilligen Feuerwehr 
der Landeshauptstadt Linz. — Diese hat ihrem auf 
dem Felde der Ehre gefallenen Mitglieds in der 
Zeugstätte der Feuerwache Neustadt ein Ehren¬ 
zeichen — eine Gedenktafel — gewidmet. 
Peter Paul R i e h m a n n.
	        
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