Volltext: Freiw. Feuerwehr der Landeshauptstadt Linz - Festschrift zur Feier des 65jährigen Bestandes 1931

die während der Brandsahrt noch besprochenen und 
zugewiesenen TLasserbezugsquellen wasserleer. 
Aufrauscht ein Feuerstrom, ein Knall, das 
Strohdach des zweiten Hauses, des Keser-GuteS, 
birst und mächtige Flammenbüschel werden vom 
Wiinde gegen ein drittes, ein viertes Haus und 
noch weiter getragen. Schneller als das Auto 
fliegen die verderblichen Feuerbälle und zünden in 
der schnurgeraden Richtung des Windes, was sie 
an brennbarem Material finden. Schon ist die 
Straße beinahe versperrt. MAter, immer nur 
weiter, mit Vollgas durch, bis wir zum letzten 
Haus kommen, auf daß wir dieses retten und das 
Hinübergreifen deö Feuers über die Donau ver¬ 
hindern können. Noch erinnern wir uns an den 
Großbrand von Steyregg, der bei entgegengesetztem 
Wände stattgefunden hat und bei dem brennende 
Garben und brennende Schindel bis in die Mitte 
der Stadt Linz getragen worden waren. 
Gerade kommen wir recht, als beim Märt 
„zum Geyrl-Ufer" der Stadel zu brennen beginnt. 
Ein Hausbrunnen verspricht, etwas Wasser zu 
liefern. „Halt! Absitzen! Angriff mit der Motor¬ 
spritze vom Brunnen auf den brennenden Stadel!" 
kommandiert der Zugskommandant und schickt den 
Adjutanten zurück, um die Sachlage bei den 
übrigen Häusern auszukundschaften. Noch sieht 
er, wie die Saugschläuche gelegt werden und die 
Druckschläuche abrollen. An drei, vier brennenden 
Häusern vorbei, deren Bewohner eifrig beschäftigt 
sind, ihren Hausrat heraus und in Sicherheit zu 
bringen, geht der Lauf bis zur ersten Brandstätte, 
woselbst sich der Dberkommandant aufhält und 
seine Dispositionen trifft. Er ist bei Beginn des 
Brandes in der Stadt geblieben, um die verschie¬ 
denen Züge und anderen Feuerwehren fach- und 
ordnungsgemäß auf die Brandstätte zu leiten. 
Alle Feuerwehren von Linz sind ausgerückt. Die 
Fabriksfeuerwehr Enderlin in Traun wird gebeten, 
mit ihrer schweren Autospritze über die neue 
Donaubrücke zur Steyregger Eisenbahnbrücke zu 
fahren und am Nordufer der Donau eine 
Reservestellung gegen das Uebergreifen über die 
Donau zu beziehen. 
Der Wind hat eher zugenommen als nach¬ 
gelassen. Undurchdringlicher schwarzer Rauch 
wälzt sich über die Ebene. Die vom Stroh be¬ 
freiten Dachsparren brennen teils lichterloh, teils 
werden sie vom DRnde hin- und hergerissen und 
bringen die Helfer in größte Gefahr. Hier wird 
versucht, von einem Brunnen TLasser zu bekom¬ 
men, aber er ist gegen zehn Meter tief, so daß 
die Naturgesetze eö verhindern, mit den Pumpen 
das !Wasser herauszubringen. Dort hat die Feuer¬ 
wehr Mühe, widerspenstige Tiere aus den Ställen 
zu bringen, hier wieder greift die Rettungsabtei¬ 
lung ein, um Kranke zu bergen oder Verzweifelte 
über den Verlust ihrer Habe zu trösten. 
Beim Winkelmeyer-Gut auf der Straße nach 
Gt. Peter versucht die Feuerwehr durch das 
brennende Haus hindurch zu einem Brunnen zu 
gelangen. Vergebliche Mühe. Beim Metzger- 
häuschen jammern Kinder und bitten die Vorüber¬ 
gehenden, ihnen ihre Sachen aus dem Häuschen 
zu retten. Aber unerbittlich verwehrt die rasende 
Hitze das Eindringen in die Baulichkeiten. Ohne 
Hilfe geht das Urlinger-Gut in wenigen Minuten 
in Flammen auf. Gefräßig arbeitet sich das Feuer 
auf das Holzbauern-Gut hinüber und ergreift auch 
das Jägermeier - Gut. Unablässig pfaucht der 
Sturm, wie dunkle Wolken wälzen sich die Rauch¬ 
schwaden über den Boden, Jammer und Geschrei 
tönt aus allen Häusern. 
„Hunger!" rufen kleine Mäuler, und bittend 
strecken sich die Hände zu den Eltern, die bei den 
Löscharbeiten mithelfen. Aber wer denkt heute an 
Essen und Trinken? Zu sehr lastet die Sorge 
des Augenblicks auf allen. Hunger spüren auch die 
Feuerwehrleute, aber auch von ihnen denkt nie¬ 
mand an die Stillung der leiblichen Bedürfnisse, 
sondern jeder müht und arbeitet sich ab, um zu 
retten, was noch möglich ist. 
Städtische Sicherheitswache ist herbeigeeilt und 
versucht, die Brandplätze abzusperren. Wehrmacht 
rückt an und unterstützt sie. Eine Gendarmerie¬ 
abteilung mit Polizeihunden geht vor. 
Die Bestie im Menschen wird lebendig. Licht¬ 
scheues Gesindel naht, drängt sich zwischen die 
helfenden Feuerwehrleute, durchbricht — angeblich 
hilfebringend — die Absperrungslinien der Gicher- 
heitSorgane, aber sie Helsen nicht, sie schlängeln 
sich um das herausgebrachte Gut und versuchen, zu 
rauben. Frei läuft das Vieh in den Vliesen und 
Feldern herum, und manch einer versucht, ein 
herrenloses Stück für eigene Zwecke zu verwerten. 
Ein Großteil der Feuerwehrmannschaften muß 
daher auch zur Sicherung deö Eigentums heran¬ 
gezogen werden. 
Aber auch die guten Eigenschaften im Men¬ 
schenherzen zeigen sich. Die Rettungsabteilung ist 
ausgerückt, um etwa Verwundete oder Kranke zu 
bergen. Mitleidige Seelen nehmen sich der Kinder 
an, bringen sie aus der Gefahrenzone und ver¬ 
suchen, durch gütliches Zureden die Schrecken dieses 
Tages vergessen zu machen. Warmherzige Nach- 
barn nehmen sich deö Hausrates an, bringen ihn 
unter Dach und Fach und bergen die Haustiere. 
Ununterbrochen arbeitet die Feuerwehr. Es 
kostete ihr keine geringe Mühe, die schweren Ge¬ 
räte von Brunnen zu Brunnen zu bringen, 
Schläuche ab- und aufzurollen, den verschiedenen 
Hornsignalen Rechnung zu tragen, AusräunumgS- 
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