8.. jede Lösung einer Gebletskraae, die durch diesen Krieg
aufgeworfen wurde, im Interesse und zugunsten der be-
treffenden Bevölkerungen und nicht als Ziel eines blohen Aus-
gleictis oder Kompromisses der Ansprüche rivalisierender Staaten
getroffen werden muß;
4., d 'tz alle klar umschriebenen nationalen Ansprüche die
weitestgehende Befriedigung finden sollen, die ihnen zuteil
werden kann, ohne wiederum die Vereinigung alter Elemente
von Zwist und Gegner¬
schaft, die den Frieden
Europas und damit der
ganzen Welt wahrschein-
lich wieder stören wiir-
den, aufzunehmen. Ein
allgemeiner Friede, ans
solcher Grundlage errich-
tet, kann erörtert wer-
den. Bis ei» solcher
Friede gesichert ist, ha-
ben wir keine andere
Wahl, als mit dem Krie-
ge jortzufahren.
Darauf erklärte
Graf Hertling am
25. Februar im Deut-
scheu Reichstage, auch
nach seiner Meinung
könne ein Frieden,
deraufsolcherGrund-
läge errichtet werden
solle, erörtert wer-
den, aber Wilson uu-
terließ es, nuu in eine
Erörterung einzulre-
ten und seine
kündeten dazu zu
bestimmen. DieFüh-
rer der Entente woll-
ten keine
ruugen, sie wollten
die Unterwerfung
Deutschlands und
wühlen ihre kriegs-
müden Völker immer
wieder zum Aushar-
ren zu bewegen, wenn
sie erlahmen wollten.
Die inneren Zustände in Deutschland waren so,
daß die Feinde in der Tat Mut und Siegeshoff-
nung daraus schöpfen konnten. Die unaufhörliche Ver-
hetzung der Arbeiterschaft durch die Unabhängige Sozi-
aldemokratie trug eine Frucht, die aller Welt zeigen
mußte, wie es in Deutschland stand. Am 28. Januar
1918 brachen große Streiks aus in Verlin, Hamburg,
Altona, München, Kiel, Danzig, Stettin und in
kleinerem Maße in vielen anderen Städten. Schon
die Gleichzeitigkeit des Ausbruchs zeigt, daß die Sache
vorbereitet und organisiert war. Ja, sie war so wohl
vorbereitet, daß ihr geradezu eine Generalprobe in
Österreich vorausgegangen war. Der Zeitpunkt zum
Aufruf für den Generalstreik in Osterreich war sehr
günstig gewählt. Er kam, als das Volk guten Grund
zu schwerster Besorgnis und bitterer Klage gegen die
Regierung hatte. Der österreichische Verwaltungs-
Im Schützengraben. Nach einer Zeichnung von E. Thoeny.
schlendrian und die Niedertracht der Magyaren, die
ihre Grenzen gegen Österreich absperrten, hatten zur
Folge, daß um die Milte des Januar eine erschreck-
liche Lebensmittelnot in Osterreich, besonders in Wien
eintrat. Es wurde dem Volke eröffnet, daß die
ohnehin sehr niedrigen Mehlrationen noch beträcht-
lich herabgesetzt wer-
den müßten. Das
wäre allerdin gs kaum
durchzuführen gewe-
sen, ohne daß die gro-
ße Masse der arbeiten-
den Bevölkerung ge-
radezu gehungert
hätte, und so war es
denn den Männern
des Umsturzes ein
Leichtes, einen gro-
ßen Streik in Szene
zu setzen. Er begann
am 16. Januar in
Wien und dehnte sich
schnell über ganzNie-
derösterreich aus und
verfolgte, wenn auch
unter dem Drucke der
Hungersnot entsian-
doch auch poli-
Denn
schrien
nicht nur nach Brot,
sondern forderten
auchdassofortigeZu-
sammentrelen des
Abgeordnetenhauses
und der Delegatio-
nen, das die Regie-
rung immer wieder
hinausschiebe. Sie
forderten ferner, daß
Osterreich einen Frie-
den ohne jede An-
nerion schließen und in diesem Sinne die VerHand-
lungen in Brest- Litowsk führen solle. Sie for-
derten, daß Deutschland und Osterreich den Polen,
Litauern und Kurländern es überlassen sollten,
wie sie durch Volksabstimmungen mit allgemeinem
und gleichem Stimmrecht ihre staatliche Zukunft
regeln wollten. Sie betrachteten die Reden Wilsons
und Lloyd Georges als Zeichen dafür, daß auch die
feindlichen Regierungen unter dem Drucke ihrer Ar-
beiterschaft bereit seien, einzulenken und protestierten
dagegen, daß die gesamle bürgerliche Presse die Kund-
gebuugen Wilsons und Lloyd Georges nicht abdruckte,
und verlangten schließlich, daß die Mittelmächte der
Entente sofort einen Frieden ohne Annexion und
Kontribution anbieten sollten. Mit einem Worte, sie
besorgten durchaus die Geschäfte der Feinde, und
das war kein Wunder, denn die Drahtzieher des
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