Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

und aus der ukrainischen Beute erhalten, und mehr- 
mals' mußte Deutschland, dessen Vorräte doch selbst 
überaus knapp waren, mit großen Mengen von Ee- 
treibe aushelfen. Das erregte hier in großen Volks- 
kreisen böses Vlut, denn man spürte die Knappheit, 
oder besser gesagt, den Hunger am eignen Leibe und 
schob die fortwährende österreichische Hilfsbedürftig- 
keit der Unfähigkeit zu, richtig zu wirtschaften und 
Haus zu halten, und hatte damit in der Hauptsache 
recht. Auch die eingeführten Eetreidemengen genüg- 
ten nicht, die Hungersnot überall abzuwehren. Am 
meisten litten, wie in Deutschland auch, die großen 
Städte, während die Bewohner des Landes, wie 
und als er Ende März in Begleitung seines Mini- 
sters von Seidler in das böhmische Notstandsgebiet 
fuhr, um die Verhältnisse an Ort und Stelle kennen 
zu lernen, sah er nur, was seine Umgebung ihn 
sehen ließ. „Ich will die deutschen Empörer zu Paaren 
treiben!" sagte er oder soll er gesagt haben. Das 
böse Wort kann sehr wohl gefallen sein, denn es 
wurden tschechische Truppen in die deutschen Gebiete 
gelegt, um die Kundgebungen der Hungernden zu 
unterdrücken. Es waren Truppen, die von der Jsonzo- 
front wegen Unzuverlässig keit hatten entfernt werden 
müssen. Denn die Tschechen gingen nicht nur zu den 
russischen Volschewisten über und bildeten dort eine 
An der Plave-Front. 
Nach einem Gemälde für die „Illustrierte Weltkriegschronik" 
Julius von Kaan-Albest. 
von dem Kriegsteilnehmer Major 
ebenfalls in Deutschland auch, von eigentlicher Not 
noch wenig oder gar nichts verspürten. Wien, in 
dem wenigstens die Wohlhabenden noch lange ge- 
schwelgt hatten, geriet im Anfang des Jahres 1918 
in Zustände, die einer wirklichen Hungersnot ver- 
zweifelt ähnlich waren, und es brachen im Sommer 
Unruhen aus, die nur mit Mühe gestillt werden 
konnten. Geradezu grauenhaft lagen die Dinge in 
Deutschböhmen, Es stand unter tschechischer Hunger- 
sperre. Im Jahre 1917 starben in Böhmen 1228 
Menschen an Hungerwassersucht, davon in Deutsch- 
böhmen 1226, in Tschechien 2. Die Deutschen in 
Böhmen forderten im März 1918, die Wiener Re- 
gierung solle in Berlin beantragen, daß Böhmens 
deutsches Randvolk für die Dauer des Krieges und 
der Übergangszeit dem reichsdeutschen Verpflegungs- 
gebiete angegliedert werden solle. Die erbärmliche 
Gesellschaft in der Hofburg, die den Monarchen um- 
gab, wußte ihm die Meinung beizubringen, der 
Notschrei eines hungernden Volkes sei Hochverrat, 
tschechische Legion, sie liebäugelten auch mit den Jta- 
lienern, desertierten in großer Zahl und übten Verrat. 
Die österreichisch-ungarischen Angriffspläne waren fast 
immer mehrere Tage, bevor sie ausgeführt werden 
sollten, den Feinden bekannt. Hatten im Anfang 
des Krieges Tschechen, Slowaken, Kroaten und Ruthe- 
nen ihre Pflicht ebenso erfüllt, wie die Deutschen, so wa- 
ren sie jetzt, da Osterreich sich zersetzte, ganz unzuverlässig 
geworden und konnten nur mit Vorsicht verwendet 
werden. Das hatte zur Folge, daß die deutschen 
Regimenter, die jetzt bei weitem die Hauptlast des 
Krieges trugen, ganz ungeheure Blutopfer bringen 
mußten und so die deutsche Volkskraft viel mehr ge- 
schwächt wurde als die der Slawenvölker. Mehr 
und mehr sahen das die Deutschen ein, und ihre Be- 
geisterung für ihren obersten Kriegsherrn und sein 
Haus wurde dadurch nicht gerade gehoben. 
Mit einem solchen Heer, das nun 
wegs glänzend verpflegt wurde, war es 
Offensiven zu unternehmen. Der ö...0 
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