Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

der deutschen Friedensabordnung stand der Staats- 
sekretär Richard von Kühlmann, von den übrigen 
Abgeordneten ist noch zu erwähnen der General 
Hoffmann, Hindenburgs Mitarbeiter und Vertrauter. 
Österreich-Ungarn hatte acht Vertreter entsandt, Wort- 
führer war der Minister des Äußern Graf Ezernin, 
von den Vulgaren war der Justizminister Popow, 
von den Türken der Minister des Äußern Achmed 
Nessimi Vey als Führer ihrer Abordnung ent- 
sandtworden. Die 
Sowjet-Republik 
Rußland hatte an 
die Spitze ihrer 
Abordnung die 
beiden bekannten 
Bolschewisten 
Joffe und Käme- 
new gestellt, unter 
ihren anderen 
Vertretern befand 
sich auch eine 
Frau, was sich 
bisher in der Welt- 
geschichte noch nie- 
mals bei einer 
Friedensverhand- 
lung ereignet 
hatte. 
Die VerHand- 
lungen können 
hier nur in großen 
Umrissen geschil- 
dert werden. Sie 
zogen sich mona- 
telang hin, und 
das kam daher, 
daß die Russen 
ein falsches Spiel spielten. Sie wollten Zeit gewinnen, 
um während der Hin- und Herrederei in Brest-Li- 
towsk die Revolution auch in den siegreichen Staaten 
zu entfesseln. Von der Weltrevolution erwarteten 
die Petersburger Juden und ihre Gefolgschaft das 
Heil der Welt und insbesondere Rußlands. Deshalb 
sandten sie ihre Agenten überall hin in großer Zahl, 
traten überall mit den zum Umsturz alles Bestehen- 
den geneigten Kreisen in die innigste Verbindung 
und entfalteten unter Ausstreuung großer Geldmittel 
eine fieberhafte Werbetätigkeit. Es ist ungemein be- 
zeichnend, daß die Soldaten der deutschen Heereslei- 
tung dieses niederträchtige Spiel viel tiefer und viel 
klarer durchschauten als die Staatsmänner der ver- 
kündeten Mächte und ihre nach Vrest-Litowsk ent¬ 
sandten Vertreter. 
In den ersten Sitzungen einigte man sich dahin, 
daß man einen Frieden ohne Kriegsentschädigung 
und Eroberungen schließen wolle. Natürlich ergaben 
sich Schwierigkeiten über die zur Zeit von den Ver- 
kündeten besetzten Gebiete, sowie über die Aufbringung 
der Kosten für den Unterhalt der Kriegsgefangenen 
und die Entschädigung der den Zivilangehörigen feind- 
licher Länder im eigenen Gebiete zugefügten Schäden, 
z. V. der Zerstörung deutschen Eigentums und der Ve- 
raubung in Rußland wohnender Deutscher. -Die Russen 
schlugen vor, daß diese Aufwendungen und Entschä- 
digungen aus einem internationalen Fonds erfolgen 
sollten; die Teile Rußlands, die selbständig werden 
wollten, sollten daran nicht gehindert werden. Es 
müsse dort eine Volksabstimmung stattfinden, die Ver- 
bündeten müßten 
vor dieser Abstim- 
mung das besetzte 
Gebiet räumen, 
denn sonst ständen 
diese Gebiete un- 
terZwang und die 
Abstimmung kön- 
ne nicht als eine 
freie und gerechte 
betrachtet werden. 
Die kindische Un- 
Verschämtheit die- 
ser Forderung 
war groß und 
wurde natürlich 
von den Siegern 
zurückgewiesen, 
doch sollte aber 
über diesen Punkt 
demnächst noch 
verhandelt wer- 
den; eine Verhin- 
derung weiterer 
Verhandlungen 
sollten derartige 
Meinungsver- 
schiedenheiten 
nicht bilden. Am 27. Dezember wurde auf Antrag 
der Russen eine Unterbrechung der Verhandlungen 
bis zum 4. Januar beschlossen, „damit die Word- 
nung mit ihren heimischen Behörden Fühlung 
nehmen könnte", in Wahrheit, damit die Sache 
verschleppt werde. Am 2.Januar schlug Joffe eine 
Verlegung des Verhandlungsortes in ein neutrales 
Land u^d zwar nach Stockholm vor. Die Verbün- 
deten lehnten das ab. So mußten die Russen am 
7. Januar wieder in Vrest-Litowsk erscheinen, und 
an ihrer Spitze erschien der eine der beiden BeHerr- 
scher Rußlands, Trotzki, der von nun an im Namen 
seines Staates das Wort führte. Die Ukraine hatte 
übrigens ihre eigenen Vertreter entsandt und ver- 
handelte mit den Verbündeten gesondert wie ein 
souveräner Staat. Trotzki erkannte das Recht dieser 
Haltung der Ukrainer rückhaltlos im Namen der 
russischen Regierung an, da es sich aus dem Rechte 
der Selbstbestimmung aller Völker ergebe. Es wurde 
bei den neu wieder einsetzenden Verhandlungen den 
Russen einmal deutlich gesagt, daß es sich nicht um 
einen allgemeinen Völkerfrieden, sondern um einen 
Blick auf das heißumstrittene Dorf Fontaine bei Cambrai nach der Wiedereroberung: 
auf der Straße einer der vielen von den deutschen Truppen erbeuteten englischen Tanks. 
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