Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

„Unter der Einwirkung der letzten deutschen Angriffserfolge 
und unter dm steten Druck von Norden und Osten räumte 
der Feind zwischen Moeuvres und Marcoing seine vordersten 
Stellungen und zog sich auf die Höhen nördlich und östlich 
von Flesquieres zurück. In scharfem Nachdrängen wurden die 
Dörfer Graincoun, AnneuX, Cantaing, Noyelles, sowie die 
Waldhöhen nördlich von Marcoing genommen. Auf 10 Kilo- 
meter Breite haben wir unsere Linien bis zu 4 Kilometer 
Tiefe vorgeschoben. Auf seinem Rückzug hat der Feind, so- 
weit die Zeit es noch zuließ, die Ortschaften durch Brand und 
Sprengung zerstört. Die Trümmer dieser Dörfer und das zweck- 
los begangene Zerstörungswerk an der nun dem Feinde wieder 
weit entrückten Stadt Cambrai sind die Spuren, die der Eng¬ 
länder von seiner mit so großer Hoffnung begonnenen, mit einer 
schweren Niederlage endenden Durchbruchsschlacht bei Cambrai 
für lange Zeit auf Frankreichs Boden hinterläßt. — Die Zahl 
der aus den Kämpfen bei Cambrai eingebrachten Gefangenen 
hat sich auf mehr als 9000, die Beute an Geschützen auf 148, 
an Maschinengewehren aus 716 erhöht!" 
Alle weiteren Gefechte des Dezembers waren für 
die Deutschen günstig. Dasselbe war der Fall aus 
der Front des deutschen Kronprinzen, wo größere 
Unternehmungen den ganzen Monat über nicht statt- 
fanden. Fest und unerschüttert stand am Ende des 
Jahres 1917 die deutsche Westfront da und schien 
noch jahrelang so stehen zu können. 
Der Krieg im Orient während des Jahres 1917. 
Jahre 1916 war der Krieg im Orient für die 
-^Engländer sehr unglücklich verlaufen. Sie hatten 
nirgendwo Erfolge zu erringen vermocht, und auf 
dem Hauptkriegsschauplatze in Mesopotamien hatten 
sie eine schwere Niederlage erlitten. Das änderte sich 
in den ersten Monaten des Jahres 1917. Sie hatten 
Verstärkungen herangeführt, vor allem eine Menge 
schwerer Geschütze, und nun gerieten ihre Gegner 
immer mehr in eine schwierige Lage und verloren 
alles wieder, was sie vorher erstritten hatten und 
noch vieles dazu. 
Im Januar lauteten allerdings die türkischen Be- 
richte im ganzen noch sehr günstig. Nach ihnen 
hatten sie am 3. Januar einen Vorstoß der Engländer 
bei Jnam Muhamed an der Tigrisfront abgeschlagen, 
am 10. sich an derselben Stelle eines großen An- 
griffes erwehrt, der nach achtundvierzigstündiger 
Feuervorbereitung erfolgt war. Am 11. war eine 
englische Brigade östlich von Kut-el-Amara, stärkere 
englische Kräfte waren am 11., 19. und 20. daselbst 
unter schwersten Verlusten zurückgeworfen worden. Am 
24.Januar gelang es den Engländern, südlich des 
Tigris unter schweren Opfern ein wenig Gelände 
zu erobern. Am 26. wiederholten sie ihre Angriffe, 
hatten aber keinen Erfolg. Am 1., 2., 9., 10., 12., 
17. und 22. Februar wurde wieder südlich des Tigris 
heftig und mit Einsatz starker Kräfte gekämpft. Nach 
den türkischen Berichten drangen die Engländer wohl 
hier und da in die türkischen Gräben ein, wurden 
aber an fast allen Punkten durch Gegenangriffe, teil- 
weise im Nahkampf und unter sehr schweren Ver- 
lusten, wieder zurückgetrieben. Wohl wurden am 
24. an der Tigrisfront die türkischen Truppen „plan- 
mähig und um ihre Verbindung mit eingetroffenen 
Verstärkungen herzustellen", in westlicher Richtung 
zurückgenommen; am 23. gingen jedoch die Eng- 
länder über den Schumran, und am 24. fiel Schum- 
ran in ihre Hände. Am 27. Februar besetzten sie 
Kut-el-Amara. 
Die eingetroffenen Verstärkungen, um derentwillen 
die türkische Truppe zurückgenommen war, konnten 
das Kriegsglück nicht wenden. Am 6. März wurde 
zwar noch ein türkischer Sieg gemeldet, westlich von 
Azizie, 80 Kilometer südöstlich von Bagdad. Aber 
die Meldung scheint wenig glaublich, denn schon am 
Morgen des 11. März zogen die Engländer in Bag- 
dad ein. 
Der Verlust von Bagdad war für die Türken ein 
schwerer Schlag. Kindisch war es, daß die deutschen 
und österreichisch-ungarischen Zeitungen nun versuch- 
ten, den großen Erfolg der Engländer zu verkleinern 
und die Bedeutung der Stadt, deren Wichtigkeit sie 
vorher in allen Tonarten gepriesen hatten, herab- 
zusetzen. Schon der moralische Eindruck des Falles 
der alten Kalifenstadt auf die Gemüter der orlen- 
talischen Völker mußte ein sehr starker sein. 
Im April drangen die Engländer weiter nach 
Norden vor und erreichten nach Überschreitung der 
Dijala und des Schatt-el Adhem eine Stellung nörd- 
lich von Samara. In den folgenden heißen Mo- 
naten gelang es ihnen nicht, in Mesopotamien irgend 
welche Fortschritte zu machen. Es wurden von tür- 
kischer Seite verschiedene Gefechte gemeldet, in denen 
die Engländer schlecht abgeschnitten haben sollten, 
aber der Himmel mag wissen, was daran wahr ist. 
Die türkischen Berichte waren ohne Zweifel die ge- 
färbtesten von allen. Mit echt orientalischer Phan- 
tasie waren die kleinsten Erfolge zu Siegen aus- 
gebauscht, Schlappen dagegen wurden solange ver- 
schwiegen, wie es irgend ging und ihre Folgen, das 
Zurückgehen der türkischen Heere und der Verlust 
wichtiger Städte, zu verheimlichen waren. Ein klares 
Bild der wirklichen Lage ergab sich aus ihnen niemals. 
Die Engländer verfuhren in derselben Weise, doch 
waren ihre Berichte immer noch eher der Wahrheit 
entsprechend. 
Auch im September und Oktober geschahen in 
Mesopotamien nur unbedeutende Dinge. Im No- 
vember traten die Engländer den Vormarsch zu beiden 
Seiten des Tigris an, aber bis zu Ende des Jahres 
kamen sie nur eine kurze Strecke vorwärts. 
Den Russen gegenüber waren die Türken, wenn 
man ihren Berichten glauben will, fast immer sieg- 
reich. Die russischen Berichte erzählten dagegen be- 
ständig von Schlappen, die ihre Truppen den Türken 
beigebracht haben wollten. Von der Kaukasusfront 
wurden die Ortschaften, bei denen die Kämpfe statt- 
gefunden haben sollten, dabei niemals genannt. Es 
hieß immer nur, „auf dem rechten Flügel" oder 
„auf dem linken türkischen Flügel" geschah dies oder 
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