Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

zu erreichen. — Es wurde in den englischen Heeres- 
berichten selbst zugegeben, daß die Ziele, die man sich 
gesteckt hatte, im Oktober nicht erreicht worden seien, 
doch wurde das auf die ungünstige Witterung ge- 
schoben. Sie war in der Tat mit schuld an den eng- 
tischen Mißerfolgen. Wäre nicht die Vertreibung der 
Deutschen aus Flandern als unbedingt nötig emp- 
funden worden des Seekrieges wegen, so hätte Haig 
seine Truppen sicher nicht zu immer neuen Angriffen 
in ein Gelände vorgetrieben, das durch den fort- 
währenden Regen halb zum Moraste geworden war. 
Von den Oktoberkämpfen aus der französischen 
Front ist bis zum 29. wenig zu sagen. Nicht unbe- 
deutend waren die Kämpfe am 2., 3. und 4. Oktober 
auf dem Ostufer der Maas. Am 2. hatten württem- 
bergische Truppen die französischen Gräben am Nord- 
hange der Höhe 344 in einer Breite von 1200 Metern 
mit stürmender Hand genommen. Achtmal versuchten 
die Franzosen noch an demselben Tage, ihre verlo- 
renen Stellungen zurückzuerobern, viermal unter- 
nahmen sie dasselbe an den beiden folgenden Tagen, 
überschütteten die Württemberger mit Trommelfeuer 
und schickten sehr starke Kräfte gegen sie vor, kämpften 
auch mit größter Tapferkeit und Zähigkeit, und doch 
war alles vergeblich. Die wackeren Schwaben hielten 
alles aus, ohne zu weichen, und fügten den Stür- 
Menden fürchterliche Verluste zu. Am 10. Oktober 
entrissen rheinische und westfälische Bataillone den 
Franzosen wichtige Gelände im Chaumewalde und 
ließen sich durch viermaligen Gegenangriff nicht wieder 
vertreiben. Mehrere ähnliche Unternehmungen glückten 
den Deutschen in den nächsten Tagen an verschiedenen 
Stellen der Kampffront. Zu bedeuten hatte das alles 
im letzten Grunde nichts. Aber am 18. Oktober be- 
gannen die Franzosen eine gewaltige Artillerieschlacht 
nordöstlich von Soissons, setzten sie vom 19. bis 
22. fort und gingen am 23. zu einem Großangriff 
über. Am Chemin-des-Dames vor dem Ailette-Grund 
nördlich von Vauraillon bis zur Hochfläche von 
Paissy gingen sie in einer Breite von 25 Kilometern 
zum Sturm vor. Nach schwerem, wechseloollem Ringen 
gelang es ihnen, Allemant und Chavignon zu nehmen, 
worauf die Deutschen genötigt waren, ihre dazwischen 
liegenden Stellungen aufzugeben. Sie verloren dabei 
viele Gefangene und sehr viel Kriegsmaterial, auch 
eine große Anzahl schwerer Geschütze. Bei La Ro- 
yere und zwischen Braye und Ailles brachen ihre 
Angriffe zusammen. Am 25. setzten sie ihren Vorstoß 
mit Erfolg fort. Sie trieben die deutschen Truppen 
hinter denOise-Aisnekanal zurück, derihnenHaltgebot. 
Wiederum fiel nicht geringes Kriegsmaterial in ihre 
Hände. Vis Ende des Monats gelang ihnen dann 
nichts mehr. Die Stellung bei Braye, die mehrfach 
hart berannt wurde, hielten die Deutschen und brachten 
den Angreifern durch Gegenstöße starke Verluste bei. 
Einen vollen Monat brauchten die Franzosen, das 
soll gleich hier bemerkt werden, ehe sie wieder zu 
einem Großangriffe fähig waren. Er geschah am 
25. November zwischen SamogneuX und Beaumont. 
In 4 Kilometer Breite griffen sie dort an, aber sie 
vermochten nicht die geringsten Vorteile zu erringen. 
Ihre großen Truppenmassen kamen gar nicht an die 
deutschen Stellungen heran, sondern fluteten im deut- 
schen Angriffsabwehrfeuer zurück in ihre Ausgangs- 
stellungen. Was tm übrigen während des November 
an der französischen Kampsfront geschah, war be- 
deutungslos. Zu erwähnen ist höchstens ein für die 
Deutschen siegreiches Gefecht im Ehaume-Walde am 
9. November. 
Um so größere Dinge geschahen während dieses 
Monats in Flandern. Durch nichts wird die Bedräng- 
nis, in die England infolge des deutschen Unter- 
seekrieges geraten war, so schlagend erwiesen, wie 
durch die wahrhaft grauenvollen Opfer, die das eng- 
lische Heer für die Eroberung Flanderns bringen 
mußte. Der englische Feldherr hatte sich geradezu 
in den Gedanken verbissen, noch vor Ende des Jahres 
die Deutschen aus Belgien zu vertreiben, und jagte 
rücksichtslos die Massen seines Heeres in den Tod, 
um sein Ziel zu erreichen. Schon am 6. November 
unternahm er einen neuen Großangriff, der am vor- 
hergehenden Tage durch Geschützkampf vorbereitet 
war. Von Poelkapelle bis zur Bahn Ipern-Rou- 
lers und gegen die Höhen von Becelaere und Ghe- 
luvelt traten die englischen Divisionen zum Sturm 
an. Die einzige Errungenschaft des ganzen blutigen 
Tages war für die Engländer die Eroberung der 
Westhälfte des Dorfes Passchendaele. Am 10. No- 
vember begann das erbitterte Ringen zwischen Poel¬ 
kapelle und Passchendaele von neuem, diesmal mit 
noch geringerem Erfolg und mit ganz außerordentlich 
hohen blutigen Verlusten für die Anstürmenden. Der 
Geländegewinn der Engländer war ganz unbedeu- 
tend. Es war eben zu spät im Jahre zu einem 
solchen Angriffe; auch das tapferste Heer — und wer 
hätte den Engländern die Tapferkeit absprechen 
wollen — konnte in dem von Regengüssen ausge- 
weichten Gelände nicht vorwärts kommen. 
Der englische Generalissimus merkte das nun end- 
lich auch, aber statt die Angriffe überhaupt einzu- 
stellen, um sie in günstiger Jahreszeit wieder aufzu- 
nehmen, verlegte er sie nur an eine andere Stelle. 
Am 20. November begann er, die Deutschen zwischen 
Arras und St. Ouentin anzugreifen. Der Hauptstoß 
zwischen Vapaume und Peronne in Richtung auf 
Cambrai brachte den Engländern einen beträchtlichen 
Geländegewinn, wenn auch das Hauptziel, der Durch- 
bruch nach Cambrai, nicht erreicht wurde. Ihren 
Erfolg hatten die Engländer vor allen Dingen ihren 
Tanks zu verdanken. Diese Panzerkraftwagen waren 
zu der Zeit, da sie zum ersten Male auf den Schlacht- 
feldern in Flandern und Frankreich auftauchten, ein 
Kampfmittel gewesen, das die Deutschen wenig fürch- 
teten und zuweilen geradezu wegen seiner Unbehilf- 
lichkeit verlachten. Aber die Engländer waren nicht 
müßig gewesen, sie zu verbessern und den Erforder- 
nissen des Krieges anzupassen, und jetzt bereits, gegen 
Ende des Jahres 1917, waren sie zu höchst gefähr- 
888
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.