Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

schlagnahmten sie die deutschen Handelshäuser und 
rissen den Handel an sich. 
Der kleine deutsche Kolonialbesitz war also binnen 
wenigen Wochen den Japanern und Engländern 
zum Raube gefallen, wie das nicht anders zu er- 
warten war. Die paar hundert Deutschen, die sich 
dort aufhielten, hätten sich ganz nutzlos geopfert, 
wenn sie ihr Schicksal mit den Waffen hätten wenden 
wollen. Anders gestalteten sich die Dinge in den 
großen Kolonien, die Deutschland in Afrika besaß. 
Sogar Togo, die kleinste unter ihnen, leistete heftigen 
Widerstand und konnte erst nach einem mehr- 
wöchentlichen Kampfe unterworfen werden. Dabei 
ist das Land, eingekeilt zwischen das französische 
Dahome und die 
englische Eold- 
käste, sehr schwer 
zu verteidigen, 
und dem Gouver- 
neur, Major von 
Doering, standen 
nur 400 Soldaten 
zur Verfügung. 
Der Uberfall 
auf Togo durch 
die Engländer 
und Franzosen er- 
folgte sehr schnell, 
nur wenige Tage 
nach der engli- 
schen Kriegserklä- 
rung an Deutsch- 
land.Am Z.August 
1914 bemächtig- 
ten sich die Eng- 
länder der Stadt 
Lome, die Fran- 
zosen nahmen 
Anecho in Be- 
sitz. Doering hatte seine ganze Macht bei Kamina 
zusammengezogen, um die dortige Funkerstation 
möglichst lange zu schützen. Gegen ihn setzten sich 
die englischen und französischen Streitkräfte in Be- 
wegung, wurden aber auf dem Marsche auf Ka- 
mina mehrmals durch deutsche Truppen aufgehalten. 
Es kam zu Gefechten bei Ehachue und Bafilo zwi- 
schen Deutschen und Franzosen und bei Agbeluvhoe 
und am Ehraflusse zwischen Deutschen und den verei- 
nigten englischen und französischen Streitkräften. Am 
Ehra hielten die Deutschen lange stand, mußten aber 
schließlich das Gefecht aus Mangel an Schießbedarf 
einstellen. Wohl wesentlich aus demselben Grunde 
sah sich der deutsche Gouverneur gezwungen, den 
aussichtslosen Kampf zu beenden und sich den Feinden 
mit seiner ganzen Macht gefangen zu geben. Er 
konnte es nicht erreichen, daß die Ubergabe mit Zu- 
billigung militärischer Ehren geschah. Die Gefangenen 
wurden unter Bewachung schwarzer Truppen nach 
Atakpame gebracht und dort von den Negersoldaten 
regelrecht ausgeplündert. Die französischen Offiziere 
sahen dem gleichgültig zu. Der allergrößte Teil der 
Deutschen, Männer, Frauen und Kinder, auch die 
Missionare und Arzte, wurden in Lowe auf einen 
englischen Frachtdampfer zusammengepfercht und nach 
Dahome gebracht. Dort wurden sie von den Fran- 
zosen erbärmlich behandelt und aufs jämmerlichste 
verpflegt, wie denn auch die Franzosen überall in 
den Kolonien, wohin sie kamen, aufs schamloseste 
stahlen, raubten und plünderten. 
Die Übergabe erfolgte am 26. oder 27. August. 
Die beiden Raubgenossen teilten sich in die Kolonie, 
wobei die Engländer, wie sich's gebührte, den Löwen¬ 
anteil erhielten. Sie gingen natürlich sofort daran, 
dendeutschenHan- 
del lahmzulegen, 
und die Franzosen 
folgten ihrem Bei- 
spiele. Im Novem- 
ber 1914 mußte 
die „Deutschwest- 
afrikanischeBank" 
ihre Pforten schlie- 
ßen,unddie„Bank 
of British West- 
afric" trat an ihre 
Stelle. Womit der 
Zweck der Übung 
erreicht war. 
Noch weit hef- 
tigeren Wider¬ 
stand als in Togo 
fanden die Eng- 
länder und ihre 
Verbündeten in 
der großen deut- 
schen Kolonie Ka- 
merun. Die Deut- 
schen hatten dort 
eine Wehrmacht von etwa 1000 Weißen und an- 
nähernd 6000 Schwarzen zur Verfügung. An Ar- 
tillerie besaßen sie vier alte Kanonen. Gegen auf- 
ständische Neger waren diese Geschütze eine sehr wirk- 
same Waffe, gegen europäische Truppen, die mit 
modernen Kanonen ausgerüstet waren, kamen sie 
wenig in Betracht. Die deutsche Regierung scheint 
niemals daran gedacht zu haben, daß die Kolonie 
in die Lage kommen könnte, sich solcher Feinde er- 
wehren zu müssen, obwohl sie ja von britischem, fran- 
zösischem und belgischem Gebiet umgeben ist. Auch 
daß nur geringe Mengen von Schießbedarf und Waf- 
fen in Kamerun vorhanden waren, wies auf einen 
bedenklichen Mangel an Voraussicht hin. Dies hat 
die Verteidigung der Kolonien mehr als alles an- 
dere erschwert und aussichtslos gemacht. 
Die Kämpfe nahmen ihren Anfang an: 24. August 
1914 und wurden eröffnet durch das französische Kano¬ 
nenboot „Surprise". Die Franzosen beschossen Ukoko 
von dem Corisco-Berg aus und dann mit dem Panzer¬ 
Blick auf Dar-es-Salam. 
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