Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

sondern als gemeinsamer Vater aller Gläubigen einzig getrieben 
sind von dem höchsten Pflichtgefühl, von den inständigen 
Bitten Unserer Kinder, welche Unsere Vermittlung und Unser 
friedenstiftendes Wort erflehen, von der Stimme der Mensch- 
lichkeit und der Vernunft selbst, Wir lassen in einer so be- 
ängstigenden Lage, angesichts einer so schweren Bedrohung 
von neuem einen Friedensruf ertönen und richten abermals 
eine dringende Mahnung an diejenigen, welche die Geschicke 
der Nationen in ihren Händen halten. Um Uns aber nicht 
mehr auf allgemeine Ausdrücke zu beschränken, wie es Uns 
bisher die Umstände ratsam erscheinen ließen, wollen Wir 
nunmehr zu Vorschlägen übergehen, die in höherem Maße 
anschaulich und ausführbar sind, und die Regierungen der 
kriegführenden Völker auffordern, sich über die folgenden Punkte, 
welche als die notwendige Grundlage für einen gerechten und 
Was den Ersatz der Schäden und der Kriegskosten betrifft, 
so sehen Wir kein anderes Mittel, die Frage zu lösen, als 
daß Wir den allgemeinen Grundsatz eines vollständigen und 
gegenseitigen Verzichts aufstellen, der im übrigen durch die 
unendlichen aus der Abrüstung sich ergebenden Wohltaten 
gerechtfertigt ist: dies um so mehr, als die Fortsetzung eines 
solchen Blutvergießens einzig und allein aus wirtschaftlichen 
Gründen nicht zu verstehen wäre. Wenn es andererseits 
noch besondere Gründe für gewisse Fälle geben sollte, möge 
man sie mit Billigkeit abwägen. 
Aber diese friedlichen Vereinbarungen mit ihren unermeß- 
lichen Vorteilen, die sich aus ihnen ergeben, sind nicht möglich' 
ohne die beiderseitige Herausgabe der gegenwärtig besetzten 
Gebiete: Folglich seitens Deutschlands: Vollständige Räumung 
Belgiens mit Garantie seiner vollen politischen, militärischen 
Von den Kämpfen an der Westfront: Sturmtrupp beim Einbruch in die feindliche Stellung. Nach einer Zeichnung für die 
„Jllustrirte Zeitung" von Leutnant d. R. Willy Müller-Gera. 
dauerhaften Frieden erscheinen, ins Einvernehmen zu setzen, 
wobei ihnen überlassen bleibt, die Punkte im einzelnen fest- 
zulegen und zu ergänzen. 
Vor allem muß der Grundgedanke sein, daß an die Stelle 
der materiellen Kraft der Waffen die moralische Kraft des 
Rechts tritt; hieraus folgt ein billiges Einvernehmen aller zum 
Zwecke gleichzeitiger und gegenseitiger Verminderung der 
Rüstungen nach bestimmten Regeln und unter gewissen Sicher- 
heiten, bis zu dem Maße, das zur Aufrechterhaltung der öffent- 
lichen Ordnung in jedem Staate notwendig und ausreichend 
ist; sodann an Stelle der Streitkräfte die Einführung der 
Schiedsgerichtsbarkeit mit ihrer hohen friedenstiftenden Wirkung 
gemäß vereinbarter Normen unter Androhung bestimmter 
Nachteile gegenüber dem Staate, der sich weigern sollte, ent- 
weder die internationalen Streitfragen der Schiedsgerichtsbar- 
keit zu unterwerfen oder deren Entscheidungen anzunehmen. 
Wenn einmal auf diese Weise die Vorherrschaft des Rechts 
hergestellt ist, möge man jedes Hindernis beseitigen, das dem 
Verkehr der Völker im Wege steht, indem man in gleicher 
Weise durch feste Regeln die wahre Freiheit und Gemeinsam- 
keit der Meere sichert; dies würde einesteils vielfache Konflikts- 
gründe ausschalten, anderenteils allen neue Quellen des Wohl- 
standes und Fortschritts öffnen. 
und wirtschaftlichen Unabhängkeit gegenüber gleichviel welcher 
Macht. Gleichfalls Räumung des französischen Gebiets; seitens 
der anderen kriegführenden Parteien eine ähnliche Herausgabe 
der deutschen Kolonien. 
Was die strittigen territorialen Fragen betrifft, beispiels- 
weise die zwischen Italien und Österreich, zwischen Deutschland 
und Frankeich, so kann man hoffen, daß die streitenden 
Parteien in Anbetracht der unermeßlichen Vorteile, die ein 
mit Abrüstung verbundener dauerhafter Frieden bringt, gewillt 
sind, sie aus einer versöhnlichen Gesinnung heraus zu prüfen, 
dabei den Bestrebungen der Völker nach Maßgabe des Ge- 
rechten und Möglichen, wie Wir es bei früherer Gelegenheit 
gesagt haben, Rechnung zu tragen und gelegentlich die Sonder- 
interessen dem Allgemeinwohl der großen menschlichen Ge- 
meinschaft einzuordnen. 
Derselbe Geist der Billigkeit und Gerechtigkeit wird die 
Prüfung der anderen territorialen und politischen Fragen leiten 
müssen, besonders derjenigen, welche sich auf Armenien, auf 
die Balkanstaaten und auf Gebiete beziehen, welche zum 
ehemaligen Königreich Polen gehörten, dem seine edlen ge- 
schichtlichen Uberlieserungen und die von ihm insonderheit 
während des gegenwärtigen Krieges erduldeten Leiden gerechter- 
weise das Mitgefühl der Nationen gewinnen müssen. 
816
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.