Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

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anlassen, daß sie in ihrer liebevollen und mütterlichen 
Sorge der zerrütteten Welt den erbetenen Frieden 
verschaffe", und möge sie den kommenden Geschlechtern 
die Wirksamkeit ihrer Errettung in Erinnerung rufen. 
Von protestantischer Seite wurde an diesem Schreiben, 
das allerdings protestantisches Denken völlig fremdartig 
berührte, mit 
Erstaunen wahr- 
genommen, daß 
der Papst eben- 
so wie Wilson 
eine Unterschei- 
dung machte 
zwischen den 
nach Frieden 
verlangenden 
Völkern und 
ihren Regierun- 
gen. Aber ge- 
rade die deutsche 
Regierung wur- 
de dadurch nicht 
getroffen, denn 
sie hatte sich ja 
bei jeder mög- 
lichen und un- 
möglichen Gele- 
genheit bereit er- 
klärt, in Frie- 
densverhand- 
lungen einzutre- 
ten. Dagegen, 
wer verhinderte 
denn bei den 
Völkern, die ge- 
gen die Deut- 
schen fochten, den 
Frieden? Doch 
nur die Regie* 
renden, denen 
es vor der gro- 
ßen Abrechnung 
mit ihren eige- 
nen Völkern nach 
einem sieglosen 
Frieden graute. 
Das Schreiben 
war nur ein 
Fühler, den der Papst ausstreckte, das Vorspiel zu 
einer Friedensnote, die er an die Kriegführenden 
selbst richten wollte. Sie erschien am 17. August 1917 
im „Osservatore Romano", war vom I.August datiert 
und hatte folgenden Wortlaut: 
An die Staatsoberhäupter der kriegführenden Völker. 
„Von Anbeginn Unseres Pontifikates, inmitten der Schrecken 
des furchtbaren über Europa entfesselten Krieges, haben Wir 
Uns vor allem drei Dinge vorgenommen: vollkommene Un- 
Parteilichkeit zu wahren gegenüber allen Kriegführenden, wie 
es demjenigen gebührt, welcher der Vater Aller ist und welcher 
alle seine Kinder mit gleicher Zuneigung liebt; ununterbrochen 
Von den Kämpfen im Westen: Ein im Dachgeschoß eines Hauses angelegtes Maschinen- 
gewehrnest wird von den deutschen Truppen gesäubert. Nach einer Zeichnung für die 
„Jllustrirte Zeitung" von dem auf dem westlichen Kriegsschauplatz zugelassenen Kriegs- 
maler Kurd Albrecht. 
bestrebt zu sein, Allen möglichst viel Gutes zu erweisen, ohne 
Ansehung der Person, ohne Unterscheidung der Nationalität 
oder der Religion, wie es Uns sowohl das allgemeine Gesetz 
der Nächstenliebe als die Uns von Christus übertragene höchste 
geistliche Wirkung vorschreibt; endlich — wie es in gleicher 
Weise Unsere friedensstiftende Sendung erheischt — nichts von 
dem zu unterlassen, — soweit es in Unserer Macht steht — 
was dazu beitragen könnte, das Ende dieser Not zu beschleunigen, 
indem Wir den 
Versuch unterneh- 
men, die Völker und 
ihre Staatsober- 
Häupter zu Ent- 
schlüssen der Mäßi¬ 
gung und zu ruhi- 
ger Erwägung des 
Friedens,eines „ge- 
rechten und dauer- 
haften" Friedens 
zu führen. 
Jeder, der wäh¬ 
rend der drei 
eben abgelaufenen 
schmerzvollenJahre 
Unserem Werke ge- 
folgt ist, hat leicht 
erkennen können, 
daß Wir zwar Un- 
serem Entschluß 
vollkommener Un¬ 
parteilichkeit und 
Unserem Bestreben 
wohlzutun immer- 
dar treu geblieben 
sind, aber ebenso 
unablässig die krieg- 
führenden Völker 
und Regierungen 
ermahnt haben, 
wieder Brüder zu 
werden, obwohl 
nicht alles bekannt 
gegeben ist, was 
Wir getan haben, 
um dieses edle Ziel 
zu erreichen. 
Gegen Ende des 
ersten Kriegsjahres 
richteten Wir an 
die im Streite be- 
findlichen Nationen 
die lebhaftesten Er- 
Mahnungen und 
gaben überdies den 
Weg an, dem man 
folgen müsse, um 
zu einem beständi- 
gen und für alle 
ehrenvollen Frie- 
den zu kommen. 
Leider wurde Unser 
Ruf nicht gehört, 
und der Krieg ging 
noch während zwei- 
er Jahre mit allen 
seinen Schrecken er- 
bittert weiter; er wurde sogar grausamer und breitete sich 
zu Lande und zu Wasser aus, ja bis in die Lüfte; Verheerungen 
und Tod sah man hereinbrechen über unverteidigte Städte, 
über ruhige Dörfer, über ihre unschuldige Bevölkerung. Und 
jetzt kann niemand sich vorstellen, um wieviel sich die Leiden 
Aller vermehren und erschweren würden, wenn weitere Monate, 
oder schlimmer noch, weitere Jahre sich diesen blutigen Jahren 
anreihten. Soll die zivilisierte Welt denn ganz zu einem Feld 
des Todes werden? Will das jo. ruhmvolle und blühende 
Europa, wie von einem allgemeinen Wahnsinn hingerissen, 
dem Abgrund entgegeneilen und zu seiner Selbstvernichtung 
die Hand bieten? 
Wir, die Wir keine besondere politische Absicht verfolgen, 
die Wir weder auf Einflüsterungen noch auf die eigennützigen 
Bestrebungen irgendeiner der kriegführenden Parteien horchen, 
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