Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

und daß der Krieg nur gewonnen werden könne, 
wenn das Volk die Stütze des Thrones würde und 
die Sache in die Hand nähme. Unter „Volk" ver- 
standen sie natürlich ihre Schicht, wie ja auch die 
Parteiführer anderer Länder allesamt „das Volk" ver- 
treten wollen, während sie doch immer nur eine 
Klasse des Volkes vertreten. Für die Hilfeleistung 
des Volkes und die Rettung des Staates sollte der 
Zar ihnen eine 
wirkliche Ver- 
fassung ver- 
leihen und die 
Duma mit 
Rechten aus- 
statten, wie sie 
etwa das eng- 
lische Parla¬ 
ment besaß. 
Deshalb wa- 
ren sie nicht 
Gegner, son- 
dern Anhänger 
des Krieges, 
und wenn von 
den Zielen des 
Krieges, den 
Eroberungen, 
die Rußland 
machen wollte, 
die Rede war, 
Bei den Feldluftschiffern: Einholen des Ballons. 
des Umsturzes zu erfüllen, und schwer war ihnen das 
nicht geworden, denn die Arbeiter lebten in elenden 
Verhältnissen und unter einem schweren Druck dahin. 
Von sozialen Rechten der Arbeiterklassen war in Ruß- 
land ebenso wenig die Rede, wie von einer sozialen 
Fürsorge, die in Deutschland Wilhelm I. und Bismarck 
angefangen, Wilhelm II. fortgesetzt hatte. So befand 
sich schon im Jahre 1914 die russische Industrie- 
Arbeiterschaft 
indumpferGä- 
rung, und wie 
die englischen 
Staatsmänner 
Erey, Asquith 
und Konsorten 
den Weltkrieg 
auch deshalb 
mit entfesselten, 
um dadurch den 
irischen Vür- 
gerkrieg zu ver- 
meiden, so war 
in Rußland die 
Furcht vor der 
Revolution ei- 
ner der Grün- 
de, die seine füh- 
renden Man- 
ner zum Los- 
schlagen be- 
so gebürdeten sie sich ebenso unsinnig wie die Groß- stimmten. Die Gedanken des städtischen Arbeitervolkes 
fürstenpartei und ihr Führer Miljukow, redeten von sollten abgelenkt und seine Kräfte anderweitig beschäf- 
der Zerschmetterung Deutschlands, der Aufteilung tigt werden, und durch die Eroberung deutschen, 
Österreich-Ungarns, der 
Eroberung Konstanti- 
nopels, ebenso wie Pro- 
topopow oder die an- 
deren Minister des Za- 
ren, die von den fozia- 
listischen Parteien, den 
Gardisten, Oktobristen 
und wie sie sonst heißen, 
um ihrer rückschrittlichen 
und volksfeindlichen Ge- 
sinnung willen glühend 
gehaßt wurden. 
Ganz andere Ziele 
verfolgten die Führer 
der großen Arbeiter- 
massen. Sie waren 
schlechthin umstürzlerisch 
gesinnt, wollten ein 
Strafgericht an ihren 
bisherigen Unterdrückern vollziehen, den Zaren mit 
seinem Anhang verjagen und die Republik Rußland 
aufrichten. Die höchste Macht im Staate sollte den 
Massen, das heißt ihnen selbst, gehören. Es war ihnen 
schon vor dem Kriege gelungen, so ziemlich die ganze 
Arbeiterschaft der russischen Großstädte mit denGedanken 
Bei den Feldluftschiffern: Ein Fallschirm, der bei Fliegergefahr vom 
Ballonbeobachter zum Absprung aus dem Fesselballon benutzt wird, 
entfaltet. 
österreichisch-ungarischen 
und türkischen Bodens, 
die man ja schon so gut 
wie sicher in der Tasche 
zu haben glaubte, sollte 
zugleich der Landhunger 
der Bauern befriedigt 
werden. 
Der unglücklicheVer- 
laus des Krieges machte 
aber all diese Pläne der 
russischen Gewalthaber 
zunichte und brachte sie 
in eine furchtbare Ge- 
fahr. Zwar von der 
Bauernschaft war nicht 
viel zu befürchten, ob- 
wohl die Apostel des 
Umsturzes auch die 
Dörfer durchzogen und 
ihre Lehren hier und da Anklang fanden. Im gan- 
zen waren die Bauernmassen viel zu stumpf, und 
sie verdienten auch durch den Krieg vielzuviel Geld, 
als daß sie sich gegen den Zaren hätten aufreizen lassen. 
Viele wurden zu wohlhabenden Leuten, und da das 
Geldverdienen das A und O des bäuerlichen Denkens
	        
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