Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

Von den schweren Kämpfen um die Loretto-Höhe: Das Kampffeld nördlich Arras von Givenchy bis Lieoin am 16. Juni. Nach einer 
Zeichnung des auf dem Westlichen Kriegsschauplatz befindlichen Sonderzeichners der „Jllustrirten Zeitung" Professor Hans v. Hayek. 
Wunder daher, wenn bald alles verschüttet war. Um 6 Uhr 
30 Minuten vormittags sprangen vollkommen überraschend in 
der Brustwehr der Bayern nördlich Fromelles zwei Minen. 
An dieser Stelle und an zwei anderen in der Nähe gelegenen 
drangen sofort starke englische Schützenlinien ein, überrannten 
die vereinzelten überlebenden Verteidiger und warfen sich in 
weiter hinter unserer Front gelegene Gräben und Gehöfte. 
Welle auf Welle folgte und versuchte sich von den schmalen 
Durchbruchstellen aus nach beiden Seiten in den Gräben aus- 
zudehnen. Aber schon hatten die anschließenden Abteilungen 
die Gräben verdämmt und schon hinderte das Sperrfeuer der 
Artillerie die Engländer, weitere Kräfte nachzuschieben. 
In wahrhaft musterhafter Weise wirkten die bayerischen 
Truppen zusammen, um diesen Anfangserfolg des Feindes 
zunichte zu machen. 
Um die Mittagsstunde war jede Gefahr beseitigt, bis zum 
Abend das ganze Gelände wieder zurückgewonnen. An einer 
Stelle hat die vorderste Linie durch Angriff von beiden Seiten 
mit Handgranaten und Bajonett die eingedrungenen Feinde 
aus eigener Kraft hinausgequetscht, an den beiden anderen 
hatte der Einsatz von Reserven dieses Ziel erreicht. Der Ver- 
such, dem Schicksal zu entgehen und in die eigenen Gräben 
zurückzuziehen, kostete die Engländer zahllose Tote. Ganz 
erbitterte Nahkämpfe gegen die durchgebrochenen, verzweifelt 
sich wehrenden Engländer spielten sich hinter unserer Front 
unterdessen ab. An jeden alten Graben, an jedes Wasserloch, 
jeden Trümmerhaufen klammerten sich ihre Neste an. Vielfach 
mußten Ober- und Niederbayern zur heimischen Waffe greifen, 
um den Widerstand zu brechen. Von der Erbitterung der 
Kämpfe zeugt es, daß nur 140 Gefangene mit 7 Maschinen- 
gewehren in unsere Hand fielen, während 1500 englische Leichen 
allein hinter unserer Front begraben wurden. Nicht weniger 
als 143 tote englische Offiziere zählten wir, eine Zahl, die nur 
unerheblich unter der unserer gefallenen Mannschaften blieb. 
Glänzend hatte eine bayerische Division den Angriff des drei- 
fach überlegenen verstärkten 4. englischen Armeekorps abgewiesen. 
Nicht gleichzeitig setzte der Kommandierende General des 
durch eine indische Division verstärkten 1. englischen Armee- 
korps seinen Angriff gegen den Abschnitt Vois du Biez—La 
Quinque Nue an. Nachdem am Vormittag seine Infanterie 
nur schwächlich herangetastet hatte, steigerte er von 4 Uhr 
30 Minuten nachmittags an sein Feuer zur äußersten Heftig- 
keit. Um 5 Uhr 15 Minuten brach der Angriff los. Voran 
eine Welle farbiger Engländer, dann weiße, stürzen aus den 
vom Feind für große Massen sehr geschickt angelegten Ver- 
sammlungsgräben heraus; noch einmal farbige und wieder 
weiße Engländer folgen ihnen. Vis in unsere Drahthinder- 
nisse stürmen die Tapfersten. Aber stärker als des Feindes 
Wille ist das Feuer unserer Westfalen. Kein einziger Feind 
gelangt in unseren Graben. Massen von Engländern ver- 
schiedener Rassen decken das Feld. 
So war es trotz eingehendster Vorbereitung, genauester 
Kenntnis der schwachen Besetzung unserer Linien, großer Über- 
legenheit an Zahl, gewaltigen Munitionsaufwands und rück- 
sichtslosen Einsatzes guter Truppen dem Führer der 1. eng- 
tischen Armee nicht gelungen, irgendwo Vorteile zu erringen. 
Was er beabsichtigt hatte, warnicht etwa nur eine Demonstration 
zugunsten der Verbündeten. 
Was er gewollt hatte, darüber geben uns seine Befehle 
Aufschluß: „Die geplanten Operationen zielen auf einen ent- 
scheidenden Sieg, nicht auf einen lokalen Erfolg ab. Das 
Ziel der 1. Armee ist: Durchbruch der feindlichen Linie, um 
sich in den Besitz der Straße La Vassee—Fournes zu setzen 
und dann auf Don vorzustoßen." 
Aber auch die Erfolge der Franzosen blieben weit hinter 
dem zurück, was der Kommandierende General des 28. Armee- 
korps seinen Truppen angekündigt hatte: 
„Nach neunmonatiger Feldzugsdauer ist es an der Zeit, 
eine endgültige Anstrengung zu machen, die feindlichen Linien 
zu durchbrechen und zunächst als Erstes die Deutschen von 
Frankreichs Boden zu verjagen. 
Der Augenblick ist günstig. Niemals war das Heer stärker, 
noch von größerem Mut beseelt. 
Der Feind scheint nur einige Divisionen vor unserer Front 
zu haben, unsere Kräfte sind viermal so stark als die seinigen. 
Wir verfügen über die stärkste Artillerie, die je auf einem 
Schlachtfeld verwendet worden ist. 
Es handelt sich heute nicht um einen Handstreich oder um 
die Wegnahme von Schützengräben. Es handelt sich darum, 
den Feind mit äußerster Heftigkeit anzugreifen, ihn zu schlagen, 
mit beispielloser Hartnäckigkeit und Zähigkeit zu verfolgen, 
ohne Rücksicht auf Strapazen, Hunger, Durst und Leiden." 
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