Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

bringender auszugestalten, als ihre Erfinder. Von der 
Verwendung giftiger Gase war es dann nur wenige 
Schritte bis zu der Vergiftung der Waffen. Darin 
folgten nun allerdings die Deutschen ihren Feinden 
nicht nach, denn dagegen sträubte sich das deutsche 
Volksempfinden doch allzusehr. Die Engländer und 
Franzosen aber ließen sich von Amerika Granaten 
liefern, deren einzelne Stücke sich beim Zerspringen 
mit einer giftigen Säure überzogen, so daß die 
Getroffenen sterben mußten, wenn nicht sehr bald 
ärztliche Hilfe zur Stelle war. So handelten Völker, 
die das Christentum und die Kultur zu verteidigen 
vorgaben. Sie sanken auf den sittlichen Standpunkt der 
afrikanischen und ostasiatischen Wilden 
hinab, die ihre Pfeile oder Dolche 
zu vergiften pflegen. Die Eur- 
khas und Senegalesen, die 
sie diese Schmach mit an 
sehen ließen, konnten 
in ihrer Heimat 
davon erzählen, 
wie veredelnd das 
Christentum auf 
seine englischen 
und französischen 
Bekenner einge- 
wirkt hatte. Zahl- 
reich konnten aller- 
dings diese Heim 
kehrenden nicht sein, 
denn die unglücklichen 
Opfer englischer und fran 
zösischer Gemeinheit verende- 
ten zu Tausenden infolge des unge- 
wohnten Klimas und der ungewohnten 
Nahrung und sanken zu Tausenden unter Die „deutschen Barbaren" in 
den Kugeln der Deutschen dahin, da sie 
und Barbaren", auch nachdem Leute wie Sven Hedin 
die Welt darüber belehrt hatten, welche Manneszucht, 
welche Gottesfurcht und sittliche Kraft im deutschen 
Heere lebte. Die französischen und englischen Zeitungs- 
schreiber wußten durch die Neutralen gar wohl, daß 
die Deutschen in den von ihnen besetzten Landesteilen 
Frankreichs und Belgiens sehr milde herrschten, daß 
sie alles taten, um die durch den Krieg ganz oder 
halb zerstörten Ortschaften dieser Gebiete wieder her- 
zustellen und einen geordneten Betrieb der Landwirt- 
schaft und Industrie wieder möglich zu machen. Sie 
wußten, daß ein großer Teil der dortigen Bevölkerung 
alle Scheu vor den gutmütigen Feinden, die häufig ihr 
Brot mit den hungernden Quartierwirtcn 
teilten, längst verloren hatte und 
friedlich und fast freundschaft- 
lich mit ihnen verkehrte. Sie 
wußten — denn es war 
durch Amerikaner und 
Skandinavier ein- 
wandfrei festge- 
stellt — daß die 
Deutschen ihreGe- 
Feindesland: Herstellung von 
P, , , . or Erabkreuzen mit französischer 
stets bei Angriffen die ersten Sturm- Inschrift für gefallene Franzosen. 
reihen zu bilden hatten. „Diese Leute", 
so erklärte ein englischer Offizier, „sind für uns Schlacht- 
vieh, das wir vor uns Hertreiben". Was aber, so 
durste man mit Recht fragen, wäre wohl aus Deutsch- 
land geworden, wenn es den Engländern und Fran- 
zosen gelungen wäre, ihr „Schlachtvieh" über die 
Grenze zu treiben, wenn der Traum des Lord 
Curzon in Erfüllung gegangen wäre, daß sich die 
braunen Inder in den Gärten von Potsdam und 
in den Straßen Berlins tummeln sollten! Einen Vor- 
geschmack davon haben die von den Kosaken des Zaren 
verwüsteten Teile Ostpreußens gegeben. 
Glücklicherweise gelang es den Deutschen, sich diese 
Feinde mit der blanken Wasfe vom Leibe zu halten. 
Gegen einen anderen Feind dagegen blieben sie so 
machtlos, wie sie am ersten Tage des Krieges gewesen 
waren, nämlich gegen die ungeheuerlichen Lügen und 
Verleumdungen, die ihre Gegner immer und immer 
wieder mit nie ermüdender Beharrlichkeit und ständig 
steigender Bösartigkeit gegen sie ins Feld führten. Die 
Deutschen waren und blieben die modernen „Hunnen 
fangenen gut, hie 
und da sogar mit 
einer verwunder- 
lichen Milde be- 
handelten. Trotz- 
dem fuhren sie fort, 
ihnen alle erdenklichen 
GemeinheitenundGrau- 
samkeiten nachzusagen und 
von ihnen zu reden, als wären 
sie der Abschaum der Menschheit. 
In den französischen Blättern hießen sie 
nicht mehr l.es Allemands, sondern nur 
Les Boches, welches Schimpfwort wohl 
am besten mit „Schweinehund" über- 
setzt wird mit der Nebenbedeutung eines 
übelriechenden Dinges, wie denn eine Pariser Zeitung es 
geschmackvoll erläuterte: Le Boche c'est la bete puante 
(Der Boche ist das Stinktier). So redeten die fran- 
zöfifchen Zeitungen von einem Heere, in dem Tausende 
neben dem Neuen Testamente Goethes Faust im Tor- 
nister trugen, und das im Felde kirchliche Konzerte 
und Aufführungen klassischer Dichterwerke den Mann- 
schaften zur Erbauung und Erholung veranstaltete. 
Ganz neu und befremdlich war es, daß nicht nur die 
Zeitungen Lügen über Lügen brachten, sondern daß auch 
die Regierungen und die leitenden Männer der feind- 
lichen Staaten offen und ungescheut die ungeheuer- 
lichsten Beschuldigungen gegen die Feinde richteten, 
die sie im Feld nicht zu überwinden vermochten. 
Halbwegs erklärlich war es ja, daß ein Mann von 
der sittlichen Verworfenheit des Großfürsten Nicolai 
Nicolajewitsch in seinem Heere durch Armeebefehl 
verbreiten ließ, die Deutschen töteten ihre Gefangenen 
oder behandelten sie zum mindesten überaus roh und 
grausam. Er hatte einen triftigen Grund dafür, denn 
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