Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

Eingang in das Fort Douaumont, 
scheu Volkes erbitterte sich über die Nichtachtung seiner 
Rechte immer mehr, und selbst englandfreundliche 
Zeitungen schlugen einen drohenden Ton an. Diese 
Stimmung konnte dem bisherigen Machthaber bei der 
bevorstehenden Präsidentenwahl gefährlich werden, 
und so mußte 
er wohl oder 
übel protestie- 
reu. Aber Eng- 
land wußte ge- 
nau, was es 
von Wilson- 
schen Noten zu 
haltenhatte. Es 
gab eine aus- 
weichende Ant- 
wort und setzte 
sein rechtswi- 
driges Versah- 
ren ruhig fort. 
Im Juni 1916 
ging es schließ- 
lich so weit, amt- 
lich und öffent- 
lich zu erklären, 
es halte sich an 
die Londons 
Seerechtsdekla- 
ration hinfort 
nicht mehr gebunden, mit anderen Worten: es erkenne 
ein Völkerrecht zur See überhaupt nicht mehr an. Die 
Entrüstung über diese Erklärung war in der Welt bei 
weitem nicht so groß, wie man hätte vermuten sollen; 
gehandelt hatte England ja doch niemals nach dem 
Völkerrecht, also wurde durch das offene Zugeben seines 
Standpunktes in 
derKriegsführung 
nichts geändert. 
Wie wirkte nun 
die Blockade auf 
Deutschland und 
Osterreich -Un- 
garn? Es kann 
gar nicht geleug- 
uet werden, daß 
sie einen sehr star- 
ken und immer 
steigenden Druck 
auf das Wirtschaft- 
liche Leben der bei- 
den Mächte aus- 
übte. Alle Lebens- 
und Eenußmittel, 
die durch den Überseehandel bezogen wurden, stiegen 
gewaltig im Preise. Einige waren nicht mehr zu 
erhalten; auch mehrere Rohstoffe, die Deutschland 
von fremden Ländern zu beziehen pflegte, begannen 
bald zu mangeln. Aber erstaunlich war es, was der 
deutsche Geist ersann, um sie zu ersetzen. Manches mußte 
dessen Trümmer die gewaltige Wirkung der deutschen 
Artillerie zeigen. 
Aus dem Kampfgebiet be: Verdun: „Masken" bei Haut-Fourneau. 
geradezu wie ein Wunder erscheinen. Die Salpeterzufuhr 
war Deutschland abgeschnitten, die Feinde durften hoffen, 
es werde durch Pulvermangel zum schimpflichen Frie- 
den gezwungen werden. Da erfanden die Professoren 
Linde, F. Haber, Earo u. a. in Berlin ein Verfahren, 
durch das ein 
Ersatz für Sal- 
peter, und zwar 
ein vollwerti- 
ger, aus der 
Luft hergestellt 
wurde. So mär- 
chenhaft das 
klang, es war 
Tatsache, und 
was das für 
Deutschland be- 
deutete,braucht 
nicht erst ge- 
sagt zu werden. 
AuchfürBaum- 
wolle ward ein 
Ersatz herge- 
stellt, der seinen 
Zweck vollstän- 
dig erfüllte, 
ebenso sürKaut- 
schuk und für 
viele andere 
Dinge von geringerer Bedeutung. AndereStosfe waren 
vor derHand nicht zu ersetzen. Sehr schwer wurde das 
Fehlen des Petroleums empfunden. Amerikanisches Pe- 
troleum war nicht zu erhalten. Die galizischen Quellen 
reichten nicht mehr aus, hatten sich auch vorübergehen d in 
den Händen der Russen befunden und waren zum Teil 
schwer beschädigt 
worden. So konn- 
ten an die Händler 
undvondenHänd- 
lern an die Haus- 
Haltungen nursehr 
geringe Mengen 
abgegeben wer- 
den. Im Früh- 
jähr 1916 war fast 
keins mehr zu er- 
halten. Auch an- 
dereBeleuchtungs- 
mittelstandenhoch 
im Preise. Um in 
dieser Hinsicht zu 
sparen, zugleich 
um die Vergnü- 
gungen in den Städten zu beschränken, griff die deutsche 
Regierung zu einem drastischen Mittel. Sie ließ in der 
Nacht vom 31. März zum 1. April 1916 die Uhren im 
ganzen Reiche um eine Stunde vorstellen und führte so 
die „deutsche Sommerzeit" ein. Da die Polizeistunde in 
allen Städten auf 12 Uhr festgesetzt war, also Gast- und 
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