Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

des Januar 1916 in Beßarabien und Ostgalizien 
unternommen wurde. Da sie trotz der schwersten Ver- 
luste nicht glückte, so verharrte Rumänien in seiner 
Neutralität. Eine freundliche Neutralität gegen die 
Mittelmächte beobachtete es übrigens nicht. Die Re- 
gierung schloß zwar im Dezember mit Deutschland 
und Österreich-Ungarn ein Abkommen, demzufolge 
Getreide nach den beiden Ländern ausgeführt werden 
durfte, aber die Ausfuhr wurde lässig betrieben. Es 
fehlte, so hieß es, an Eisenbahnwagen zum Verfrachten. 
Im Januar 1916 wollte England eine riesige 
Masse von Getreide im Lande aufkaufen. Davon 
konnte nichts ausgeführt werden, da. es zwischen Eng- 
land und Rumänien zurzeit keine Verkehrswege gab. 
Der Ankauf konnte nur den Zweck 
haben, den Mittelmächten das Ge- 
treibe zu entziehen. Er kam freilich 
nur zum kleinsten Teile zustande, weil 
die rumänischen Händler dem unbe- 
stimmten Versprechen der Engländer 
nicht trauten. 
Ganz anders stand Griechenland 
den Mittelmächten gegenüber, besonders 
sein König. Es ist wohl keine Frage, 
daß König Konstantin sich ebenso wie 
KönigFerdinand den siegreichen Mittel- 
mächten angeschlossen hätte, wenn es 
ihm möglich gewesen wäre. Aber er 
befand sich in einer wahrhaft greu- 
lichen Zwangslage. In Saloniki war 
ein beträchtliches Heer der Engländer 
undFranzosen gelandet, und die Haupt- 
stadt seines Landes lag, wie so viele 
andere griechische Städte, im Vereich 
der englischen Schiffskanonen. Außer- 
dem konnte die übermächtige Flotte 
des Vierverbandes seinem Lande die 
Zufuhr abschneiden. Erklärte er sich für 
Deutschland und Osterreich-Ungarn, 
so verhungerten die Jnsel-Griechen, 
und in Athen brach Hungersnot aus. 
schließen sollte. Am 7. November berief er Skuludis 
an die Spitze des Ministeriums, nachdem Zaimis 
am 4. abgedankt hatte. Der neue Mann war ein 
Gegner des Venizelos und deshalb den Vierverbands- 
Herren von vornherein verdächtig. Er löste am 
12. November die griechische Kammer auf, denn er 
war der Meinung, daß die Partei des Königs jetzt 
den Sieg über die venizelistische davontragen werde, 
wenn neue Wahlen stattfänden, und darin täuschte er 
sich nicht, doch fanden diese Neuwahlen erst später statt. 
Auch die persönliche Einwirkung des Lord Kit- 
chener, den die englische Regierung abgesandt hatte, 
um die Dardanellenfront und andere Gebiete im 
Osten des Mittelländischen Meeres zu besichtigen 
und den Oberbefehl in Ägypten zu 
übernehmen, vermochte den König 
nicht umzustimmen. Ebenso ließ er 
sich durch Anzettelungen des gestürz- 
ten Ministerpräsidenten Venizelos, der 
mit Hilfe englischen Goldes das Volk 
dem König abwendig machen wollte, 
nicht im geringsten beirren. Er hatte 
auch keine Ursache dazu, denn die be- 
ständigen englischen und französischen 
Übergriffe und Quälereien machten 
das Volk der Hellenen nicht gefügig, 
sondern trotzig und widerspenstig. 
Die Partei, die es mit dem König 
hielt und den Anschluß an den Vier- 
verband nicht wollte, wuchs mit je- 
dem Tage. Diese Stimmung stieg 
noch, als am 21. November der Vier- 
verband die Handelsblockade über 
Griechenland verfügte, die freilich 
nur in einer Beschränkung, nicht in 
einer völligen Unterbindung des 
griechischen Handels bestand. Am 
19. Dezember hatte die griechische 
Regierung gegen die Besetzung Sa- 
lonikis protestiert, am 30. protestierte 
sie gegen die Besetzung der griechi- 
Die Engländer ließen ohnehin nur ^en 3nJd Kasteloriso an der fleirt= 
immer das Notwendigste an Nahrungs¬ 
mitteln ins Land, nur immer so viel, daß es für 
einige Tage ausreichte, um den Griechen zu beweisen, 
wie vollkommen sie in ihre Hand gegeben wären 
und von ihrer Gnade abhingen. Es gehörte eine 
außerordentliche Seelenstärke dazu, in dieser Lage 
auszuhalten und dem Drängen und Drohen Eng- 
lands, das den Anschluß an den Vierverband forderte, 
nicht nachzugeben. König Konstantin zeigte diese 
Standhaftigkeit in höchstem Maße. Alle Rechtsver- 
letzungen, Gewaltmaßregeln und Drohungen brachten 
ihn nicht dazu, seine Politik zu ändern, ja er tat 
Schritte, die den englischen Gewalthabern sehr un- 
bequem und bedenklich erscheinen mußten. Am 
5.November schloß er mit Bulgarien ein Abkommen 
über Griechisch-Mazedonien und Gjewgjelü-Doiran, 
das einen künftigen Konflikt beider Staaten aus- 
asiatischen Küste. Solche Proteste 
konnten freilich der Welt immer wieder beweisen, 
wie der kleine Staat Griechenland von dem berufs- 
mäßigen Schützer der kleinen Staaten in der rohesten 
Weise vergewaltigt wurde, aber ein praktischer Erfolg 
wurde damit natürlich nicht erzielt. Papierene Waffen 
machten auf Briten und Franzosen keinen Eindruck. 
Sie änderten ihre Haltung gegen Griechenland des- 
halb in keiner Weise, ja sie überboten alle ihre bis- 
herigen Roheiten am 31. Dezember dadurch, daß 
sie die deutschen, österreichisch-ungarischen und bulga- 
rischen Konsuln in Saloniki mit ihren Frauen und 
ihrer Dienerschaft verhaften und auf ihre Kriegsschiffe 
bringen ließen. Ihr Lager bei Saloniki war von 
feindlichen Flugzeugen schwer heimgesucht worden, 
und deshalb erklärte der General Sarrail kurzerhand, 
die Verhaftung und Abführung der Konsuln sei not- 
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