Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

fünfcn übereinander lagen die Leichen auf dem Kampf- 
platze. Die Uberlebenden gingen in wilder Flucht zu- 
rück und erlitten dabei noch die schwersten Verluste. 
Sie hatten übrigens guten Grund zu der Annahme, 
daß kein Mensch mehr in den zerschossenen und durch- 
wühlten deutschen Gräben sein könne, denn Hundert- 
tausende von Granaten waren gegen die deutschen 
Stellungen geschleudert worden. Daß die Deutschen 
trotzdem ausharrten und nachher noch imstande waren, 
die Feinde blutig abzuweisen, war ein Zeichen fast 
übermenschlichen Heldenmutes. Besonders zeichneten 
sich, wie der deutsche Eeneralstabsbericht sagte, säch- 
sische Reserveregimenter und Truppen der Division 
Frankfurt a. M. aus. 
In den Argonnen wurde an demselben Tage von 
den Deutschen ein kleiner Vorstoß zur Verbesserung 
ihrer Stellungen unternommen. Er brachte das ge- 
wünschte Ergebnis und lieferte ihnen 4Offiziere, 
250 Mann Gefangene. Auf der Höhe von Cvmbres 
wurden durch umfangreiche Sprengungen die fran- 
zösischen Stellungen auf breiter Front zerstört und 
verschüttet. 
Auch am 28. wurden die Durchbruchsversuche der 
Verbündeten mit Erbitterung fortgesetzt. Ein deutscher 
Gegenangriff nach einem abermals gescheiterten eng- 
tischen Gasangriffe führte zur Wiedergewinnung des 
nördlich von Loos aufgegebenen Geländes. Heftige 
englische Angriffe aus der Gegend von Loos brachen 
unter starken Verlusten zusammen. Wiederholte er- 
bitterte Angriffe der Franzosen in der Gegend Souchez- 
Neuville wiesen die Deutschen durch heftige Gegen- 
angriffsbewegungen ab. Auch in derEhampagne blieben 
alle Durchbruchsversuche erfolglos. Ihr einziges Er- 
gebnis war, daß die Franzosen nördlich von Souain 
noch nicht wieder aus einem deutschen Graben von 
100 m Länge vertrieben werden konnten. An dem 
unbeugsamen Widerstand badischer Bataillone sowie 
des rheinischen Reserveregiments Nr. 65 und des west- 
Mischen Infanterieregiments Nr. 158 brach sich die 
unausgesetzt vordringende französische Angriffswelle. 
Ebenso waren die schweren Verluste vergeblich, die sich 
die Franzosen bei ihrem oft wiederholten Sturm gegen 
die Höhe bei Massiges zuzogen, desgleichen ihre Ver- 
suche, die bei Fille Morte verlorenen Gräben zurück- 
zuerobern. 
Am 29. setzten nur in der Champagne die Fran- 
zosen ihre Durchbruchsversuche fort. Zwischen Reims 
und den Argonnen waren die Kämpfe erbittert. Süd- 
lich Ste. Marie ä Py brach eine französische Brigade 
durch die vorderste deutsche Grabenstellung durch, stieß 
auf deutsche Reserven, die 800 Gefangene machten und 
den Rest vernichteten. Alle französischen Angriffe zwi- 
schen der Straße Somme Py-Souain und der Eisen- 
bahn Ehallerange-St. Menehould wurden in erbit- 
tertem Nahkampfe unter schweren Verlusten für die 
Franzosen abgeschlagen. Die Höhe 191, die dem fran- 
zösischen Feuer zu stark ausgesetzt war, mußten die 
Deutschen räumen. Südlich der Straße Menin-Ipern 
wurde eine von zwei englischen Kompagnien besetzte 
Stellung in die Luft gesprengt. Nördlich Loos schritt 
der deutsche Gegenangriff fort. Westlich Massiges brach 
ein starker französischer Angriff zusammen. 
Am 30. machten die deutschen Angriffe nördlich von 
Loos trotz heftiger Gegenwehr der Engländer weitere 
Fortschritte. Die Franzosen wurden zurückgeworfen 
östlich von Souchez, nördlich von Neuville, östlich Aube- 
rive, nordwestlich Massiges. Hier bei Massiges waren 
Truppenteile von sieben französischen Divisionen be- 
teiligt. In der Champagne betrug die Zahl der von 
den Deutschen gemachten Gefangenen 104 Offiziere, 
7019 Mann. Viele dieser Gefangenen waren betrunken 
und befanden sich in völlig unzurechnungsfähigem 
Zustande, als sie in die Hände der Deutschen fielen. 
Wahrscheinlich hatte der französische Führer eine 
Masseneinflößung alkoholischer Getränke bei seinen 
Truppen für nötig gehalten, weil sich ohne das seine 
Soldaten nicht mehr vorwärts treiben ließen. 
Die große Offensive war mit dem September noch 
nicht zu Ende. Aber schon war zu sehen, daß sie so 
wenig Erfolg haben werde, wie die vorhergegangenen 
großen Offensiven alle. Welche Hoffnungen aber dies- 
mal Joffre auf den großen allgemeinen Angriff ge- 
setzt hatte, zeigt sein Armeebefehl vom 14. September, 
der in die Hände der Deutschen fiel. Er sei hier aus- 
zugsweise wiedergegeben: 
„Großes Hauptquartier der Westarmee. 
Generalstab 3. Bureau, 14. September 1915. 
Geheim! 
An die Kommandierenden Generale. 
Der Geist der Truppen und ihr Opfermut bilden die wich- 
tigste Bedingung des Angriffes. Der französische Soldat schlägt 
sich um so tapferer, je besser er die Wichtigkeit der Angriffs- 
Handlung begreift, woran er beteiligt ist, und je mehr er Ver- 
trauen hat zu den von den Führern getroffenen Maßnahmen. 
Es ist deshalb notwendig, daß die Offiziere aller Grade von 
heute an ihre Untergebenen über die günstigen Bedingungen 
aufklären, unter denen der nächste Angriff der französischen 
Streitkräfte vor sich gehen wird. Folgende Punkte müssen 
allen bekannt sein: 
I. 
Auf dent französischen Kriegsschauplatz zum Angriff zu 
schreiten, ist für uns eine Notwendigkeit, um die Deutschen aus 
Frankreich zu verjagen. Wir werden sowohl unsere seit zwölf 
Monaten unterjochten Volksgenossen befreien, als auch dem 
Feinde den wertvollen Besitz unserer besetzten Gebiete entreißen. 
Außerdem wird ein glänzender Sieg über die Deutschen die 
neutralen Völker bestimmen, sich zu unseren Gunsten zu ent- 
scheiden und den Feind zwingen, sein Vorgehen gegen die russische 
Armee zu verlangsamen, um unseren Angriffen entgegenzutreten. 
II. 
Alles ist geschehen, daß dieser Angriff mit erheblichen Kräften 
und gewaltigen materiellen Mitteln unternommen werden kann. 
Der ohne Unterbrechung gesteigerte Wert der Verteidigung^ 
einrichtungen in erster Linie, die immer größere Verwendung 
von Territorial-Truppen an der Front, die Vermehrung der in 
Frankreich gelandeten englischen Streitkräfte haben dem Ober- 
befehlshaber erlaubt, eine große Zahl von Divisionen aus der 
Front herauszuziehen und für den Angriff bereitzuhalten, deren 
Stärke der mehrerer Armeen gleichkommt. Diese Streitkräfte, 
wie die in der Front gehaltenen, verfügen über neue und 
vollständige Kriegsmittel. Die Zahl der Maschinengewehre ist 
mehr als verdoppelt. Die Feldkanonen, die nach Maßgabe ihrer 
Abnutzung durch neue Kanonen ersetzt worden sind, verfügen über 
einen bedeutenden Munitionsvorrat. Die Kraftwagenkolonnen 
sind vermehrt worden, sowohl zur Verpflegung als auch zur 
Truppenverschiebung. Die schwere Artillerie, das wichtigste 
Angriffsmittel, war der Gegenstand erheblicher Anstrengungen. 
Eine beträchtliche Menge von Batterien schweren Kalibers ist 
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