Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

zösischen Landes inne, die industrie- und kohlenreichsten 
Departements der Republik. Von Belgiens 29 500 qkm 
befanden sich 29000 qkm in deutscher Hand. Die 
Hilfsquellen des reichen Landes dienten den siegreichen 
„Barbaren", und wie sich auch die Leichen häuften vor 
der deutschen Front, so vermochte doch weder englische 
noch französische Kraft, „den heiligen Boden Frankreichs 
von der teutonischen Besudelung zu befreien", wie die 
französischen Zeitungen wieder und wieder predigten. 
Fast noch trüber sah es im Osten aus. Ein Teil 
Ostpreußens und der größte Teil Ealiziens waren 
in russischen Händen gewesen, und Blut und Trümmer 
zeugten davon. Aber am Ende des ersten Kriegsjahres 
war kein Fußbreit deutschen Landes mehr in den 
Händen der Russen, und von Ealizien behaupteten 
sie nur noch unge- 
Beim Anfertigen „Spanischer Reiter". Nach einer Zeichnung für die „Jllustrirte 
Zeitung" von dem Kriegsteilnehmer Leutnant Ernst Lübbert (gefallen am 
29. August 1915 auf dem östlichen Kriegsschauplatz). 
Die mit Stacheldraht bespannten Böcke roerden hinter dem Schützengraben fertiggestellt und bilden, 
in der Nacht vorgetragen und ineinandergeschoben, ein Hindernis bei feindlichen Angriffen. 
fähr 10000 qkm. 
Dagegen hatten 
die Verbündeten 
130000 qkm ruf- 
fischen Landes in 
Polen und den 
Ostseeprovinzen 
erobert. Wo war 
der Traum von 
einer Überflutung 
der Mittelmächte 
durch die 
witische Masse ge- 
blieben? Die rus- 
sische Dampfwalze 
war zerbrochen. 
Sie bewegte sich 
noch, aber rück- 
wärts, und zwar 
mit großer Eile. 
Die Hauptmacht 
der Russen stand in Gefahr, eingekreist zu werden. 
Sie mußte zurückgehen, um sich der eisernen Um- 
klammerung zu entziehen, und damit war der Fall 
der großen Festungen Warschau, Nowo-Eeorgiewsk 
und Jwangorod nur eine Frage der Zeit. Und wie 
schnell die Deutschen und Österreicher mit ihren un- 
geheueren Geschützen auch die stärksten Festungen zur 
Übergabe brachten, das hatte Antwerpens Schicksal 
gezeigt. Da die zweite polnische Befestigungslinie 
nur gehalten werden konnte, wenn es Rußland auf 
eine Entscheidungsschlacht ankommen ließ, und da 
schon der Mangel an Munition und Geschützen dem 
Großfürsten ein solches Wagnis verbot, so war vor- 
auszusehen, daß ganz Polen in kurzer Zeit den Ver- 
bündeten zufallen müßte. Zu diesen gewaltigen Land- 
Verlusten traten nun ungeheuerliche Menschenverluste 
für Rußland hinzu. Es befanden sich Ende Juli 1915 
rund 8800 Offiziere und 1330000 Mann in deutscher 
und österreichisch-ungarischer Gefangenschaft. Und da 
sich die Russen mit großer Zähigkeit und Tapferkeit 
geschlagen hatten, so läßt sich aus der Zahl der Ge¬ 
fangenen schließen, daß die russischen Gesamtverluste 
nicht unter 4 Millionen Menschen betragen konnten. 
Dagegen waren die Verluste der Franzosen, Engländer 
und Belgier noch gering und wurden doch schon 
auf 1300000 bis 1400000 Mann geschätzt, denn 
370000 an der Westfront Gefangene befanden sich 
in deutschen Händen. An Geschützen betrug die deutsche 
und österreichisch-ungarische Beute über 7000. 
So waren am Jahresschluß die beiden verbündeten 
Kaiserreiche im Osten und im Westen siegreich, und 
auch ihr Bundesgenosse, das Osmanenreich, hatte sich 
tapfer behauptet. Zwar waren seine Fortschritte im 
Kaukasus bescheiden, und den Zug nach Ägypten, den 
die Engländer mehr als alles andere fürchteten, hatte 
es vorläufig aufgeben müssen, aber an den Meer- 
engen hatten die 
Türken Stand ge- 
halten, und das 
war zunächst die 
Hauptsache. Es 
zeigte sich jetzt, daß 
der Zutritt der 
Türkei zum Bun- 
de der beiden Kai- 
sermächte den Ab- 
fall Italiens zehn- 
fach aufwog. Ruß- 
land blieb durch 
die Türkei vom 
Mittelländischen 
Meere abgeschlos- 
sen. Das Darda- 
nellen - Abenteuer 
Englands und 
Frankreichs war 
mißglückt. Die bei- 
den hatten unge- 
heuere Opfer umsonst gebracht, und ihr Ansehen 
war im Orient schwer erschüttert. Wie tief der Glaube 
an den endgültigen Sieg der Vierverbandsmächte 
bei den neutralen Völkern gesunken war, das zeigte 
am klarsten die Haltung der Balkanstaaten. Weder 
Rumänien, noch Bulgarien, noch Griechenland ließen 
sich in den Krieg hineinreißen. Keine Drohung Ruß- 
lands fruchtete in Sofia und Bukarest, und der Griechen- 
könig ließ sich weder durch die drohende Nähe der 
englischen Flotte, noch durch die wütenden Artikel 
der englischen Zeitungen, noch durch die Anerbietungen 
und Versprechungen der englischen Diplomatie dazu 
bewegen, seine Bataillone nach Eallipoli marschieren 
zu lassen. Die Balkankönige hatten den Glauben 
an den Sieg des Vierverbandes verloren, und keiner 
war so töricht, für eine verlorene Sache sein Schwert 
zu ziehen. Ging es so weiter bergab mit dem mili¬ 
tärischen Ansehen des Vierverbandes, so mochte wohl 
sogar der eine oder andere von ihnen auf den Ge- 
danken kommen, daß es nützlich sein könnte, sich bei 
Zeiten den mutmaßlichen Siegern anzuschließen. 
408
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.