existieren können. — Uberempfindsame Idealisten und
Friedensfreunde entrüsteten sich daraufhin in ihren
Zeitungen, daß in unserm Volke solche „Mittelalter-
liche Gespenster" auftauchen könnten. Nun, derartige
Gerüchte waren gewiß töricht. Will man aber in ihnen
ein Unrecht gegen die Feinde sehen, so muß dem ent-
schieden widersprochen werden. Die Franzosen haben
die in Frankreich lebenden Deutschen, darunter auch
Frauen und Mädchen, unter den gemeinsten Be-
schimpsungen mit Fußtritten und Faustschlägen zur
Grenze geschafft. Sie Hetzen wieder wie 1870 Turkos
und Zuaven, sogar Neger gegen uns. Französische und
belgische Bürger und Bauern schießen aus dem Hinter-
halte auf unsere Soldaten und verüben gegen unsere
Verwundeten die unmenschlichsten Grausamkeiten. In
den Heeren, die gegen uns kämpfen, werden Dum-
Dum-Geschosse verwendet, damit unsere Leute nicht
nur kampfunfähig gemacht, sondern abscheulich ver-
stümmelt werden. Das Volk hat alles Recht, solchen
Feinden das Gemeinste zuzutrauen, und es ist gut,
daß es das begriffen hat, auf alles gefaßt ist und
allezeit auf seiner Hut bleibt.
Vom Ausbruch des Krieges bis zur englischen Kriegserklärung.
^>ie ersten blutigen Zusammenstöße in dem großen
Völkerringen erfolgten auf serbischem Boden.
Nocham28.Julirich-
tete Osterreich eine
förmliche Kriegser¬
klärung an Serbien,
und zwei Tage später
erschienen seineTrup-
penund Donau-Mo¬
nitore vor der feind-
lichen Hauptstadt, die
ja bekanntlich dicht
an der ungarischen
Grenze liegt. Vel-
grad war von der
Königsfamilie und
der Regierung ver-
lassen worden, denn
selbstverständlich
wollten die Spitzen
des Landes sich
hier nicht einschließen
lassen Weit im In-
nern wollten sie ihre
Armee zum Wider-
stand sammeln. Auch
die Österreicher ge-
dachten erst größere
Truppenmassen her
anzuziehen, eh? sie
die starke Festung
ernsthaft angriffen.
Sie setzten sich einst-
weilen davor fest
und richteten durch
ein Bombardement
mancherlei Schaden
an; im übrigen kam
es nur zu ganz un-
bedeutenden Schar¬
mützeln. — An der russischen Grenze wurden die Feind-
seligkeiten von den Russen eröffnet Schon vor Uber-
reichung der deutschen Kriegserklärung kamen russische
Grenzpatrouillen über die Grenze herüber und schössen
auf Deutsche, allerdings ohne Schaden anzurichten.
Zu dem Kampf bei Lagarde in Lothringen am 11. August:
Die Eroberung der ersten französischen Fahne. Nach einer Originalzeichnung
von Arno Grimm.
Nachdem dann am Abend des I.August der deutsche
Botschafter in Petersburg die Kriegserklärung über-
mittelt hatte, be-
gannen schon einige
Stunden später klei-
nereAbteilungen rus-
sischer Truppen in
der Nacht die Grenze
zu überschreiten. Sie
richteten ihren An-
griff auf die Warthe-
brücke bei Eichenried
und auf den Bahn-
Hof von Miloslow,
und ein paar Schwa¬
dronen Kosaken zo-
gengegenJohannis-
bürg heran. Es ge-
lang aber der deut-
schen Grenzwacht
überall, nach kurzen
Gefechten die Ein-
dringlinge wieder
zurückzuwerfen.
Man kann also in
Tat von einem
russischen Überfall
sprechen, denn noch
vor der Kriegser-
klärung erschienen
russische Soldaten
auf deutschem Boden
und griffen die preu-
ßischen Grenzpa-
trouillen an, was
sich freilich im freund-
nachbarlichen Ver-
kehr beider Länder
auch in Friedens-
zeiten hin und wieder
ereignet hatte. Noch viel mehr trifft die Franzosen der
Vorwurf, unter ganz eklatantem Bruch des Völkerrechtes
uns heimtückisch überfallen zu haben. Bis zum Abend
des 2. August sollte in Rücksicht auf die Verhandlungen
mit England, und weil man in Berlin immer noch
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