Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

mußte. An seiner Stelle setzte das Linienschiff „Swifts- 
Hove" die Beschießung fort, wurde aber gleichfalls 
stark verletzt und mußte zurück. Am 16. April hatte 
das englische Linienschiff „Nelson" vor den Dardanellen 
das gleiche Schicksal. Auch versenkten an diesem 
Tage die Türken ein englisches Unterseeboot, das 
sich in die Meerenge hineingewagt hatte, und am 
18. hatten zwei weitere englische Unterseeboote das- 
selbe Schicksal. Am 19. fand wieder eine Beschießung 
der Dardanellenforts statt, die ebenfalls nicht das 
geringste Ergebnis hatte, und bei der zwei englische 
Schiffe beschädigt wurden. Auch ein Angriff der 
russischen Flotte auf die türkischen Befestigungen im 
Bosporus hatte keinen Erfolg und konnte keinen 
haben, da die wackeren Russen aus viel zu großer 
Entfernung ihre Geschosse entsandten. 
All diese Schießereien waren vollkommen sinnlos, 
denn allein von 
der See aus konn- 
ten die Befesti- 
gungen an der 
Meerenge nicht 
genommen wer- 
den, dazu waren 
sie viel zu stark. 
Die Verbündeten 
hatten das auch 
eingesehen und 
schössen wohl nur 
deshalb, damit 
die Welt nicht von 
einem Rückzug 
sprechen könne 
und Rußland be- 
friedigt werde. Es 
war ihnen aber Ein großes Trainlager auf 
ganz klar, daß sie 
auf einen Erfolg nur rechnen konnten, wenn es 
ihnen gelang, die türkischen Stellungen zugleich zu 
Wasser und zu Lande anzugreifen. Darum hatten 
sie ein Landungsheer, bestehend aus englischen und 
französischen Kolonialtruppen, herbeigeschafft. Sie 
hatten aber nach gewohnter Weise die Stärke des 
türkischen Landheeres, das zur Verteidigung von Kon- 
stantinopel bestimmt war, weit unterschätzt und sahen 
sich, als sie am 25.März unter dem Schutze ihrer 
Schiffsgeschütze an vier Stellen der Halbinsel Gallipoli 
landeten, überlegenen türkischen Streitkräften gegen- 
über. So hatte auch diese große Offensive einen kläg- 
lichen Erfolg, denn nur bei einer Stelle bei Kaba-Tepe 
behaupteten sich die Gelandeten. An den anderen 
Stellen trieben sie die Türken mit dem Bajonett in die 
Flucht und zwangen sie, wieder an Bord zu gehen. 
Die bei Kaba-Tepe Stehenden aber kamen bald in 
die Lage einer belagerten Armee. Von einem Vor- 
rücken war nicht die Rede, noch weniger von einem 
Angriff aus die türkischen Stellungen. Das Landungs- 
kvrps nützte den angreifenden Schiffen gar nichts, 
konnte sich vielmehr nur durch deren Kanonen im 
Lande behaupten. Am 27. April wurden neue An- 
griffe der Verbündeten bei Kum-Kale von den Türken 
abgeschlagen. Am 28. scheiterten Landungsversuche 
bei Kaba-Tepe und der Südküste von Gallipoli. Am 
30. versuchten die Engländer und Franzosen bei Kaba- 
Tepe auf dem Lande vorzudringen, wurden aber unter 
schweren Verlusten zurückgeworfen, und ihr Landungs- 
versuch in der Bucht von Saros mußte aufgegeben 
werden. Bei diesen Angriffen waren zwei englische 
und zwei französische Linienschiffe schwer beschädigt 
worden. 
Somit hatten Ende April die Dreiverbandsmächte 
auf diesem Kriegsschauplatze nichts weiter erreicht, als 
daß ein kleines Landungskorps an einer Stelle der 
Halbinsel Gallipoli Fuß gefaßt hatte und sich dort 
mühselig behauptete. Konnten genügend starke Kräfte 
vorgeschoben und rücksichtslos eingesetzt werden, so 
war es möglich, 
von da aus das tür- 
kische Heer zurück- 
zudrängen. Aber 
man schätzte die 
türkische Macht, 
die zur Verteidi- 
gung der Haupt- 
stadt bereitstand, 
auf eine Viertel- 
Million Mann. 
Woher sollte der 
Dreiverband eine 
Armee nehmen, 
die diesem Heere 
auch nur der Zahl 
nach gewachsen 
war? In Frank- 
der Halbinsel Gallipoli. reich hatte MllN 
dieAchtzehnjähri- 
gen eingezogen und spielte schon mit dem Gedanken, 
auch die Siebzehnjährigen einzuziehen. In England 
hatte das Rekrutierungsgeschäft einen so kümmerlichen 
Fortgang, daß schon ein Teil der englischen Minister 
und der höheren Gesellschaft die Einführung der 
allgemeinen Wehrpflicht immer lauter und dringen- 
der forderte. Dazu kam, daß die Türken trefflich 
ausgebildete und vom Geiste des Heiligen Krieges 
erfüllte Soldaten waren, daß zwei tüchtige deutsche 
Generale, der Feldmarschall von der Goltz und der 
General Liman von Sanders, sie befehligten, deutsche 
Ingenieure und Artilleristen ihre Geschütze bedienten. 
Es war sehr unwahrscheinlich, daß sie besiegt werden 
konnten, viel wahrscheinlicher, daß die englische und 
französische Unternehmung sehr beschämend endigte. 
Das hatte der französische General d'Amade, der die 
Landstreitkräfte führen sollte, klar erkannt, hatle 
seinen Oberbefehl niedergelegt und war nach Frank- 
reich zurückgekehrt. 
Es lag also keine Ruhmredigkeit und Prahlerei 
darin, daß am 27. April der Sultan auf Bitten seines 
Ministerrates den Titel „Ghazi", das heißt „Der Sieg- 
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