Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

Philippinen. Da nun außerdem der Friede den 
Jankees als das höchste Gut erscheint, weil im Frieden 
das meiste Geld verdient wird, so waren ihre Noten 
nicht sehr ernst zu nehmen. Darum nahm sich die 
deutsche Regierung mit ihrer Antwort Zeit, und die 
deutsche Presse belehrte die amerikanische darüber, 
daß, wer sich in Gefahr begibt, darauf gefaßt sein 
muß, darin umzukommen. 
Die kämpfe des deutschen Ostheeres im März und April. 
10. russische Armee rvar in der masurischen 
Winterschlacht zum größten Teil vernichtet tvor- 
den, aber die außerordentliche Widerstandskraft und 
Erneuerungsfühigkeit der russischen Heere zeigte sich 
hier im glänzendsten Lichte. Aus den Überresten der 
geschlagenen Armee und schnell herbeigezogenen Ersatz- 
Mannschaften bildeten die Russen eiligst ein neues 
Heer und konnten schon Anfang März wieder zum 
Angriff übergehen. Sie hatten allerdings kein Glück 
damit. Ihr Versuch, südöstlich von Augustorvo den 
Bobr zu überschreiten, mißlang. Sie wurden unter 
schweren Verlusten zurückgeworfen und ließen 1500 
Gefangene in den Händen der Deutschen zurück. Am 
3. und 4. unternahmen sie Angriffe nordöstlich und 
nördlich von Lomza und nordwestlich von Erodno, 
aber diese Angriffe brachen unter schweren Ver- 
lusten zusammen. Am 4. meldete das große Haupt- 
quartier: 
„Nach der bewundernswerten Eroberung des zu einem 
starken Stützpunkt ausgebauten Ortes Prasznysz durch eines 
unserer Korps, das aus östlicher Richtung vorging, wurde die 
Lage hier insofern einen Tag kritisch, als drei russische Armee- 
korps den deutschen Flügel von Osten, Südosten und Süden 
her angriffen und das siegreiche Korps veranlaßten, in einer 
Rückwärtsschwenkung Front gegen diese Ubermacht zu machen. 
Hierbei wurden Teile des Korps scharf angefaßt; auch konnte 
eine größere Zahl von Verwundeten, die in benachbarten Dör- 
fern untergebracht waren, nicht rechtzeitig zurückgeschafft wer- 
den. Die Russen waren nicht imstande, den geordneten Ver- 
lauf der Rückwärtsschwenkung zu stören und verloren die 
Fühlung mit dem deutschen Korps. Daraus geht hervor, daß 
sie bei ihren Angriffen stark gelitten haben. Inzwischen ist 
die Lage nach dem Eintreffen deutscher Verstärkungen wieder 
hergestellt. Der ganz bedeutungslose russische Erfolg hält mit 
dem ihm vorausgegangenen deutschen Sturm auf Prasznysz, 
wo wir über 10000 Gefangene und reiche Kriegsbeute machten, 
keinen Vergleich aus. Wenn die Russen sich gleichwohl he- 
mühen, ihn durch ebenso lange wie unglaubwürdige Berichte 
zu einer beachtenswerten Waffentat aufzubauschen, so spricht 
daraus nur das vergebliche Bestreben, die allgemeine Auf- 
merksamkeit von der vernichtenden Niederlage ihrer X. Armee 
in der Winterschlacht in Masuren abzulenken." 
Am 7. und 8. März wurde bei Augustowo, Nowe 
Miasto, Lomza, Prasznysz, Ostrolenka und Rawa 
gekämpft. Uberall waren die Russen die Angreifer 
und iVerull wurden sie zurückgeschlagen. Sie büßten 
im ganzen bei diesen Gefechten über 6000 Gefangene 
ein und verloren viele Tausende von Toten und Ver- 
wundeten. 
Am 11. machte die deutsche Heeresleitung be- 
kannt, ein erneuter Durchbruchsversuch der Russen 
bei Augustowo am 10. habe mit der Vernichtung 
der dort eingesetzten russischen Truppenkörper geendet. 
Auch konnte sie berichten, daß bei Ostrolenka 900, bei 
Nowe Miasto über 1600 Gefangene erbeutet wären. 
Am 11. wurden die Russen nördlich des Augustower 
Waldes geschlagen und entzogen sich nur durch einen 
schleunigen Abmarsch in der Richtung auf Erodno 
der völligen Vernichtung. Die Deutschen machten 
hier 4000 Gefangene, darunter 2Regimentskomman¬ 
deure, und eroberten 3 Geschütze und 10 Maschinen- 
gewehre. Nördlich und westlich von Prasznysz 
schritten sie zum Angriff fort, und 3200 Russen fielen 
in die Hände der Sieger. Die Deutschen standen 
wieder vier Kilometer entfernt von Prasznysz, das 
sie beim Herannahen starker russischer Kräfte ge- 
räumt hatten. Am folgenden Tage ging das 
geschlagene Russenheer über den Bobr und unter 
die Kanonen von Erodno zurück. Bei Prasznysz er- 
neuerten die Russen am 14. ihre Angriffe, wurden 
aber geworfen und verloren dabei eine riesige Anzahl 
von Toten. 
Einen außerordentlich schweren Verlust erlitt das 
Russische Reich am 13. März, indem sein fähigster und 
tatkräftigster Staatsmann, Graf Witte, plötzlich starb. 
Ob ihn wirklich, wie viele Zeitungen behaupteten, 
die großfürstliche Partei aus dem Wege geräumt hat, 
oder ob er eines natürlichen Todes gestorben ist, wird 
vielleicht niemals aufgeklärt werden. Sein jäher Tod 
mußte ohne Frage dem ungekrönten Regenten Rußlands 
sehr gelegen kommen, denn es war aus mancherlei 
Anzeichen zu schließen, daß eine neue Zeit zarischer 
Gnade für den Grafen anbrechen könne, nachdem es 
der regierenden Hofpartei gelungen war, ihn trotz der 
höchsten Verdienste um Rußland bei Seite zu schieben 
und kalt zu stellen. Wäre er wieder zu ausschlag- 
gebendem Einfluß gelangt, so hätte er sicherlich alles 
daran gesetzt, den Frieden herbeizuführen, denn er 
war zwar kein Deutschenfreund, aber ein klarer und 
klug rechnender Kopf und hielt deshalb den Krieg 
für eine ruchlose Torheit. Sehr möglich war es also, 
daß nach gutem russischem Brauche der gefährliche 
Mann von seinen mächtigen Feinden bei Seite ge- 
schafft worden ist. Jedenfalls begeht der kein Un- 
recht, der dem Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch und 
seinen Leuten eine derartige Tat zutraut, denn wozu 
diese Menschen fähig waren, das wurde am 17.März 
wieder einmal der Welt deutlich vor Augen geführt. 
Sie ließen an diesem Tage russische Reichswehrhaufen 
in den nördlichsten Teil Ostpreußens einbrechen, deren 
Aufgabe in nichts Anderem bestand als im Plündern, 
Morden und Brennen. Der deutsche Grenzschutz war 
zu schwach, sie aufzuhalten, er mußte vor ihnen zurück- 
weichen und also auch diese Gegend Ostpreußens von 
den Russen verwüsten lassen. Drei Tage lang konnten 
sie sogar in Memel selbst die Herren spielen, bis sie 
am 21. in kurzem Straßengefechte aus der Stadt 
hinausgeworfen wurden. 
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