Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

Artillerie- und Munitionskolonnen im Trabe nachgezogen 
wurden und Reserven in grünen Wiesen und verlassenen eng- 
lischen Stellungen lagen. Überall in dem vernichteten Land- 
strich waren die gewaltigen Wirkungen unserer Kampfmittel 
zu sehen. 
Im westlichen und mittleren Abschnitt ihrer Nordfront, 
wie in den westlichsten Teilen ihrer Südfront behaupteten 
die Verbündeten ihre Stellungen mit zähem Widerstand, um 
den Rückzug der übrigen Teile zu decken. Diese setzten sich 
erneut in der ungefähren Linie 700 Meter südwestlich Fortuin— 
Frezenberg — Eksternest—Ostrand des Waldes östlich Zille- 
beke — fest, und hiermit beginnt ein neuer Abschnitt der Kämpfe. 
Das vom Gegner behauptete Gebiet östlich des Kanals, 
das bis zum 22. April eine Frontbreite von 25 Kilometer und 
eine größte Tiefe von 9 Kilometer hatte, ist auf 13 Kilometer- 
Breite und 5 Kilometer Tiefe zusammengeschrumpft. Der 
Sack ist so bedeutend enger geworden und der konzen- 
trischen Wirkung der deutschen Artillerie noch mehr als bis- 
her ausgesetzt. 
Das war die einzige große Offensive, die im neuen 
Kriegsjahr die Deutschen bisher unternommen hatten, 
und sie bedeutete einen außerordentlichen Erfolg. Wie 
armselig erschienen dagegen die „Siege", die von 
Zeit zu Zeit von den Engländern und Franzosen 
erfochten und der Welt mit lautem Geschrei verkündet 
wurden! Der mit soviel Blut erkämpfte Erfolg der 
Engländer bei Neuve-Ehapelle hatte ihnen nicht den 
zehnten Teil des Vodengewinnes gebracht wie den 
Deutschen die Schlacht bei Jpern. Auch im Ausland 
machte das Vordringen der Deutschen tiefen Eindruck, 
wenigstens in den Ländern, in denen die Presse die 
Wahrheit sagte, d. h. in den skandinavischen König- 
reichen, der deutschen Schweiz, Rumänien und Bul- 
garien sowie einem Teile Amerikas. Die übrigen 
Länder erfuhren den deutschen Sieg nur durch das 
verlogene Reuter-Bureau und durch die gewundenen 
Berichte der englischen und französischen Generalstäbe, 
die ihren Völkern den geringsten Teil der Wahrheil 
gestanden und auch diesen noch entstellten. 
Der Seekrieg mit England von Ansang April bis zum Untergang der „Lusitania" 
C\nder Nacht vom 7. zum 8. April hat in der 
-OSMHe von Bergen eine große Seeschlacht zwischen 
der deutschen und der englischen Flotte stattgefunden", 
so meldeten am 8. und 9. April die norwegischen Zei- 
tungen. Im Lande war der Geschützdonner deutlich 
gehört worden und aus See kommende Schiffer er- 
zählten, sie hätten Eeschützfeuer und Scheinwerferlicht 
beobachtet und kämpfende Kriegsschiffe gesehen. Es 
war diesen zahlreichen Zeugnissen gegenüber kaum 
an der Wahrheit der Nachricht zu zweifeln, aber das 
Rätselhafte an der Sache war, daß die deutsche Ad- 
miralität jedes Zusammentreffen mit einer feindlichen 
Flotte in Abrede stellte. Es wurden auch keine be- 
schädigten Schiffe nach deutschen Häfen gebracht, um 
dort ausgebessert zu werden, dagegen meldeten neu- 
trale Nachrichten, daß in diesen Tagen in den Firth 
of Förch beschädigte Schiffe eingeschleppt worden seien. 
In die Themse sei ein Linienschiff mit schwerer Steuer- 
bordschlagseite eingefahren, in Dover lag ein großes 
Kampfschiff mit starker Vackbordschlagseite. Alle Welt 
zerbrach sich den Kopf darüber, was eigentlich ge- 
schehen war, aber niemand kam dahinter. Die 
britischen Zeitungen verharrten in tiefem Schweigen, 
und auch im norwegischen Blätterwalde wurde 
es einige Tage nach der geheimnisvollen Schlacht 
ganz still. 
Da fiel am 9. Mai den Deutschen ein Brief in die 
Hände, der an den gefangenen Kommandanten des 
in den Dardanellen vernichteten englischen U-Bootes 
A. E. II. gerichtet war, und der brachte des Rätsels 
Lösung. Es hatte allerdings eine Schlacht in der 
Nordsee nahe der norwegischen Küste stattgefunden. 
Zwei englische Kampsschiffe waren gesunken, eine An- 
zahl Kreuzer beschädigt, 'das Großkampffchiff „Lion" 
„fürchterlich zugerichtet", aber die deutsche Admiralität 
behielt recht. Kein deutsches Schiff hatte an dem 
Kampfe teilgenommen, sondern die englischen Ge- 
schwader hatten einander für feindliche gehalten und 
sich gegenseitig bombardiert. Also geschehen in der 
Nacht vom 7. zum 8. des April-Mondes im Jahre 
des Heils 1915! Die ganze Welt war starr vor 
Staunen. So etwas konnte in der glorreichen eng- 
lischen Marine sich ereignen, die bekanntlich nicht nur 
an Zahl, sondern auch an Tüchtigkeit allen anderen 
Marinen der Erde weit überlegen war! Niemand 
hätte das für möglich gehalten, und das Gelächter, 
das sich überall erhob, klang den stolzen Briten nicht 
eben schmeichelhaft in die Ohren und trug nicht dazu 
bei, das Ansehen Englands zur See zu heben. 
Dieses Ansehen sank ohnehin mehr und mehr zu- 
sammen, denn mit jedem Tage zeigte sich deutlicher, 
daß England schlechterdings kein Mittel besaß, sich 
der deutschen Unterseeboote zu erwehren. Die englische 
Admiralität gab den englischen Handelsdampfern die 
Weisung, die Unterseeboote, wenn es irgendwie mög- 
lich wäre, zu rammen, und reiche englische Privat- 
leute setzten hohe Preise aus für die Rammung deut- 
scher Unterseeboote. Auch wurden die Handels- und 
Passagierdampfer zur Abwehr der Unterseeboote mit 
Kanonen ausgerüstet. Damit wurde in einigen Fällen 
ein Erfolg erzielt, und der für Deutschland schmerz- 
lichste war der Untergang von LI 29. Er wurde zu¬ 
erst am 7. April in Deutschland bekannt, war aber 
wahrscheinlich schon in den letzten Märztagen erfolgt. 
Der Kommandant war Otto Weddigen, der mit 
seinem U-Boote 9 vier englische Kreuzer versenkt hatte 
und dadurch der volkstümlichste Held der deutschen 
Marine geworden war. Noch Größeres erwartete das 
deutsche Volk von ihm, seitdem ihm die Führung des 
weit leistungsfähigeren U-Bootes 29 übertragen war, 
und er rechtfertigte dieses Vertrauen, indem er in die 
Irische See einfuhr, obwohl sie von einer ungeheuren 
Menge englischer Torpedobootzerstörer und anderer 
Kriegsfahrzeuge bewacht wurde, dort mehrere englische 
Dampfer versenkte und den Briten einen heillosen 
Schrecken einjagte. Da kam die Kunde, U 29 sei 
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