Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

Zeitungen hetzten zum Kriege und erklärten: der Zeit- 
punkt sei da, der die italienischen Provinzen an das 
Mutterland zurückbringen könne. Einige waren be- 
scheiden genug, nur das Trentino zu verlangen, andere 
forderten dazu Trieft und sonst noch einiges. Die 
Vertreter der Zentralmächte in Rom hatten einen 
schweren Stand. Obwohl Deutschlands bewährtester 
Diplomat, der frühere Reichskanzler Fürst Bülow, 
dort seine ganze Kraft einsetzte — er hatte freiwillig 
den schwierigen Votschafterposten übernommen — so 
schien es einige Tage, als werde Italien den lang- 
Österreichs und Ungarns Kämpfe 
^ | ber die Karpathen und durch die Bukowina in 
-^-Ungarn einzufallen und auf Budapest zu mar- 
schieren, das war der Kriegsplan, mit dem die Russen 
in das neue Jahr eintraten und den sie monatelang 
mit aller Zähigkeit verfolgten. 
Sie hatten dabei so ungeheuerliche Massen ein- 
zusetzen, daß sie trotz aller Tapferkeit der Gegner eine 
Zeitlang vorwärtskamen. In der zweiten Hälfte des 
Januar konnten die Österreicher namhafte Verstär- 
kungen heranziehen, darunter auch deutsche Truppen. 
Sie gingen infolgedessen wieder zum Angriff über 
und entrissen nach langen und schweren Kämpfen 
den Russen den Uzsoker- und den Jablonica-Paß. 
Anfang Februar erschien ein ganzes deutsches Heer 
unter dem Befehl des Generals von Linsingen und 
griff in den Kampf mit ein. In der Bukowina führte 
das gemeinsame Handeln zum Siege. Die Russen 
mußten das Land verlassen und wurden weit nach 
Galizien zurückgeworfen. In den Karpathen, wo 
unter den schrecklichsten, durch Schnee und Kälte ver- 
ursachten Leiden gekämpft werden mußte, rückten die 
Österreicher, Ungarn und Deutschen zwar langsam 
vorwärts, aber von einem wirklichen Zurückwerfen 
der Russen konnte doch noch nicht die Rede sein. Es 
wurde nicht mehr erreicht, als daß der russische An- 
griff zum Stehen kam. 
Im einzelnen ist über diese Kämpfe nach den Be- 
richten der österreichisch-ungarischen Heeresleitung zu 
melden: 
„Am 1. Januar wurden südlich von Tarnow im Biala- 
Abschnitt russische Tag- und Nachtangriffe unter schweren Ver- 
lusten abgewiesen, wobei 2000 Gefangene und 6 Maschinen- 
gewehre erbeutet wurden." 
Den Tag darauf kam die Nachricht, daß bei Tarnow 
jetzt Ruhe herrsche, aber beim Uzsoker-Paß die dort 
kämpfenden Truppen vor der feindlichen Übermacht 
etwas zurückgenommen worden seien. Ein Versuch 
der Russen, bei Eorlice die österreichisch-ungarische 
Front zu durchbrechen, scheiterte. Am 6. wurden die 
im Karpathenvorland der südlichen Bukowina vor- 
geschobenen Sicherungstruppen vor überlegenen ruf- 
sischen Kräften zurückgenommen. Am 7. wurde ein 
russischer Angriff bei den Ostbeskiden, am 8. einer 
bei Zaklycin abgewiesen. Ein Versuch der Russen, 
über die Rida zu gehen, scheiterte. Diese Versuche 
jährigen Dreibundgenossen schon jetzt in den Rücken 
fallen. Aber dann wurde es mit einem Male davon 
ganz still. 
Die Verhandlungen zwischen Rom und Wien 
haben zu einem günstigen Ergebnis geführt, hieß 
es in den deutschen und österreichisch-ungarischen 
Zeitungen. Aber das war eine Täuschung. In Wirk- 
lichkeit war trotz des größten Entgegenkommens 
Osterreich-Ungarns keine Einigung erzielt worden 
und die leitenden Männer Italiens, Salandra und 
Sonnino, bereiteten insgeheim den Treubruch vor. 
im Januar und Februar 1915. 
wiederholten sich in der nächsten Woche, führten aber 
zu keinem Erfolge. Am 14. fand am Dunajec ein 
heftiger Geschützkampf statt. Die ungünstige Witterung 
machte jede größere Kriegshandlung unmöglich, sodaß 
nur unbedeutende Plänkeleien stattfinden konnten. 
Am 18. unternahmen die Russen einen heftigen Vor- 
stoß bei Jakobeny in der südlichen Bukowina, wurden 
aber zurückgeschlagen und erlitten dabei schwere Ver- 
luste. Am 24.versuchten sie das österreichisch-ungarische 
Lager bei Kirlibaba in der Bukowina zu stürmen, 
mußten aber zurückgehen. Den Weichenden folgten die 
Österreicher und Ungarn nach, warfen sie vollends in 
die Flucht und eroberten die Stadt und die sie be- 
schützenden Höhen. Am 26. fiel wieder einmal der 
Uzsoker-Paß nach dreitägigen schweren Kämpfen in 
die Hände der Österreicher und Ungarn zurück. A 
27. wurden die Russen aus dem Nagyagtal hinaus- 
getrieben. Die Österreicher und Ungarn besetzten To- 
ronya, die Russen erreichten auf der Flucht Wyszkow, 
wo die russischen Nachhuten den Kampf von neuem 
aufnahmen. Am 28. richteten die Russen erneute An- 
griffe gegen den Uzsoker-Paß, wurden aber unter 
schweren Verlusten geschlagen. Am 29. entrissen die 
Österreicher und Ungarn die letzten Paßhöhen in den 
Karpathen. Der Februar ließ sich für die verbündeten 
Deutschen, Österreicher und Ungarn sehr günstig an, 
in den Karpathen und noch mehr in der Bukowina. 
Zum 2. Februar meldete die Heeresleitung: 
„In den Ostbeskiden wurden neue sehr heftige Angriffe, die 
auch nachts andauerten, wieder unter schweren Verlusten der 
Russen zurückgeschlagen. Die Kämpfe im mittleren Waldgebirge 
nahmen einen günstigen Verlauf. Die Truppen, die gestern vom 
Feind hartnäckig verteidigte Höhenstellungen eroberten, machten 
1000 Gefangene und erbeuteten mehrere Maschinengewehre." 
Der Bericht des Eeneralstabes über den 4. Februar 
lautete: 
„In Polen und Westgalizien ist die Lage unverändert. Die 
Angriffe, die die Russen in den Karpathen stellenweise täglich 
wiederholen, brechen unter den schwersten Verlusten zusammen. 
Im Waldgebirge schreiten die eigenen Angriffe fort. 
Die russische Offensive in der Bukowina war bis Mitte 
Januar in das oberste Tal der Moldawa gelangt. Dem weiteren 
Vordringen der hier angesetzten stärkeren feindlichen Kräfte 
über die Karpathen geboten zunächst unsere Stellungen bei 
Jakobeny und Kirlibaba Halt. In mehrtägigen Angriffen 
versuchte der Gegner um den 20. Januar den Widerstand der 
die Hauptübergänge deckenden Truppen zu brechen. Da alle 
Versuche, unsere Höhenstellungen zu stürmen, scheiterten und 
254
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.