Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

sie sich hinweggewälzt hatten, waren nun völlig zur 
Wüste geworden. 
In welcher Weise die Russen in Ostpreußen ge- 
haust hatten, erfuhr das deutsche Volk zunächst nur 
aus einzelnen Zeitungsnotizen, die allerdings schon 
ahnen ließen, welche Greuel dort geschehen sein moch- 
ten, die aber doch kein klares Bild,der Lage gaben. 
Ein solches gab erst eine Denkschrift der deutschen 
Regierung, die 
mit Belegen 
der Kaiserlich 
Osterreichischen 
und Königlich 
Ungarischen 
Regierung für 
ein Weißbuch 
zur Verfügung 
gestellt war. 
Sie wurde am 
8. April ver- 
öffentlicht und 
nahm zwar 
schon Bezug auf 
einen späteren 
Einfall russi- 
scher Banden 
in Memel, von 
dem später die 
Rede sein soll, 
legte aber doch 
den Haupt- 
schwerpunkt ih- 
rer Darstellung 
aus die beiden 
ersten Russen- 
einfülle in Ost- 
preußen. Sie 
lautete: 
Die russischen 
Truppen haben 
im gegenwärtigen 
Kriege Greuel- 
taten begangen, 
die mit den Ge- 
boten der Mensch- 
lichkeit wie mit 
den Gebräuchen 
zivilisierter Völ- 
ker unvereinbar 
sind und ihre 
Kriegführung als eine geradezu barbarische erscheinen lassen. 
Diese Greueltaten richteten sich sowohl gegen die friedliche 
Bevölkerung der von ihnen besetzten deutschen Gebietsteile, 
als auch gegen deutsche Soldaten, die in ehrlichem Kampfe 
ihnen gegenüberstanden und das Unglück hatten, in ihre Ge- 
fangenschaft zu geraten. 
Nach dem anliegenden Material handelt es sich nicht etwa 
um einzelne Roheiten und Gewalttätigkeiten, sondern es sind 
an so vielen Stellen und bei so vielen Truppenteilen Greuel- 
taten selbst bestialischer Art vorgekommen, daß jedenfalls ein 
sehr großer Teil der russischen Armee von dem Geiste un- 
menschlicher Grausamkeit durchsetzt erscheint. Aus der großen 
Zahl der bereits bekanntgewordenen Fälle werden in den An- 
lagen diejenigen aufgeführt, die durch amtliche, insbesondere 
eidliche Vernehmungen oder dienstliche Meldungen einwand- 
frei festgestellt worden sind. Diese Fälle können indes nur 
Hinter der Front auf dem östlichen 
Auf Grund einer photographischen Aufnahme für die 
als eine Auslese der tatsächlich vorgekommenen ungezählten 
Greueltaten angesehen werden. 
Es ist aller Welt bekannt, daß infolge der barbarischen 
Kriegführung der Russen vorher blühende Teile Ostpreußens 
jetzt ein Bild trostloser Verwüstung bieten, daß ganze Ort- 
schaften niedergebrannt und verödet sind, daß die friedlichen 
Bewohner, um sich vor Raub und Mord zu retten, flüchten 
und Hab und Gut im Stich lassen mußten. Nach amtlichen 
Feststellungen sind bei dem ersten wie bei dem zweiten Ein- 
fall der Russen in Ostpreußen Tausende von Männern, 
Frauen und Kindern weggeschleppt, andere Tausende ermordet, 
etwa 20000 Ge- 
bände zerstört 
oder eingeäschert 
und allein bei dem 
zweiten Einfall 
etwa80000Woh- 
nungen ausge- 
plündert und ver- 
wüstet worden; 
auch die letzte rus- 
sische Unterneh- 
mung gegen Me- 
mel kennzeichnet 
sich als ein wüster, 
von Schandtaten 
aller Art beglei- 
teter Raubzug. 
Welche Gewalt- 
tätigkeiten und 
Grausamkeiten 
die Bewohner im 
einzelnen erdul- 
det haben, dafür 
legen die in den 
Anlagen enthal- 
tenen Bekundun- 
gen ein beredtes 
und erschrecken- 
des Zeugnis ab. 
In jeder denk- 
baren Art haben 
die russischen 
Truppen die be- 
wegliche Habe 
der Armen wie 
der Wohlhaben- 
den gestohlen, ge- 
raubt, geplündert 
oder mutwillig 
zerstört. Vieh und 
Vorräte wurden 
ohne Bezahlung 
und ohne Ausstel- 
lung von Gut¬ 
scheinen wegge- 
nommen,Männer 
und Frauen muß- 
ten den geldgieri- 
gen Soldaten ih- 
ren letzten Gro- 
schen geben. Die 
Wohnungen 
wurden durch- 
sucht und daraus 
geplündert, was dem einzelnen in die Augen stach, oft von 
verschiedenen Truppenteilen hintereinander. Schließlich wur- 
den sinn- und zwecklos Häuser, Wirtschaftsgebäude und Vor- 
räte in Brand gesteckt und dadurch vernichtet. 
Die Bevölkerung, darunter auch Frauen und Kinder, wurde 
unter nichtigen Vorwänden oder ohne jeden Grund miß- 
handelt, obwohl sie alles tat, um die Wünsche der russischen 
Soldaten wegen Unterkunst und Verpflegung zu befriedigen. 
Diese Mißhandlungen waren zum Teil von ausgesuchter 
Grausamkeit; so wurden in einem Falle die männlichen Be- 
wohner eines ganzen Ortes, darunter der Amtsrichter, unter 
gleichzeitiger Bedrohung mit dem Tode ausgepeitscht. Auf 
Flüchtlinge wurde ohne weiteres geschossen. Vor allem aber 
wurden zahlreiche friedliche Bürger ohne jeden Anlaß, zum 
Teil sogar unter furchtbaren Martern oder in Gegenwart 
ihrer Angehörigen, ermordet. Junge Leute, die nichts be¬ 
Kriegsschauplatz: Löhnungsappell. 
„JNustrirte Zeitung" gezeichnet von Alfred Liebing. 
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