Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

denen wir aufgefordert werden, einen allgemeinen Protest der 
neutralen Länder gegen die deutsche Kriegführung zn ver- 
anlassen. Dazu müssen wir aber sagen, Krieg ist Krieg. Ebenso 
wie unschuldige Grenzländer unter den furchtbaren Folgen des 
Krieges leiden, Städte und Dörfer zerstört und Weiber und 
Kinder in Kälte, Dunkel und Hungerelend hinausgejagt werden, 
ebenso kann sich England, das sich bisher durch seine insulare 
Lage sicher fühlte, nicht darüber beklagen, daß auch Städte, 
die an der Grenze Englands am Meere liegen, vom Kriege 
betroffen werden. Was bedeutet der Tod einiger Menschen 
gegen die allgemeinen Kriegsgreuel! Wir haben alsdann keine 
Veranlassung, die deutsche Kriegführung zu verteidigen, müssen 
aber doch sagen, was dm einen recht ist, ist dem anderen billig. 
Der deutsche Luftschiffangriff wurde nicht unternommen, um 
einzelne Bürger oder Frauen oder Kinder zu töten, sondern 
um dem Feinde 
Schaden zuzufü- 
gen, der Deutsch- 
land auszuhun- 
gern wünscht. 
Wahrscheinlich ist 
eine ganze Reihe 
derartiger Luft- 
angriffe geplant, 
die vermutlich mit 
einem Angriff auf 
London abschlie- 
ßen werden, was 
ein völlig ver- 
nünftiges und be- 
rechtigtes Glied 
in der Kette wäre. 
Ist da Grund 
vorhanden, sich 
darüber mehr zu 
ärgern, als 
andere Grausam- 
feiten, die ein 
Krieg im 
hat? D 
Engländer sich 
über derartige 
Angriffe ärgern, 
ist ganz in der 
Ordnung, aber 
wir Neutraleu 
können verstehen, 
daß Krieg Krieg 
ist, ebensogut für 
die Engländer wie 
fürdieDeutscheu" 
Der Arger, von dem das dänische Blatt schrieb, 
rvar allerdings bei den leitenden Männern Englands 
im reichsten Maße vorhanden, und er fraß mit doppelter 
Heftigkeit an ihrem Herzen, rveil solche Dinge nicht 
zu verheimlichen waren, denn die Tausende, die aus 
den Oftstädten nach London slohen, verbreiteten die 
Kunde davon überallhin, rvährend Schisfsunfälle und 
Niederlagen zur See verschwiegen oder abgeleugnet 
werden konnten. In der Lüge und Verdrehung von 
Tatsachen hatte es ja die englische Regierung und 
Presse zu einer wahren Meisterschaft gebracht, und 
ihre Verbündeten in Paris, VordeauX und Peters- 
bürg standen ihr darin nicht nach. Im Januar ge- 
fangene Franzosen und Engländer wußten kein Wort 
von der Schlacht bei Tannenberg und Hmdenburgs 
sonstigen gewaltigen Siegen, und ein ebenfalls im 
Januar gefangener russischer General wollte es nicht 
glauben, daßAntwerpen gefallen sei. Selbst den russischen 
Generalen waren also die französischen und belgischen 
Niederlagen verheimlicht worden. Ein solches Ver- 
fahren inochte wohl in allen drei Ländern nötig sein, 
denn hätten die Völker des Dreiverbandes gewußt, 
wie die Sachen eigentlich standen, so wären sehr be- 
denkliche Unruhen unausbleiblich gewesen. 
Der Januar gab der englischen Heeresleitung noch 
einmal eine ganz besondere Gelegenheit, ihr Talent 
zum Lügen glänzend zu entfalten. Am 24. fand 
nämlich wieder einmal eine große Seeschlacht statt, und 
zwar nicht an der Küste eines fernen Erdteiles, sondern 
in der Nordsee. Die deutschen Panzerkreuzer „Seydlitz", 
„Moltke", „Derfflinger" und „Blücher", die kleinen 
Kreuzer „Graudenz", „Dolberg", „Rostock", „Stral¬ 
sund" und zwei kleine Torpedoboot-Flottillen trafen 
bei dem Vor- 
Die sich täglich noch immer mehrenden Säcke der Feldpost irr ein ein Städtchen an der Ai->ne. 
tPhot. R. Sennecke, B.erlin.) 
stoße auf die 
englische Küste 
auf eine Vri- 
tenflotte von 
5 Schlachtfchif- 
fen, 7 kleinen 
Kreuzern und 
26 Torpedo- 
bootzerstörern. 
Der deutsche 
Admiral konnte 
dem Kampfe 
icht auswei- 
chen, denn die 
englischen 
Schiffe liefen 
schneller als die 
seinen.Sokam's 
zur Schlacht, 
und die Welt 
erfuhr noch am 
selben Tage die 
Kunde von 
einem großen 
englischen See- 
siege. Zwei große deutsche Kreuzer hatten schwere 
Beschädigungen davongetragen, so daß sie nur mit 
Mühe hatten entkommen können, derKreuzer„Blücher" 
war gesunken. Die Engländer hatten so gut wie 
gar keine Verluste. Im wunderlichen Gegensatz zu 
dieser Sieges-Fanfare stand die Meldung, die eng- 
lische Admiralität habe nach dreistündigem Kampfe 
die Schlacht abgebrochen. Ungefähr vierundzwanzig 
Stunden lang glaubte die Welt an den englischen 
Sieg, sogar in Deutschland zeigten sich überall be- 
denkliche und bekümmerte Mienen. Aber am anderen 
Tage erfuhr Deutschland die Wahrheit und bald 
sickerte sie auch nach den neutralen Ländern durch. 
Die Wahrheit war: Der englische Sieg war eine 
englische Niederlage. Trotz ihrer Übermacht waren 
die Verluste der Engländer weit stärker als die der 
Deutschen. Wohl war der kleine Kreuzer „Blücher" 
gesunken, aber dafür hatten die Engländer eines ihrer 
allergrößten und neuesten Schlachtschiffe eingebüßt, 
zwei andere waren stark beschädigt, zwei Torpedoboot- 
Zerstörer gesunken. Das konnte auf die Dauer nicht 
verschwiegen bleiben. Etwas davon mußte sogar das 
214
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.