der Deutschen in den Argonnen, bei dem 12 Offiziere
und 731 Mann Franzosen gefangen und ein franzö-
sisches Infanterieregiment gänzlich vernichtet wurde.
Am 31. Januar veröffentlichte die „Norddeutsche All-
gemeine Zeitung" eine Zuschrift, die ihr von wohl-
unterrichter Seite zuging, und in der die Gesamtlage
im Westen folgendermaßen beurteilt wird:
Seit dem 17. Dezember 1914, dem Tage, an dem General
Josfre die allgemeine Offensive befahl, ist ein voller Monat
ins Land gegangen, ohne daß es den Verbündeten gelungen
ist, unsere ausgedehnten Linien an irgendeiner Stelle zu durch-
brechen. Zwischen Reims und den Argonnen baben die Franzosen
besonders große Anstrengungen gemacht. Ihr Angriff begann
dort am 20. Dezember und brachte an diesem ersten Tage unbe-
deutende Teile unserer Schützengräben in ihre Hand — Schützen-
graben, die sich aus der allgeimenen Verteidigungsfront nach
und nach feindwärts vorgeschoben hatten und einem konzentrischen
Angriff daher besonders ausgesetzt waren. In ununterbrochenen
Angriffen haben sich die Franzosen bemüht, diesen anfangs
errungenen Vorteil zu erweitern. Täglich lag das vereinigte
Feuer ihrer schweren Batterien auf bestimmten Teilen unserer
Front; beinahe täglich stürmte die französische Infanterie gegen
unsere Gräben vor; immer dichter wurde das Totenfeld vor
unserer Front, immer größer die Zahl der französischen Ge-
sangenen. Es soll nicht geleugnet werden, daß die französische
Infanterie anfangs mit Aufopferung und Schneid an ihre
Aufgabe heranging. Die Berichte des französischen Nachrichten-
dienstes waren in den Wochen vor dem allgemeinen Angriff
eigentlich nur noch ein Lobgesang auf die unwiderstehliche
Gewalt der französischen schweren Artillerie gewesen. Unter dem
dauernden Eindruck dieser Berichte mußte in der französischen
Infanterie die Uberzeugung Platz greifen, daß sie bei einem
Angriff eigentlich nur zu ernten haben würden, rvas die schwere
Artillerie gesät. Sie hat schnell einsehen gelernt, daß man
bei den Lobgesängen auf die französische schwere Artillerie
einen Umstand völlig außer acht gelassen hatte — die Wider-
standskraft unserer Infanterie! In diesem Punkte stimmte die
Rechnung nicht. Es war dann auch deutlich zu erkennen, wie
die anfängliche Zuversicht der französischen Infanterie mit jedem
neuen Angriff nachließ und sich nach und nach in die Uber--
zeugung wandelte: es ist nutzloses Blutvergießen, immer wieder
gegen die deutsche Stellung anzurennen. Auch als die Fran-
zosen frische Kräfte ins Feuer führten, brach deren unverbrauchte
Kraft an dem zähen Widerstand unserer Infanterie zusammen.
Es ist erwiesen, daß die französischen Offiziere schließlich auf
ihre Leute mit der nachgerade abgebrauchten Lüge einzuwirken
suchten, daß wir ihre Gefangenen zu Tode quälten. Sie über-
sehen dabei ganz, daß diese Lüge weiter nichts beweist, als daß
die französische Infanterie durch Angst vor Schlimmerem davon
abgehallen werden soll, sich dem Feinde zu ergeben. Die Lüge
hat übrigens nicht viel genutzt. Die zahlreichen Gefangenen
aus den Kämpfen im Dezember, Januar sind zufrieden, daß
„der Krieg für sie beendet ist". Unserer Truppe aber haben
diese Kämpfe bewiesen, daß sie keinen Feind zu scheuen hat —
selbst nicht die „kameuse artillene lourde" der Franzosen.
Der Februar brachte in seiner ersten Hälfte eine
Reihe von französisch-englischen Angriffen und deut-
schen Gegenangriffen, die keine wichtigen Ergebnisse
hatten. Aus ihnen ragt hervor der deutsche Angriff
nordwestlich Menehould (nördlich Massiges), wo
2 km französischer Schützengraben besetzt, 1 Osfizier,
600 Mann Gefangene gemacht, 9 Geschütze, 9 Maschinen-
gewehre und viel Material erbeutet wurden. In den
Argonnen wurden am 8. und 10. Erfolge erzielt, in
den Vogesen am 14. die Dörfer Hilsen und Ober-
sayern von den Deutschen erstürmt. Alle diese Kämpfe
kosteten viel Blut auf beiden Seiten, waren aber
von geringer Bedeutung.
Höchst wichtig dagegen war das, was vom
17. Februar an von den Franzosen in der Champagne
versucht wurde. Die eiste große Offensive Joffres
hatte den Plan verfolgt, an allen angreifbaren Punkten
der deutschen Kampflinie zugleich zu rütteln, um
irgendwo einen Durchbruch zu erzwingen. Jetzt ging
der französische Feldherr von einem anderen Gedanken
aus. Er wollte an einer Stelle, die ihm besonders ge-
eignet erschien, mit rücksichtslosem Einsetzen von Men-
schenkräften und Menschenleben die deutsche Front
durchstoßen. Dazu hatte er sich die deutsche Stellung in
der Champagne ausersehen. Vom 17. Februar bis
9. März ließ er hier unaufhörlich stürmen. Das
deutsche Volk erfuhr davon nicht viel, solange das
Ringen andauerte. Wohl brachten die Zeitungen täg-
lich die Kunde, daß dort hartnäckig und blutig ge-
fochten werde, aber niemand ahnte, daß die Kämpfe
weit mehr bedeuteten als das gewöhnliche Ringen
um Schützengräben. Erst am 11. März veröffentlichte
die deutsche Heeresleitung einen Bericht, aus dem
die Welt ersah, daß dort Großes auf dem Spiele
gestanden hatte, Ubermenschliches geleistet worden war.
Der Bericht lautet:
Mit den heute und in den letzten Tagen gemeldeten Kämpfen
ist die Winterschlacht in der Champagne soweit zu einem Ab-
schluß gebracht, daß kein Wiederaufflackern mehr an dem End-
ergebnis etwas zu ändern vermag. Die Schlacht entstand,
wie hier schon am 17. Februar mitgeteilt wurde, aus der Ab-
sieht der französischen Heeresleitung, den in Masuren arg be-
drängten Russen in einem ohne jede Rücksicht auf die Opfer
angesetzten Durchbruchsversuch, als dessen nächstes Ziel die
Stadt Vouziers bezeichnet war, Entlastung zu bringen. Der
bekannte Ausgang der Masurenschlacht zeigt, daß die Absicht
in keiner Weise erreicht worden ist. Aber auch der Durchbruchs-
versuch selbst darf heute als völlig und kläglich gescheitert be-
zeichnet werden. Entgegen allen Angaben in den offiziellen
französischen Veröffentlichungen ist es dem Feinde an keiner
Stelle gelungen, auch nur den geringsten nennenswerten Vor-
teil zu gewinnen. Wir verdanken dies der heldenhaften Haltung
unserer dortigen Truppen, der Umsicht und Beharrlichkeit
ihrer Führer, in erster Linie dem Generaloberst von Einem,
sowie den Kommandierenden Generalen Riemann und Fleck.
In Tag und Nacht ununterbrochenen Kämpfen hat der Gegner
seit dem 16. Februar nacheinander mehr als sechs voll aufge-
füllte Armeekorps, ungeheuerliche Massen schwerer Artillerie-
munition eigener und amerikanischer Fertigung — oft mehr als
100000 Schuß in 24 Stunden — gegen die von zwei schwachen
rheinischen Divisionen verteidigte Front von 8 km Breite
geworfen. Unerschütterlich haben die Rheinländer und die zu
ihrer Unterstützung herangezogenen Bataillone der Garde und
anderer Verbände dem Ansturm sechsfacher Überlegenheit nicht
nur standgehalten, sondern sind ihm oft genug mit kräftigem
Gegenstoß zuvorgekommen. So erklärte sich, daß, trotzdem es
sich hier um reine Verteidigungskämpfe handelt, mehr als
2450 unverwundete Gefangene, darunter 35 Offiziere, in unseren
Händen blieben. Freilich sind unsere Verluste einem tapferen
Gegner gegenüber schwer. Sie übertreffen sogar diejenigen,
die die gesamten an der Masurenschlacht beteiligten deutschen
Kräfte erlitten. Aber sie sind nicht um,onst gebracht. Die
Einbuße des Feindes ist auf mindestens das Dreifache der
unsrigen, d. h. auf mehr als 45000 Mann zu schätzen. Unsere
Front in der Champagne steht fester als je. Die französischen
Anstrengungen haben keinerlei Einfluß auf den Verlauf der
Dinge im Osten auszuüben vermocht. Ein neues Ruhmesblatt
hat deutsche Tapferkeit und deutsche Zähigkeit erworben, das
sich demjenigen, das fast zu derselben Zeit in Masuren erkämpft
wurde, gleichwertig anreiht.
In den berühmten Kämpfen an der Lissaine vom
17. bis 20. Januar 1871, wo der General von Werder
das Vourbakische Heer aufhielt und zurückwarf, hatten
43000 Deutsche einer Masse von 130000 Franzosen
gegenübergestanden, und König Wilhelm hatte das als
eine der größten Waffentaten aller Zeiten gepriesen. Hier
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