Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

eine allgemeine Gegenoffensive der auf engem Räume ver- 
einigten russischen Massen; trotz blutigster Verluste, wie sie in 
solchem Umfange die bisherigen Kämpfe noch nicht aufgewiesen 
hatten, erneuerten sie in den letzten Novembertagen mit äußer- 
ster Hartnäckigkeit immer wieder ihre Anstürme, die indes von 
den mit Todesverachtung ausharrenden deutschen Truppen 
sämtlich abgewiesen wurden. 
Anfang Dezember gingen nun die Deutschen nach dem Ein- 
treffen von Verstärkungen trotz der großen Erschöpfung ihrer 
seit drei Wochen fast ununterbrochen im Kampfe stehenden 
Truppen ihrerseits von Neuem auf der ganzen Front zum 
Angriff über; es gelang ihrem starken rechten Flügel, in die 
in der Mitte der 
russischen Linie 
bestehende Lücke 
einbrechend,Lask 
zu nehmen und 
in der Richtung 
auf Pabianice 
vordringend, die 
russische Stel¬ 
lung südwestlich 
Lodz zu um- 
fassen. Hierdurch 
wurden die Nus- 
sen gezwungen, 
in der Nacht vom 
5. zum 6. De- 
zember ihre so 
zähe behaupte- 
ten Stellungen 
um Lodz und 
dieses selbst zu 
räumen und hin¬ 
ter die Miazga 
zurückzugehen. 
Alle Versuche der 
Russen, die Lücke 
durch nach Nor¬ 
den gezogene 
Truppen der in 
Südpolen kämp- 
senden Armeen 
zu schließen, wa- 
ren Dank der 
energischen An- 
griffe der süd- 
lichenGruppeder 
Verbündeten — 
namentlich ihres 
inRichtungNowo- 
Nadomsk sieg- 
reichvorgehenden 
linken Flügels — 
mißlungen. 
Auch der linke 
Flügel der nörd- 
lichen deutschen 
Gruppe, der sich 
inzwischen über 
Jlow bis zur 
Weichsel ausge- 
dehnt halte, 
machte erhebliche 
Fortschritte und 
gelangte bis dicht 
vor Lowicz und 
an den Vzura- 
Abschnitt. 
Gleichzeitig mit der Offensive in Nordpolen waren die 
verbündeten österreichisch-ungarischen Truppen von den Kar- 
pathen und in Westgalizien zum Angriff übergegangen. Auch 
hier wurden erhebliche Fortschritte gegen den linken russischen 
Flügel gemacht. 
Die nunmehr mit erhöhtem Nachdruck auf der ganzen 
Front, namentlich gegen die Flügel des russischen Heeres, 
gerichteten Angriffe brachten um Mitte Dezember die feind- 
lichen Massen ins Wanken; zuerst in Westgalizien, dann im 
südlichen und nördlichen Polen gingen sie auf der ganzen 
Front in östlicher Richtung zurück. Hinter dem Dunajec, der 
Nida. Rawka und Bzura leisteten sie indes von neuem zähen 
Widerstand; um diese Abschnitte wird zurzeit noch erbittert 
gekämpft. 
Das ursprüngliche Ziel der Operationen ist indessen schon 
heute erreicht: Die schon seit Monaten mit so hoch tönenden 
Worten angekündigte russische Offensive großen Stiles, die 
das ganze östliche Deutschland überfluten sollte, kann als 
völlig niedergeworfen bezeichnet werden. Ostpreußen, West- 
preußen, Posen und Schlesien werden für absehbare Zeit keinen 
russischen Einfall mehr zu fürchten haben. 
Uber 130000 Gefangene, zahlreiche Geschütze, Maschinen- 
gewehre und sonstiges Kriegsmaterials sind die Siegesbeute 
der Verbündeten. — Eine Kraftprobe ersten Ranges, an 
der vom obersten 
Führer bis zum 
jüngsten Kriegs- 
freiwilligen die 
ganze in Ost¬ 
preußen, Polen 
und Galizien 
fechtende Heeres- 
macht der Ver- 
bündeten rühm- 
reichenAnteilhat, 
hat einen für 
die Verbündeten 
günstigen Aus- 
gang genommen. 
Der von ihnen 
errungene Erfolg 
ist ein Ergebnis 
des starken Ver- 
trauens, das sie 
zu zielbewußtem 
gemeinsamen 
Wirken zusam 
mengeschweißt 
hat. Die Ge- 
schichte der Koa- 
litionskriege ist 
nicht reich an 
Beispielen wirk- 
lich hingebender 
Bundestreue: 
hier in diesem ge- 
waltigen Ringen 
aber sehen wir ein 
besonders glän- 
zendes Beispiel 
solcher Art vor 
Augen. Die An- 
läge und Durch- 
führung der ge- 
schilderten Ope- 
rationen stellte 
besonders hohe 
Ansprüche an die 
Führung. Diese 
konnte ihre Ent- 
schlüsse um so zu- 
versichtlicher fas- 
sen, als sie eine 
Truppe hinter 
sich wußte, von 
dersiedasHöchste 
fordern durfte, 
und die freudig 
und willig alles 
leistete, die im 
Geiste des Ver> 
trauens zu einer solchen Führung ihr Bestes, ja ihr Herz- 
blut hergab. Ihre Tapferkeit, ihre Ausdauer und Hin- 
gebung bedürfen keines Wortes lobender Anerkennung. Seit 
fünf Monaten im Kampfe mit einem an Zahl überlegenen 
Feind erst in Ostpreußen, dann in Polen stehend, hat diese 
Truppe kaum einen Tag der Ruhe gefunden. Sie ha: un- 
unterbrochen marschiert und gekämpft und zwar in den letzten 
drei Monaten auf einem Kriegsschauplatz, der an sich schon 
arm und verwahrlost, jetzt völlig ausgesogen ist. Dazu kamen 
die bei der Ungunst der Witterung fast grundlosen Wege, 
auf denen jeder Marsch die doppelte Kraftanstrengung für die 
Truppen, namentlich auch für die nachfolgenden Kolonnen. 
* ' 
Mit Maschinengewehren ausgerüstete Motorboote des Freiwilligen Motorbootkorps auf der 
Weichsel bei Wlozlawek während der Beschießung eines russischen Fliegers, der zur Landung 
gezwungen wird. Für die „Jllustrirte Zeitung" gezeichnet von C. Varber. 
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