Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

über ein Marineabkommen mit Ruhland schwebten oder im 
Gange seien, nicht beantwortete, sondern die ihm garnicht ge- 
stellte Frage verneinte, ob England bindende Verpflichtungen 
bezüglich der Beteiligung an einem europäischen Kriege ein- 
gegangen sei. Ich neige vielmehr der Ansicht zu, daß die 
englische Presse in diesem Falle wieder einmal einen Beweis 
für ihre bekannte Disziplin in Behandlung von Fragen der 
auswärtigen Politik gegeben und, sei es auf ein mot d'ordre 
hin, sei es aus 
politischem In- 
stinkt, geschwie- 
gen hat. Mel- 
chen Kritiken und 
welchen Vemän- 
gelungen seitens 
der deutschen 
Volksvertreter 
und der deutschen 
Presse würde 
nicht die Kaiser- 
liche Negierung 
ausgesetzt sein, 
welches Geschrei 
über unsere aus- 
wärtige Politik 
und unsere Di- 
plomaten würde 
sich nicht er- 
heben, wenn eine 
ähnliche Erklä- 
rung vor dem 
Reichstag abge- 
geben würde! In 
dem parlamen- 
tarischen Eng- 
land schweigt 
jedermann,wenn 
ein Minister in 
so offenkundiger 
Meise die eigene 
Partei, dieVolks- 
Vertretung und 
die öffentliche 
Meinung des 
ganzen Landes 
irre zu führen 
sucht.Wasbringt 
nicht England 
alles seiner Ger- 
manophobiezum 
Opfer 
V111. 
.... Juni 1914. 
Von einer 
Stelle, die sich 
die altenSympa- 
thienfürDeutsch- 
land bewahrt 
hat. ist mir mit 
der Bitte um 
strengste Ge- 
Heimhaltung die 
gehorsamst bei- 
gefügte Aufzeich- 
nung über eine 
Konferenz zuge- 
gangen, die am 
26.Maid.J.beim 
Chef des russischen Marinestabes stattgefunden hat und in der die 
Grundlagen für die Verhandlungen über das russisch-englische 
Marineabkommen festgestellt worden sind. Zu welchem Ergebnis 
die Verhandlungen bis jetzt geführt haben, wußte mein Gewährs- 
mann noch nicht, äußerte aber sehr ernste Besorgnisse über die 
Förderung, die der russische Nationalismus erfahren werde, 
wenn das Abkommen tatsächlich zustande komme. Sei man 
des Mitgehens Englands erst gewiß, so würden die bekannten 
panslavistischen Hetzer nicht zögern, die erste sich bietende Ge- 
legenheit zu benutzen, um es zum Kriege zu bringen. Auch 
Herr Sasonow treibe zusehends mehr in das Fahrwasser der 
russischen Kriegspartei. 
Anlage. 
St. Petersburg, den 13./26. Mai 1914. 
Von der Erwägung ausgehend, daß eine Vereinbarung 
zwischen Rußland und England erwünscht sei über das Zu- 
sammenwirken ihrer maritimen Streitkräfte, für den Fall 
kriegerischer Operationen Rußlands und Englands unter Teil- 
nähme Frankreichs, gelangte die Konferenz zu folgenden 
Schlüssen: 
Die geplante 
Marine-Konven- 
tion soll die Be- 
ziehungen zwi- 
schen den russi- 
schen und den 
englischenStreit- 
kräften zur See 
in allen Einzel- 
heiten regeln, 
deshalb ist eine 
Verständigung 
über Signale 
und Spezial- 
chifftes, Radio- 
telegramme und 
der Modus des 
Verkehrs zwi- 
schen den russi- 
schen und eng- 
lischen Marine- 
stäben herbeizu- 
führen. Die bei- 
den Marinestäbe 
sollen sich außer- 
dem regelmäßig 
gegenseitig Mit- 
teilung machen 
über die Flotten 
dritter Mächte 
und über ihre 
eigenen Flotten; 
besonders über 
technische Daten 
sowie über neu 
eingeführte Ma- 
schinen und Er- 
sindungen. 
Nach demVor- 
bild der franco- 
russischen Ma- 
rine-Konvention 
soll auch zwischen 
dem russischen 
und dem eng- 
lischen Marine- 
stab ein regel- 
mäßiger Mei- 
nungsaustausch 
zur Prüfung von 
Fragen, welche 
die Marinemini- 
sterien beider 
Staaten inter- 
essieren, herbei- 
geführt werden. 
Das russische 
Marineabkom- 
men mit Eng- 
land soll gleich 
dem franco-russischen Marineabkommen vorher vereinbarte 
aber getrennte Aktionen der russischen und der englischen 
Kriegsmarine ins Auge fassen. Im Hinblick auf die strate- 
gischen Ziele ist zu unterscheiden einerseits zwischen den mari- 
timen Operationen im Gebiet des Schwarzen Meeres und 
der Nordsee, andererseits zwischen dem voraussichtlichen See- 
kämpfe im Mittelmeer. In beiden Gebieten muß Rußland 
bestrebt sein, von England Kompensationen dafür zu erhalten, 
daß es einen Teil der deutschen Flotte auf die russische ab- 
zieht. Im Gebiet des Bosporus und der Dardanellen sollen 
zeitweilige Unternehmungen in den Meerengen als strategische 
Operationen Rußland im Kriegsfalle ins Auge gefaßt werden. 
Deutsche Minenwerfer zerstören französischeSchützengräben als Vorbereitung eines Sturmangriffs. 
Nach einer Zeichnung des Sonderzeichners der „Jllustrirten Zeitung" Hugo L. Braune. 
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