bewiesen worden, daß die Verletzung der belgischen Neutrali-
tat durch Deutschland das Eingreifen Englands in den gegen-
wärtigen Krieg veranlaßt habe. Das Pathos sittlicher Ent¬
rüstung, womit
der deutsche Ein¬
marsch in Vel-
gien von eng-
Uscher Seite zur
Stimmung s-
mache gegen
Deutschland bei
den Neutralen
verwertet wor-
den ist, findet
eine neue und
eigenartige Be-
leuchtung durch
gewisse Doku-
mente, die die
deutsche Heeres-
Verwaltung in
den,Archiven des
belgischen Gene-
ralstabs in Vrüs-
sei aufgefunden
hat.
Aus dem
Inhalt einer
Mappe, mit
der Aufschrift:
„Intervention .
" , . Flüchtlinge vor dem
anglaise en
Belgique"
geht hervor, daß schon im Jahre 1906 die Entsendung eines
englischen Expeditionskorps nach Belgien für den Fall eines
deutsch-französischen Krieges in Aussicht genommen war. Nach
einem vorgefundenen Schreiben an den belgischen Kriegs-
minister vom 10. April 1906 hat der Chef des belgischen
Generalstabs mit dem
damaligen englischen
Militärattache in Brüssel
Oberstleutnant Barnar-
diston auf dessen An-
regen in wiederholten
Beratungen einen ein-
gehenden Plan für ge-
meinsame Operationen
eines englischen EXpe-
ditionskorps von 100000
Mann mit der belgischen
Armee gegen Deutsch-
land ausgearbeitet. Der
Plan fand die Billigung
des Chefs des englischen
Generalstabs General-
majors Geierson. Dem
belgischen Generalstabe
wurden alle Angaben
über Stärke und Glie-
derung der englischen
Truppenteile, über die
Zusammensetzung des
englischen Expeditions-
korps, die Ausschiffungs-
punkte, eine genaue Zeit-
berechnung für den Ab-
transport und derglei-
chen geliefert. Auf Grund
dieser Nachrichten hat
derbelgische Generalstab
den Transport der eng-
tischen Truppen in das
belgische Aufmarschge-
biet, ihre Unterbrin-
gung und Ernährung
dort eingehend vorbe-
reitet. Bis in alle Ein-
zelheiten ist das Zu-
sammenwirkensorgfältig Das Rathaus in
ausgearbeitet worden. So sollten der englischen Armee eine
große Anzahl Dolmetscher und belgische Gendarmen zur Ver-
fügung gestellt und die nötigen Karten geliefert werden.
Selbst an die
Versorgung eng-
lischer Verwun-
deterwar bereits
gedacht worden.
Dünkirchen, Ca-
lais und Vou-
logne waren als
Ausschiffungs-
punkte für die
englischen Trup-
pen vorgesehen.
Von hier aus
sollten sie mit
belgischem Eisen-
bahnmaterial in
das Aufmarsch-
gebiet gebracht
werden. Die be-
absichtigte Aus-
ladung in fran-
zösischen Häfen
und der Trans-
port durch fran-
zösisches Gebiet
beweist, daß den
englisch-belgi-
schen Vereinba-
rangen solche mit
Kloster in Dinant. dem französi-
schen General-
stabe vorausge-
gangen waren. Die drei Mächte haben die Pläne für einZusam-
menarbeiten der verbündeten Armeen, wie es in dem Schriftstücke
heißt, genau festgelegt. Dafür spricht auch, daß in den Geheimakten
eine Karte des französischen Aufmarsches aufgefunden worden ist.
Das erwähnte Schreiben enthält einige Bemerkungen von
besonderem Interesse.
Es heißt dort an einer
Stelle, Oberstleutnant
Barnardiston habe be-
merkt, daß man zurzeit
auf die Unterstützung
Hollands nicht rech-
nen könne. Er habe
ferner vertraulich mit-
geteilt, daß die englische
Negierung die Absicht
habe, die Basis für den
englischen Verpfle-
gungsnachschub nach
Antwerpen zu ver-
legen, sobald die Nord-
see von allen deutschen
Kriegsschiffen gesäubert
sei. Des weiteren regt
der englische Militär-
attache die Einrichtung
eines belgischen Spio¬
nagedienstes in der
Nheinprovinz an."
Außerdem hatte
sich bei den geheimen
Papieren ein Bericht
des belgischen Eesand-
ten Baron Ereindl
in Berlin vom 23.
Dezember 1911 vor-
gefunden. Der Be-
richt, der nur im
Auszug veröffent-
licht wurde, führt
St. Qnentin. aus, daß Belgien im
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