Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

Hodler tat das nur aus innerer Haltlosigkeit, Maeter- 
lincl dagegen erwies sich als giftiger und gemeiner 
Charakter, der über das Volk, dessen Genius er früher 
gepriesen hatte, jetzt die niederträchtigsten Schmähungen 
ausschüttete. 
Aber das Lügenspiel erreichte einen noch höheren 
Grad der Gemeinheit. Es war längst bekannt gewor- 
den, daß unsere Feinde sich solcher Waffen bedienten, 
die völkerrechtlich verboten sind. In Maubeuge waren 
riesige Vorräte sogenannter Dum-Dum-Geschosse ge- 
funden worden und Maschinen zu ihrer Massen- 
Herstellung. Die Militärattaches der neutralen 
Staaten hatten sich zu ihrem Erstaunen 
davon überzeugen können. Trotzdem 
wagte es die Dreiverbandspresse, den 
Spieß umzudrehen und die Deut- 
schen der Verwendung solcher 
Geschosse zu beschuldigen. Sogar 
der Präsident der französischen 
Republik erniedrigte sich zu dieser 
Lüge, die er in einem offi- 
ziellen Telegramm an den 
Präsidenten der Vereinigten 
Staaten auszusprechen wagte. 
Ebenso wurden alle Greuel, 
die von französischen und bei- 
gischen Soldaten und beson- 
ders von den Franktireurs ver- 
übt worden waren, den Deut- 
schen angedichtet. Sie achteten 
nicht das Rote Kreuz, so klagten 
die englischen Zeitungen, sie ver- 
übten Roheiten und unsagbare 
Greuel an den Pflegerinnen, schössen 
auf die Arzte und Krankenträger. 
Eine englische Zeitung brachte eine 
Illustration, worauf deutsche Sol- 
daten abgebildet waren, die auf 
einem Krankenwagen des Roten 
Kreuzes versteckt ein Maschinen- 
gewehr bei sich führten, also einen 
schändlichen Mißbrauch mit dem völkerrechtlich ge- 
heiligten Zeichen trieben. Die Deutschen wurden in 
den englischen und französischen Blättern nie anders 
als „Barbaren" oder „Hunnen" genannt. Der 
deutsche Kaiser erschien als der moderne Attila, die 
Gottesgeißel, der die Erde um seines unersättlichen 
Ehrgeizes willen mit Blut überschwemmen wollte. 
In der Verunglimpfung dieses Mannes, der ein 
Vierteljahrhundert hindurch der Hort des europäischen 
Friedens gewesen war, feierten besonders die eng- 
lischen Blätter wahre Orgien. Die brutale Pöbel- 
haftigkeit, die einen Grundzug des britischen National- 
Charakters bildet, trat hier in abscheulicher Ungeschminkt- 
heit zutage. „Die gekrönte Kanaille" nannte ihn ein 
Londoner Blatt und forderte seine augenblickliche Er- 
schießung, wenn er in englische Hände fiele. Andere 
Zeitungen verlangten wenigstens, er müsse nach dem 
Frieden auf eine wüste Insel verbannt werden. Nichts 
General der Infanterie v. Veseler, 
der Eroberer des „uneinnehmbaren" Antwerpen, 
(Kgl. Hofphot. Ernst Sandau, Berlin.) 
erbitterte das deutsche Volk so, wie diese Niedertracht 
und nichts bezeugte so deutlich den sittlichen Nieder- 
gang, die innere Fäulnis der englischen Nation, denn 
ein Volk, in dem noch ein Rest von Würde und Seelen- 
größe ist, muß seine Presse frei zu halten wissen von 
derartigem Schmutz. 
Ganz Deutschland erregte dieser Feldzug der Lüge 
und Gemeinheit fast ebenso tief wie die Ruchlosigkeit 
der Feinde, die sich in der Kriegführung kund tat. 
Mit Zorn und Trauer sah man, daß der gute Name 
der Deutschen in der Welt durch bübische Verleum- 
dung geschändet wurde, und zugleich hatte 
man die sehr richtige Empfindung, daß 
die Meinung des Auslandes uns gar- 
nicht gleichgültig fein konnte und den 
vielen Reichsangehörigen in der 
Fremde noch weniger. So ver- 
suchte man mancherlei zur Auf- 
klärung der neutralen Staaten. 
Es bildeten sich Vereine und 
Büros zu diesem Zwecke. Man 
verfaßte Schriften in fremden 
Sprachen, um den anderen 
Nationen zu sagen, wie die 
Dinge wirklich lagen. Die 
deutsche „Intelligenz" ließ ein 
Flugblatt herausgeben, das 
von vielen der ersten Namen 
des Reiches unterzeichnet war 
und einen kräftigen Protest 
erhob gegen die Lügen des 
Dreiverbandes. Aber es hatte 
wenig Erfolg, denn natürlich er- 
widerten die englischen und anderen 
feindlichen Blätter darauf: „Diese 
wackeren Gelehrten und Künstler 
sitzen alle weit vom Kriegsschauplatz, 
reden wohl in der besten Meinung, 
werden aber von ihrer eigenen Presse 
schamlos belogen". Bedeutend tiefe- 
ren Eindruck machten zwei Kund- 
gedungen, die von den höchsten Stellen des Reiches 
ausgingen. Die nordamerikanische Regierung hatte 
den Schutz der Deutschen in den kriegführenden Staaten 
übernommen. Darum richtete der Kaiser einen 
Protest an den Präsidenten der Union, der Kanzler 
v. Bethmann Hollweg einen Protest an die Presse 
der Vereinigten Staaten. Das Telegramm des Kaisers 
vom 7. September lautet: 
„Ich betrachte es als meine Pflicht, Herr Präsident, Sie, 
als den hervorragendsten Vertreter der Grundsätze der Mensch- 
lichkeit, zu benachrichtigen, daß nach der Einnahme der fran- 
zösischen Festung Longwy dort Tausende von Dum-Dnm- 
Geschossen entdeckt wurden, die durch eine besondere Regierungs- 
werkstätte hergestellt waren. Ebensolche Geschosse wurden bei 
getöteten oder verwundeten Soldaten und Gefangenen auch 
britischer Truppen gefunden. Sie wissen, welche schrecklichen 
Wunden und Leiden diese Kugeln verursachen, und daß ihre 
Anwendung durch die anerkannten Grundsätze des inter- 
nationalen Rechtes streng verboten ist. Ich richte daher an 
Sie einen feierlichen Protest gegen diese Art der Krieg- 
führung, die dank den Methoden unserer Gegner eine der 
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