Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

ft. Eraf Stürgkh, österr. Ministerpräsident. 
morsch sei und den Krieg mit einer Groß- 
macht nicht mehr aushalten könne. Außer- 
dem scheint man allen Ernstes gemeint 
zu haben, der Friedenskaiser auf Deutsch- 
lands Throne werde doch schließlich vor 
einem Weltkrieg zurückbeben und Oster- 
reich allein bluten lassen. Man hatte 
dabei übersehen, daß ein Hohenzoller 
nach den höchsten Begriffen von Ehre 
und Treue zu handeln pflegt. 
Lag Osterreich am Boden, so sollte 
Deutschland an die Reihe kommen. Dazu 
drängte der eigene Haß und dazu dräng- 
ten die Verpflichtungen, die man Frank- 
Freiherr Conrad v. Hintzendorf, österr.- re^ gegenüber auf sich genommen hatte. ^ Ritter von Krobatin, Ssterr.-ungar. 
Ungar. Generalstabschef. Denn der Panslawismus, d. h. die Kriegsminister. 
liebsten in Grund und Boden stamp- 
fen. Die Slawenvölker Österreichs 
ziehen mit wahrer Begeisterung in 
den Krieg gegen die Soldaten des 
weißen Zaren und sie wissen wohl 
warum. Niemand will von „Mütter- 
chen Rußland" etwas wissen, nie- 
mand will unter die Herrschaft der 
Kosaken geraten. Fast alle höher 
stehenden und begabten Slawen- 
stamme kämpfen mit uns gegen das 
Moskowitertum, und der ganze Pan- 
slawismus hat sich als ein unge- 
heurer Bluff erwiesen. Er war er- 
funden, um die russische Eroberungs- 
und Ausdehnungs-Politik in Europa 
mit dem Nimbus eines höheren Ee- 
dankens zu umkleiden. Schon aus 
diesem Grunde entspringt der Krieg 
nicht einer geschichtlichen Notwen- 
digkeit. Er war beschlossen in den 
Salons der Kaiserin Mutter, einer 
wütenden Deutschfeindin, einiger 
Großfürstinnen und anderer hochge- 
borener Intrigantinnen der Peters- 
burger Hofgesellschaft und sollte der 
Bereicherung und Herrschaftsbefesti- 
gung einer Clique dienen. Man 
wollte das Volk beschäftigen, die immer 
unbändiger werdende „Kanaille", 
die von Volksrechten zu reden be- 
gann, von ihren Gedanken ablenken, 
und man glaubte wohl Osterreich 
gegenüber leichtes Spiel zu haben. 
Der fortwährende Völkerhader in der 
Donaumonarchie schien ja deutlich zu 
zeigen, daß dieses Reich innerlich 
Eroberungssucht der russischen Groß- 
fürstenpartei, fand einen trefflichen 
Bundesgenossen in dem Deutschen- 
hasse des französischen Volkes, und 
nachdem die beiden sich gefunden 
hatten, trieb eines den anderen vor- 
wärts. Man braucht ja über unser 
Verhältnis zu Frankreich so gut wie 
nichts zu sagen, denn jedermann weiß 
jetzt, wie es damit steht. Gab es bis 
vor kurzem noch Leute in Deutsch- 
land, die wähnten, die Franzosen 
seien durch Liebenswürdigkeiten zu 
gewinnen, so ist dieser Traum jetzt 
jäh und grausam zerstört worden. 
Vierundvierzig Jahre hindurch hat 
die französische Armee dem Re- 
vanchegedanken keinen Augenblick 
entsagt. Eine Regierung, die erklärt 
ße°POlb St®6hätte, sie sei mit dem 1870 geschafft- 
nen Zustand einverstanden, wäre 
auf der Stelle von der Volkswut 
hinweggefegt worden. Die Wieder- 
gewinnung der verlorenen Pro- 
vinzen war eine Herzenssache des 
ganzen französischen Volkes und wil- 
lig nahm es die größten und schwer- 
sten Lasten aus sich — wie jüngst 
erst die dreijährige Militärdienstzeit 
— um zum großen Tage der Rache 
gerüstet zu sein. Zu dem Zwecke ging 
es auch den Bund mit dem Zaren- 
reiche ein, die wunderlichste Allianz, 
die die Geschichte kennt. Die Vertreter 
der Grande Nation, der großen freien 
Republik Frankreich, beugten sich vor 
dem halbasiatischen Despoten, der jede 
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