Volltext: Der Stand der Schulhygiene

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auch eine Besprechung der Geschlechtsverhältnisse beim Menschen 
stattfinden* Dabei ist von der Tatsache auszugehen, daß zwar 
in der Regel noch nicht ein lOjähriges, wohl aber ein 15—16 
jähriges Kind über die geschlechtlichen Funktionen wenigstens 
annähernd orientiert zu sein pflegt. Die gedrängten Wohnungs* 
Verhältnisse in den unteren Volksschichten, die Beobachtung des 
Geschlechtsverkehres unter den Haustieren, die unmittelbare 
Wahrnehmung nächtlicher Liebesabenteuer älterer landwirtschaft 
licher Dienstboten durch die in derselben Stube, eventuell in 
demselben Bette schlafenden, kaum der Volksschule entwachsenen 
Genossen und Genossinnen hat dem überwiegenden Teile der 
Kinder der unteren Volksschichten und der ländlichen Bevölkerung 
schon vor dem Eintritte der Geschlechtsreife einen tiefen Einblick 
in die geschlechtlichen Funktionen eröffnet* In den Mittelschulen 
bietet die Lektüre der Klassiker — auch nach Hinweglassung 
der anstößigsten Stellen — der Dichter und Dramatiker des 
eigenen Volkes, in welchen oft Liebesleidenschaft und ihre Folgen 
einen breiten Raum einnehmen, die Darstellung der physiologischen 
Vorgänge im Pflanzen- und Tierreiche im naturgeschichtlichen 
Unterrichte der oberen Klassen, der Religionsunterricht mit seinem 
Hinweise auf das 6. und 9. Gebot, mit den in Gebeten und 
Religionsbüchern vorkommenden Ausdrücken aus dem Geschlechts 
leben für den heranwachsenden Jüngling und die Jungfrau Ge 
legenheit zum Nachdenken und Veranlassung, sich darüber nähere 
Aufklärung zu verschaffen. Damit diese Aufklärung nicht in 
verderblicher Weise von unberufener Seite erfolge, ist es die 
Pflicht der berufensten Erziehungsfaktoren, der Eltern und der 
Schule, dieselbe in ernster und die Sittlichkeit fördernder Weise 
zu geben. Es wird die Aufgabe dieser Faktoren sein, den 
Kindern klar zu machen, daß zwar die Art der Fortpflanzung 
des Menschengeschlechtes von dem allgemeinen Naturgesetze 
nicht abweicht, daß dieselbe aber für den mit Vernunft und 
Gewissen begabten, über der Tierwelt stehenden Menschen durch 
die sittliche Weltordnung, durch religiöse und staatliche Gesetze 
geregelt und nur im ehelichen Verkehre als zulässig bezeichnet 
wird. Daraus ist die Pflicht des Jünglings und der Jungfrau 
abzuleiten, keusch zu sein, das heißt bis zum Eingehen einer 
Ehe sich des geschlechtlichen Verkehres zu enthalten und daher 
auch jeder Versuchung dazu aus dem Wege zu gehen. Es wird 
der heranwachsenden Jugend auch klarzumachen sein, daß die
	        
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