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daß sich diese „entartete“ Generation auf politischem und sozialen
Gebiete eine neue Welt geschaffen habe, die sich ruhig jeder
früheren Kulturepoche an die Seite stellen könne*
Die Elternabende.
Die Erkenntnis, daß Elternhaus und Schule, die sich oft
ganz fremd gegenüber stehen, die Hauptfaktoren der Erziehungs
arbeit sind, welche nur in dem verständnisvollen und einverständ-
lichen Zusammenwirken beider gedeihen kann, hat den Gedanken
angeregt, auf Mittel zu sinnen, um den Verkehr zwischen Schule
und Elternhaus, der sich bisher höchstens auf gelegentliche Be
sprechungen der einzelnen Lehrer mit den Eltern beschränkte,
intensiver und wirkungsvoller zu gestalten*
Man hat zu diesem Zwecke in einigen Städten versucht,
besondere Schulbesuche der Eltern einzuführen, in welchen
denselben Gelegenheit geboten werden sollte, in den von der
Schulleitung bestimmten Wochen dem Schulunterrichte beizuwohnen,
und auf diese Weise Lehrer, Unterricht und Lehrmethode kennen zu
lernen und am Schlüsse der letzten Schulstunden mündliche Erörte
rungen mit den Lehrern zu pflegen* Währeud aber nach dem Re
ferate des Lehrers Johann Berninger in Wiesbaden diese Schulbesuche
seit 1898 in den Instituten des Dr* Lietz auf Pulvermühle bei Usen-
burg und Haubinda bei Hildburghausen sich gut bewähren sollen,
hat man in Frankfurt am Main nach 12 -löjährigem Bestände
der „Elternwoche“ von dieser Einrichtung wieder Umgang ge
nommen, weil man die Beobachtung machte, „daß gerade die
jenigen Eltern nicht erschienen, deren Anwesenheit besonders
erwünscht gewesen wäre, jene Eltern, deren Kinder durch minder
wertige Leistungen oder durch ihr Betragen zu berechtigten
Klagen Anlaß boten, während das Interesse der erschienenen
Eltern solcher Kinder, mit denen das Lehrpersonale zufrieden
war, allmählich immer mehr schwand, je mehr der Lehrer All
tagsunterricht gab und nicht die Sprößlinge der Erschienenen
vornahm und glänzen ließ*“
In mehreren Schulen hat man seit einigen Jahren Besuchs
tage eingeführt, welche richtiger Besuchsstunden heißen sollten,
da es sich hierbei für je eine Schulklasse tatsächlich nur um
eine Schulstunde handelt, zu welchen die Eltern eingeladen
werden* Da aber diese „Besuchsstunden“ nur etwa 1—2 mal