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Anzeigepflicht unter Umständen auch der strafgerichtlichen
Ahndung. Als anzeigepflichtige Krankheiten wurden durch die
MinisterialVerordnung vom 13. Dezember 1883, Z. 20604: Blat
tern, Scharlach, Diphteritis, Typhus jeder Art,
Ruhr, Cholera, Kindbettfieber, Masern und Keuch
husten bezeichnet; später wurde für die Aerzte die Anzeigepflicht
auch auf Varizellen, Mumps, Genickstarre (Meningitis cerebro-spiralis
epidemica), Influenza, Rotlauf, Milzbrand, Rotz, Wutkrankheit aus
gedehnt, und bezüglich der Blattern, der Cholera und pestverdächtigen
Fälle die rascheste eventuell telegraphische Anzeige ängeordnet.
Im allgemeinen sind die Gemeindevorstehungen verpflichtet,
die ersten ihnen zur Anzeige gebrachten Fälle von Infektions
krankheiten der politischen Behörde sofort anzuzeigen, und über
den weiteren Verlauf derselben, sowie über weiterhin zugewachsene
Fälle wöchentlich eine Berichtstabelle der politischen Behörde
vorzulegen, welche in vierwöchentlichen Terminen die Berichte
über die vorgekommenen Infektionskrankheiten an die politische
Behörde zweiter Instanz und diese an das Ministerium des Inneren
zu erstatten haben.
Nur in besonderen Fällen, wie bei Pest, Cholera und Blattern,
oder über spezielle Anordnung des Ministeriums bei außerge
wöhnlichen Epidemien, wie Schweißfieber, epidemische Genick
starre u. dgl. sind abgekürzte Berichtstermiue oder die unver
zügliche, eventuell telegraphische Anzeige an die politischen Ober
behörden über jeden einzelnen Erkrankungsfall vorgeschrieben.
Diese Anzeigepflicht wurde sowohl durch Verordnungen der
politischen Behörden, als auch durch verschiedene Erlässe der
Landesschulbehörden in den einzelnen Kronländern den Schul
leitern auferlegt, indem dieselben verpflichtet wurden, den Ge
sundheitszustand der ihnen anvertrauten Schuljugend, sorgfältig
zu überwachen, und jeden infektionsverdächtigen Erkrankungsfall
unter derselben der Gemeindevorstehung beziehungsweise der Sa
nitätsbehörde anzuzeigen, welche ihrerseits auch verpflichtet ist,
jeden Fall einer Infektionskrankheit in der Familie eines schul
pflichtigen Kindes der betreffenden Schulleitung zur Kenntois zu
bringen. Der Schulleiter ist insbesondere auch verpflichtet, jeden
infektionsverdächtigen Erkrankungsfall im Schulhause selbst der.
Behörde anzuzeigen.
Diese Verfügungen der Behörden haben nicht nur zur Ein
schränkung der Infektionskrankheiten unter den Schulkindern