Volltext: Der Sammler 14. Jahrg. 1919 (1919)

zeigte man vielleicht denselben die älteste Reliquie 
des Frauenklosters, den romanischen Säulenkopf, 
der wohl auf die Stiftungszeit des Klosters zu 
rückgreifen dürfte. An dieser Stelle, die stets 
mit einer gewissen Achtung betreten wurde, hatte 
diese Relique auch einen wohlgeschätzten Platz, 
und ohne Zweifel ist es dieser Auffassung und 
Obsorge zu danken, daß diese Reliquie noch vor 
handen ist. 
Nach LamprechtS Aufzeichnungen erfahren 
wir, daß die Stiftskirche zum heiligen Lambert 
ursprünglich ein altdeutscher auf Säulen ruhen 
der Spitzbogenbau war, der in der Periode von 1766 
. bis 1770 durch den Baumeister Simon Frey aus 
München im italienischen Stile umgebaut wurde. 
Auch der Turm wurde zur selben Zeit umgebaut. 
Vielleicht hatte dieser Spitzbogenbau als Säulen 
halle früher keinen Turm, wie wir dies bei den 
romanischen Basiliken finden, oder war der vor 
handene Turm nicht mehr entsprechend, und 
suchte man die Turmbaufrage in der Art , zu 
lösen, wie sie unS heute gelöst erscheint, durch 
einen Aufbau auf den Raum, den wir bereits 
eingehend beschrieben haben. 
Gegenüber dieser Annahme gestützt auf die 
Bemerkung Lamprechts über die Geschichte des 
Klosters Suben, führen die bei den Ab 
nahmearbeiten der Reliefbilder gemachten Wahr 
nehmungen zu einer anderen Erklärung, die sich 
der Wahrscheinlichkeit über die einstmalige Ver 
wendung de§ abgeschlossenen Turmteiles, mehr 
nähert. Lamprecht schreibt, wie schon erwähnt, 
daß zu Reichersberg und Ranshofen auch in 
Suben ein Nonnenkonvent bestanden habe. Man 
trifft auch jetzt noch hinter dem Orgel-Chore 
Klosterfrauen in Stückarbeit und auf dem mitt 
leren Plafvndgemülde der Kirche sieht man einen 
feierlichen Zug, den Nonnen eröffnen oder viel 
mehr dabei teilnehmen." 
Nun ergab sich bei den vorerwähnten Ar 
beiten, daß in einem der vermauerten Fenster 
ein Spalt offen blieb, von dem aus man in 
die Kirche sehen kann. Es liegt die Vermutung 
nahe, daß Lamprecht diesen Raum meinte unter 
der Bezeichnung hinter dem „Orgelchore", und 
es drängt zu der Annahme, daß dieser Raum 
hinter dem Orgelchore, der Frauenchor war, 
der vom Frauenkonvente aus auf einer eignen 
Treppe zu erreichen war, so daß für die Kloster 
frauen hier die Klausur in der Kirche durchge 
führt erscheint. Aus^ bautechnischen Gründen 
für den Turmaufbau scheint diese Abmauerung 
erfolgt zu sein. 
Der in Rede stehende Abbau zeigt ein 
gotischer Spitzbogengewölbe, daß eine Einteilung 
für 16 Medaillon-Porträts aufweist, für welche 
die Umrahmung vollständig hergestellt ist. 
Bestückt waren nur 4 Felder, davon ist das ein 
gangs erwähnte im Jahre 19.17 abgestürzt, das 
zweite zeigte im Laufe dieser Jahrek bedenkliche 
Sprünge und ist von demselben auch ein Stück 
abgestürzt, während die beiden übrigen wohler 
halten sind, Die vollständige Ablösung sämtlicher 
Stückreliefs erwies sich daher dringend geboten, 
sollten nicht sämtliche zu Grunde gehen. Ent 
sprechend dem einschlägigen Berichte des Konser 
vators hat nun das StaatSdenkmalamt die 
Sicherung der Kunstdenkmäler angeordnet, hat 
hiezu die Genehmigung der Oberstaatsanwalt 
schaft eingeholt und nach Einlangen derselben 
wurde sofort mit den Abnahmrarbeiten begonnen. 
Die Ausführung wurde dem Musealverein über 
tragen und seitens desselben wurde der hiesige Maler 
und GipSgießer Max Rieger mit der Durchführung 
betraut. Die Abnahme der Stuckreliefs bereitete 
einige Schwierigkeiten, da sich die Annahme als 
ob die Reliefs zuerst fertiggestellt und dann in 
die Decke verankert worden wären, als nicht zu 
treffend erwies. Ein Absägen der Gipse an der 
Rückenwand und damit daS Abgleiten des ganzen 
Bildes war unmöglich. Die Reliefs wurden an 
der Decke anmödeliert. Es ist gewiß nicht un 
interessant zu erfahren, wie die» der Künstler 
ausgeführt hat. 
Er schuf sich zu erst aus starkem Draht 
ein Körpergerüst, ein förmliches Drahtgerippe, 
das mit starken Eisenklammern und Stiften 
im Mauermerk befestigt wurde. Auf diesen 
Drahtgelenken und Rippen, wurden die einzelnen 
Körperteile anatomisch richtig in Gips gegossen. 
Dadurch erzielte der Künstler Körperformen von 
größter Schönheit und Naturwahrheit. Ein 
flüchtiger Blick auf Gesicht und Hände ^ macht 
dies augenblicklich sinnfällig. Ebenso ist es mit 
der Gewandung und mit dein Nonnenschleier/ 
Die überreiche Faltung derselben verrät eine 
sehr geübte Hand. Die Darstellung meist 
durchaus gotische Art auf, wenn auch die Zeit 
der Anfertigung in die Baroke fällt und ausge 
sprochen italienisch ist. Die späteren Nonnen 
haben vielleicht früheren hervorragend enAbtissinnen 
ein Denkmal gesetzt. 
Daß bei der eben dargestellten Anarbeit 
der Reliefs die Abnahme nur stückryeise vorge- 
nommen werden konnte, ist wohl einleuchtend 
und bringt den mißlichen Umstand mit sich, daß 
die Wiederherstellungsarbeiten mühevoller und 
heikler sind, als eben erwünscht ist. Nachdem 
aber keine Stücke fehlen, ist die Erwartung be 
rechtigt, daß diese Kunstwerke aus alter Zeit in 
würdiger Weise wiedererstehen werden. Nicht 
unerwähnt mag bleiben, daß nur drei Bilder 
vollkommen ausgefertigt waren. Beim4. Bild ist 
die Arbeit unterbrochen worden. Selbe wurde 
auch später nicht mehr fortgesetzt. Der Kopf 
der Nonne ist vollständig Reinarbeit, während 
Brust und Hände nur eine rohe, nicht geformte 
Gipsauflage zeigen. Warum die Arbeiten so 
plötzlich eingestellt wurden, ist wohl nicht zu er 
klären. 
Ueber die Stückarbeiten des 17. Jahr 
hunderts, die in unserem Lande in Kirchen und
	        
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