Volltext: Der Sammler 14. Jahrg. 1919 (1919)

Staatsdenkmalamtes ergab die hohe Dringlichkeit 
baldigsten Eingreifens, um der Gefahr der Zer 
störung sämtlicher noch vorhandenen Bilder zu 
begegnen. Nachdem über das Besichtigungsergeb 
nis erstatteten Berichte hat sich das Staatsdenk 
malamt für die ehetunlichste Durchführung der 
Abnahme der gefährdeten Reliefs entschieden und 
bringt dies in der folgenden Zuschrift andenMuseal- 
verein zum Ausdrucke, indem das Staatsdenk 
malamt auch den genannten Verein materiell 
in die Lage versetzt, die Sicherungsarbeiten durch 
zuführen. Gleichzeitig stellt das Staatsdenkmal 
amt an die Oberstaatsanwaltschaft da? Ersuchen 
um Ueberlassung der zu sichernden Reliefbilder 
und um Zustimmung dazu, daß dieselben dem 
Stadtmuseum iir Schärding zur sicheren Aufbe 
wahrung übergeben werden. 
Der hiebei vorgezeichnete Weg erhellt aus 
der Zuschrift des Staatsdenkmalamtes an den 
hiesigen Konservator: 
Staatsdenkmalamt. Z. 2096 ex 1919. 
Wien, am 1. Oktober 1919. 
Betreff: Sicherungen von Denkmale 
in der Strafanstalt Süden, Ob.-Oest. 
An das Städtische Museum 
zu Handen de? Konservators Eduard Kyrie 
in Schärding. 
In der Anlage beehrt sich das Staats 
denkmalamt abschriftliche 2 Gesuche an die 
Direktion der Staatsanwaltschaft in Wien und 
eine Zuschrift an die Direktion der Strafanstalt 
in Tuben zu übersenden. 
Nachdem aus einem Berichte des ho. Re 
ferenten entnommen wurde, daß sich das Stadt 
museum in Schärding bereit erklärt, die not 
wendigen Arbeiten zur Sicherung der Stuckreliefs 
und des romanischen Säulenkapitäls durchzu- 
führen und diese Objekte gegebenenfalls in die 
Obhut des Museums zu übernehmen, bewilligt 
das Staatsdcnkmalamt zu diesen Zwecken 
eine Subvention von 1000 (sage tausend) 
Kronen unter der Bedingung, daß bei der Ab 
nahme des Reliefs mit der größten Sorgfalt 
vorgegangen wird und folgende Art der Abnahme 
stattfindet: 
1. Soferne von den Medaillons und zwar 
von jedem einzelnen noch nicht gute photogra 
phische Aufnahmen gemacht sein sollten, sind solche 
vor Abnahme auf ho. Kosten zu veranlassen. 
2. Die Medaillons sind mit einem einfachen 
Gerüst zu unterfangen und dieses derartig anzu 
legen, daß zwischen der Gerüstplattform und dem 
Medaillon ein Zwischenraum von etwa 30 cm 
bleibt. 
3. Die Gerüstplattform ist, angepaßt den 
Stuckreliefs, mit Holzwolle, Heu oder sonstigen 
derartigen Stoffen fest aber elastisch zu polstern 
und dann die Gerüstplattform möglichst innig 
an das Relief anzupressen. 
4. Hierauf wird daS Relief mit einem 
breiten, aber dünnen Instrument vorsichtig und 
sorgfältig von seiner Unterlage losgelöst und so 
bald dies vollständig geschehen ist, auf der Ge 
rüstplattform soweit gesenkt, daß auf der Rück 
seite des Reliefs eine etwa 5 cm starke Gips 
schicht aufgetragen werden kann. Diese läßt 
man vollständig erhärten., 
5. Sodann wird das Relief von seiner- 
federnden Unterlage genommen und in eine 
vorbereitete Holzkassette eingesetzt, die genau die 
Größe und Form der an der Decke befindlichen 
Stuckumrahmungen haben muß. 
Sollte für die Ausführung dieser Arbeiten 
im dortigen Wirkungskreise eine taugliche Person 
nicht aufzufinden sein, so ist das Staatsdenkmal 
amt bereit, von hier aus eine geeignete Person 
zur Verfügung zu stellen, erlaubt sich aber zu 
bemerken, daß dieser Fall die Kosten der Ab 
nahmearbeiten wesentlich verteuern würde. 
Der Vorstand des Staatsdenkmalnmtes: 
Schubert. 
Es steht demnach zu erwarten, daß diese 
Angelegenheit eine für das Stadtmuseum erfreu 
liche Lösung finden wird. 
Ueber das Entstehen dieser Frauenbilder 
und warum dieselben im Turme angebracht sind, 
herrscht ein gewisses Dunkel,.das zu durchdringen 
schon deshalb schmierig ist, da auch die Emsigkeit 
unsere? Geschichtsschreibers I. E. Lamprecht sich 
nur in Vermutungen ergeht. Von der ältesten 
Baugeschichte des Klosters Süden dürfte nichts 
mehr vorhanden sein und eben diese wäre wichtig 
zur Beurteilung der Frage, wie denn, d. h. warum 
denn die Bilder der Äbtissinnen im Glockentnrme 
ihr Unterkommen gefunden haben. Lamprecht 
schreibt: Das Kloster Suden hatte vom Jahre 
1142 bis zur Auslösung des Chorherrnstiftes, 
1787, 53 Pröbste, und bemerkt hiezu: wie in 
Reichcrsberg und Ranshofen, scheint auch in 
Suden ein Nonnen-Convent bestanden zu haben. 
Das wird wohl zutreffend sein, und von dieser 
Anschauung aus wollen wir zu erklären ver 
suchen, wie die erwähnten Bilder in den Kirchen 
turm gekommen sein könnten. 
Der Aufbau des letzteren ist ganz eigen 
artig. Er ist verhältnismäßig niedrig und besteht 
eigentlich aus 3 Etagen: einem breitspurigen 
Rundbau als erste Stufe, einem sich hierauf 
stellenden verjüngten Mittelbau, der die Glocken 
enthält und einem letzten schmäleren Aufsatz mit 
dem Turmdache. 
Die erste Etage, der breitspurige Unterbau 
des Turmes enthält einen in Spitzbogen zu 
laufenden Plafond, der in gotischer Art kassetiert 
ist, an dem die in Rede stehenden Reliefbilder an 
gebracht sind und waren. Der Raum zeigt nach 
allen Seiten große vermauerte Fenster. 
Lamprecht ermähnt in seiner Beschreibung des 
Klosters Süden die herrliche Rundsicht, die sich 
dem Beschauer von diesem Turme aus bietet.
	        
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