Volltext: Der Sammler 14. Jahrg. 1919 (1919)

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wurde. Nicht anders war es bezüglich der Ge 
selligkeit. Galt doch auch einmal in unserer 
Stadt der Gruß: „Frohsinn, Frohsinn, liebe Leute" 
fast allgemein! Der Frohsinn war eine Gesell 
schaft aus allen Ständen, von ihm wollen wir 
Einiges erzählen. Die Handhabe dazu bietet ein 
stattliches Buch, vollgeschrieben von ein und 
derselben Hand. 
Das Buch stellt den geistigen Niederschlag 
der Gesellschaft Frohsinn dar, die nebst dem 
Liede und der belebenden Unterhaltung auch dem 
Gedankenleben huldigte. 
Wir finden 250 voll und klein geschriebene 
Seiten, deren Inhalt wir des Näheren besehen 
wollen.. Es trägt den Titel „Sammlung der 
von der Schärdinger Gesellschaft des Frohsinns 
gelieferten Elaborate im Jahre 1839/40" und um 
faßt die Winterszeit vom Beginn Dezember 1839 
bis April 1840. 
Geschrieben ist selbes mit sorgfältiger Hand 
vom nachmaligen Bürgermeister Josef Kyrle. 
Wenn wir die einzelnen Beiträge besehen, zu 
denen auch die zahlreichen hübschen Bilderrätsel 
gezählt werden sollen und die Namen der Ver 
fasser nennen, so zeigt sich eine stattliche Reihe 
von tätigen Mitgliedern. 
Folgende Mitglieder erscheinen mit ihren 
Beiträgen oft im Vereinsbuche', sie waren die 
eifrigsten und mancher Namen dürften da und 
dort in der Erinnerung noch nachklingen. Fahrer, 
Posthalter, Neuhaus, Kirchböck, Kaufmann, 
Baumgartner, Brauer, Glück, Beamter, Hoch 
egger, Schullehrer, Dr. von Paßy, kaiserl. Pfleger, 
Detzlhofer, Redtenbacher, Beamter, Kramer, 
Schachtner, Ratschker, Benefiziat, Savoy, Stein 
wender, Börger, Gerichtsadjunkt, Schmid, Tietz, 
Baron Weidmannsdorf, Karl Waindl,Hutmacher, 
Neuhaus, I. Schnallinger, Postexpeditor, Schüdl, 
Maler, A. Miller, Chirurg, Rößler, I. Kopf, 
Kaufmann, Ritter von Laminel, Tabakverleger, 
Dreiblmayc, Kaufmann, Gebhardt, Hochwimmer, 
Wishofer, Kupferschmid, Hast, Steuerinspektor, 
Dr. Spitaler, Arzt, Paumgartner, Goldschmied, 
Rumwolf, Barbier, von Poth, Postmeister, Dr. 
Sentevy, Arzt. 
Eifrig waren die Frohsinnsleule bei der 
Sache, das beweist der Inhalt des Buches. 
Die einzelnen Mitglieder machten für den 
Geselligkeitsabend ihre Einsendungen. Der Zahl 
nach war in dem angegebenen Zeitabschnitte 
wöchentlich ein Frohsinn-Abend. So finden wir 
Unterhaltungsblätter mit 213 Einsendungen. 
Dabei wurde wohl strenge darauf gesehen, daß 
nicht ein fremdes Geistesprodukt Eingang findet. 
Jedes Mitglied der Gesellschaft mußte mit seiner 
eigenen Arbeit auftreten. Das geht schon daraus 
hervor, daß wir in einzelnen Gedichten umständ 
liche 'Entschuldigungen darüber lesen, daß der 
Geist dem Willen zum Dichten nicht recht Folge 
leisten wollte. Aber trotz dieser manchmal be 
greiflichen Schwierigkeit lesen sich diese poetischen 
Ergüsse anregend und ursprünglich in Gedanken 
und Form. Einige Beispiele werden uns dies 
veranschaulichen. Aber mit Gedichten allein war 
es bei weitem nicht abgetan. Wir finden reich 
liche Abwechslung in den Mitgliederbeiträgen 
schöngeistiger Art. So alle Abstufungen von 
Rätseln, Buchstaben, Silben und Bilderrätsel, 
Scharaden, das sind Buchstaben- und Silben 
rätsel zugleich. 
Gelegenheitsgedichte, dann solche ernsten 
und heiteren Inhaltes, Romanzen, Probleme, 
Logogriphe, das sind Wort und Buchstabenrätsel 
zugleich, Palindrome, Rätsel über ein Wort, das 
von vorn und rückwärts gelesen einen Sinn gibt, 
z. B. Regen—Neger, Gras—Sarg. 
Anagramme, die Versetzung der Buchstaben 
eines oder mehrerer Worte, um dadurch ein 
neues Wort oder einen neuen Satz zu bilden. 
Ferners finden wir Widmungen, den Rösselsprung, 
Gsangln und Briefe, Minne-Gedichte. 
Also eine überaus reiche Abwechslung an 
Stoff zum Nachdenken. Wer seiner gesellschaft 
lichen Aufgabe nicht nachkam, wurde zur Strafe 
verhalten. Der Erlös derselben wurde dem da 
mals im Werden begriffenen Krankenhausbau- 
fonde zugewiesen. 
Das Gesellschaftsbuch trägt folgendes zwei 
silbiges Rätsel von Steinwender als Motto: 
Der Jüngling ist's, wenn ihre Lippen 
Zum ersten Kuß die Braut ihm beut. 
Der Ehmann ist's, wenn von Tantippen, 
Der Sensenmann ihn hat befreit. 
Wer Rätsel ohne mich will schreiben, 
Wer ohne mich gelehrt will sein, 
Der lasse solch' Gedanken bleiben. 
Sonst sperrt man einst als Narr ihn ein. 
Das Ganze: 
Ich bin die Seele muntrer Brüder, 
Ich scheuche allen Mißmut fort, 
Drum setz' ich unter Euch mich nieder. 
Verbannt mich nie von diesem Ort. 
Drum Brüder haltet froh zusammen 
Und nennet Euch nach meinem Namen. 
(Frohsinn.) 
In eben diesem ersten Blatte schreibt Kirch 
böck, Chirurg in Neuhaus: 
„Nichts kann mehr Unterhaltung gewähren 
als eine Gesellschaft, in welcher es sich ein Jeder 
selbst zur Aufgabe macht, alles beizutragen, das 
allgemeine Vergnügen zu erhöhen, in welcher 
Jeder bemüht ist, zu verhüten, daß ein falscher 
Ton den Klang der harmonischen Freude kränke. 
Ein beständiger Wechsel der Stoffe des Ver 
gnügens würzt die Freude und gründet flotte 
Neuheit. Wissenschaftlich zu disputieren sind auch 
unerläßliche Dinge in gebildeten Zirkeln, sind 
die Seele aller Unterhaltungen, denn nur sie 
allein bieten uns die unerschöpfliche Quelle neuer
	        
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