Volltext: Der Sammler 11. Jahrg. 1915 (1915)

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diesem Zwecke, wie bekannt, das.alte Schloßtor 
zur Verfügung. Damit kamen Schwung und Be 
geisterung für die Ausgestaltung des Gebäudes 
zu einem Stadtmuseum in die bis zur Zeit ftiH' 
genährten Hoffnungen mit dem Musealgedanken 
durchzudringen. Die Zuwendungen und das all 
gemeine Interesse nahmen in der erfreulichsten 
Weise einen nicht erwarteten Aufschwnng. 
Das Stadtmuseum gereicht heute dem 
Musealverein zur Freude, da auch dessen Dar 
bietungen in Form und Inhalt von allen zu 
ständigen Seiten anerkannt werden. Das Ar 
beitskomitee entwickelte infolge der oben bespro 
chenen günstigen Umstände eine rege Tätigkeit. 
Die Grabdenkmäler, welche noch einzeln in der 
früheren Friedhofmauer an der Stadtpfarrkirche 
angebracht und dem Wind und Wetter am meisten 
ausgesetzt waren, wurden geborgen, das Denkmal 
Herzog Ludwigs des Gebarteten im Glocken 
hause der Stadtpfarrkirche fand seitens des Pfarr 
amtes eine eingehende Restaurierung und einen 
bleibenden ^Schutz vor weiterer Verunstaltung 
und Zerstörung. Die Anregung zur Wiederher 
stellung der sehr verwahrlosten Bilder an den 
Häusern der Stadt fand die Zustimmung der 
Stadtgemeinde und wurde mit erheblichen Kosten 
seitens der Letzteren durchgeführt. Erfolgreich 
war - auch das Eingreifen des Musealvereins 
gegen die Verschleppung des Marmorportales 
der ehemaligen heiligen Geistspitalskirche, das 
für Berlin angekauft werden sollte. Dadurch, 
daß im Wege der k. k. Zentralkommission für 
Denkmalschutz zum Ankauf durch die Stadtge 
meinde eine Subvention von 5000 Kronen vom 
k. k. Unterrichtsministerium bewilligt wurde, war 
das Portal für die Stadt gerettet. 
Nicht minder erfreulich im Erfolge gestaltete 
sich die Angelegenheit des Baues des k. k. Amts 
gebäudes. Es gelang dem vereinten Bemühen 
des Musealvereins mit der Stadtgemeinde eben 
falls durch die k. k. Zentralkommission und in 
Sonderheit durch ein machtvolles Wort deren 
Protektors, daß auf das Ortsbild Rücksicht ge 
nommen werden mußte, und daß daher an Stelle 
des geplanten fassadelosen Zweckmäßigkeitsbaues 
ein Baustil eingehalten werden mußte, der, wenn 
auch bedeutende Mehrkosten verursachend, ein 
wandfrei ist. 
Im Jahre 1909 pulsierte im Musealverein 
das Leben am regsten. Das war auch der Grund, 
daß der Gedanke, die Erinnerung an das Unglücks 
jahr „1809", für Schärding in einfacher aber an 
schaulicher Weise zu begehen, rasch Wurzel fassen 
konnte. So entstand die Gedenkfeier, die unter der 
Beteiligung der gesamten Stadtbewohner und im 
Beisein zahlreicher von auswärts in die Heimat 
gekommener Schärdinger einen sehr regen Verlauf 
nahm. Welch starken Rückhalt der Musealverein 
bei seiner Durchführung in den Bewohnern der 
Stadt hatte, beweist die Möglichkeit der Schaffung 
der am Rathause prangenden Gedenktafel, die 
den späteren Geschlechtern vor Augen führen soll, 
was die Stadt in den napoleonifchen Kriegen zu 
erdulden hatte. Die Beurteilung dieser Zeit durch 
die Gegenwart findet sich in der anziehendsten 
Form in dem Gedenkspiele <Franzosennot" nieder 
gelegt und bleibt die Erinnerung an die Jn- 
szenesetzung desselben der Glanzpunkt aller 
Vereinsunternehmungen des abgelaufenen De 
zenniums. 
Die Durchführung der Gedenkfeier im Jahre 
1909 nahm die Tätigkeit des Arbeitsausschusses 
und zahlreicher Vereinsmitglieder sehr in Anspruch. 
Der Erfolg war dafür dankenswert. Die Stadt 
schmückt ein würdiges Erinnerungszeichen. 
Im Jahre darauf erwarb der Musealverein 
mit namhaften Kosten die Mat'lsche Weihnachts 
grippe. Veranlassung dazu war der Umstand, 
daß diese große Weihnachtsgrippe, die eine Länge 
von sechs Meter zeigt, in allen ihren Teilen, die 
einzelnen Figuren nicht ausgenommen, Arbeit 
und Phantasie eines Schärdinger Gärtners 
waren, daß alle Teile von demselben angefertigt 
waren. Die Krippe sollte nicht aus der Stadt 
kommen. Daher wurde auch der hohe Preis von 
600 Kronen für dieselbe bezahlt. Schon im 
Jahre 1910 wurde der Gedanke an die Wieder 
errichtung der alten Stadtbrunnen ernstlich in 
Erwägung gezogen. Bis derselbe zur Ausfüh 
rung kam, mußten fast vier Jahre vergehen. Nun 
aber steht bereits der St. Georgsbrunnen un 
verrückbar am unteren Stadtplatz. Er ist der 
Ausdruck der Tätigkeit des Musealvereins im 
Hinblicke auf die Bestrebungen des Letzteren auf 
Erhaltung und Ergänzung des Stadtbildes wäh 
rend der letzten drei Jahre. Ob die Zukunft der 
Verwirklichung weiterer Gedanken und Absichten 
des Musealvereins günstig sein wird, ist eine 
Frage, die davon abhängt, daß die Stadtgemeinde 
die Bestrebungen des Ersteren in gleichein Maße 
fördert wie bisher, daß das in sichtbarem Zurück 
gehen begriffene Interesse der Stadtbewohner in 
Zukunft nicht weiter um sich greift, und daß 
wieder eine Zeit kommt, in der die Bestrebungen 
des Vereins auch wieder materielle Unsterstützung 
finden können. 
Es hieße aber das Bild der zehnjährigen 
Vereinstätigkeit unvollständig wiedergeben, würde 
nicht auch auf die Tätigkeit desselben in der Um 
gebung verwiesen werden können. Das städtische 
Museum hat schon im Laufe feines Werdens die 
Grenzen eines rein städischen Museums über 
schritten, indem es sich im Sinne der Heimat 
kunde im Allgemeinen zu einem Museum der 
Stadt und des Bezirkes.Schärding ausgestaltet 
hat, indem der Musealverein seine Arbeiten auch 
auf Sammlung und geschichtliche Erkundung der 
Umgebung ausdehnte. 
(Schluß folgt.) 
Herausgeber: Der Museal-Berein Schärding. — Verantwortlicher Redakteur: Joh. Vees, Schärding. 
Druck I. Vees. Schärding.
	        
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