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diesem Zwecke, wie bekannt, das.alte Schloßtor
zur Verfügung. Damit kamen Schwung und Be
geisterung für die Ausgestaltung des Gebäudes
zu einem Stadtmuseum in die bis zur Zeit ftiH'
genährten Hoffnungen mit dem Musealgedanken
durchzudringen. Die Zuwendungen und das all
gemeine Interesse nahmen in der erfreulichsten
Weise einen nicht erwarteten Aufschwnng.
Das Stadtmuseum gereicht heute dem
Musealverein zur Freude, da auch dessen Dar
bietungen in Form und Inhalt von allen zu
ständigen Seiten anerkannt werden. Das Ar
beitskomitee entwickelte infolge der oben bespro
chenen günstigen Umstände eine rege Tätigkeit.
Die Grabdenkmäler, welche noch einzeln in der
früheren Friedhofmauer an der Stadtpfarrkirche
angebracht und dem Wind und Wetter am meisten
ausgesetzt waren, wurden geborgen, das Denkmal
Herzog Ludwigs des Gebarteten im Glocken
hause der Stadtpfarrkirche fand seitens des Pfarr
amtes eine eingehende Restaurierung und einen
bleibenden ^Schutz vor weiterer Verunstaltung
und Zerstörung. Die Anregung zur Wiederher
stellung der sehr verwahrlosten Bilder an den
Häusern der Stadt fand die Zustimmung der
Stadtgemeinde und wurde mit erheblichen Kosten
seitens der Letzteren durchgeführt. Erfolgreich
war - auch das Eingreifen des Musealvereins
gegen die Verschleppung des Marmorportales
der ehemaligen heiligen Geistspitalskirche, das
für Berlin angekauft werden sollte. Dadurch,
daß im Wege der k. k. Zentralkommission für
Denkmalschutz zum Ankauf durch die Stadtge
meinde eine Subvention von 5000 Kronen vom
k. k. Unterrichtsministerium bewilligt wurde, war
das Portal für die Stadt gerettet.
Nicht minder erfreulich im Erfolge gestaltete
sich die Angelegenheit des Baues des k. k. Amts
gebäudes. Es gelang dem vereinten Bemühen
des Musealvereins mit der Stadtgemeinde eben
falls durch die k. k. Zentralkommission und in
Sonderheit durch ein machtvolles Wort deren
Protektors, daß auf das Ortsbild Rücksicht ge
nommen werden mußte, und daß daher an Stelle
des geplanten fassadelosen Zweckmäßigkeitsbaues
ein Baustil eingehalten werden mußte, der, wenn
auch bedeutende Mehrkosten verursachend, ein
wandfrei ist.
Im Jahre 1909 pulsierte im Musealverein
das Leben am regsten. Das war auch der Grund,
daß der Gedanke, die Erinnerung an das Unglücks
jahr „1809", für Schärding in einfacher aber an
schaulicher Weise zu begehen, rasch Wurzel fassen
konnte. So entstand die Gedenkfeier, die unter der
Beteiligung der gesamten Stadtbewohner und im
Beisein zahlreicher von auswärts in die Heimat
gekommener Schärdinger einen sehr regen Verlauf
nahm. Welch starken Rückhalt der Musealverein
bei seiner Durchführung in den Bewohnern der
Stadt hatte, beweist die Möglichkeit der Schaffung
der am Rathause prangenden Gedenktafel, die
den späteren Geschlechtern vor Augen führen soll,
was die Stadt in den napoleonifchen Kriegen zu
erdulden hatte. Die Beurteilung dieser Zeit durch
die Gegenwart findet sich in der anziehendsten
Form in dem Gedenkspiele <Franzosennot" nieder
gelegt und bleibt die Erinnerung an die Jn-
szenesetzung desselben der Glanzpunkt aller
Vereinsunternehmungen des abgelaufenen De
zenniums.
Die Durchführung der Gedenkfeier im Jahre
1909 nahm die Tätigkeit des Arbeitsausschusses
und zahlreicher Vereinsmitglieder sehr in Anspruch.
Der Erfolg war dafür dankenswert. Die Stadt
schmückt ein würdiges Erinnerungszeichen.
Im Jahre darauf erwarb der Musealverein
mit namhaften Kosten die Mat'lsche Weihnachts
grippe. Veranlassung dazu war der Umstand,
daß diese große Weihnachtsgrippe, die eine Länge
von sechs Meter zeigt, in allen ihren Teilen, die
einzelnen Figuren nicht ausgenommen, Arbeit
und Phantasie eines Schärdinger Gärtners
waren, daß alle Teile von demselben angefertigt
waren. Die Krippe sollte nicht aus der Stadt
kommen. Daher wurde auch der hohe Preis von
600 Kronen für dieselbe bezahlt. Schon im
Jahre 1910 wurde der Gedanke an die Wieder
errichtung der alten Stadtbrunnen ernstlich in
Erwägung gezogen. Bis derselbe zur Ausfüh
rung kam, mußten fast vier Jahre vergehen. Nun
aber steht bereits der St. Georgsbrunnen un
verrückbar am unteren Stadtplatz. Er ist der
Ausdruck der Tätigkeit des Musealvereins im
Hinblicke auf die Bestrebungen des Letzteren auf
Erhaltung und Ergänzung des Stadtbildes wäh
rend der letzten drei Jahre. Ob die Zukunft der
Verwirklichung weiterer Gedanken und Absichten
des Musealvereins günstig sein wird, ist eine
Frage, die davon abhängt, daß die Stadtgemeinde
die Bestrebungen des Ersteren in gleichein Maße
fördert wie bisher, daß das in sichtbarem Zurück
gehen begriffene Interesse der Stadtbewohner in
Zukunft nicht weiter um sich greift, und daß
wieder eine Zeit kommt, in der die Bestrebungen
des Vereins auch wieder materielle Unsterstützung
finden können.
Es hieße aber das Bild der zehnjährigen
Vereinstätigkeit unvollständig wiedergeben, würde
nicht auch auf die Tätigkeit desselben in der Um
gebung verwiesen werden können. Das städtische
Museum hat schon im Laufe feines Werdens die
Grenzen eines rein städischen Museums über
schritten, indem es sich im Sinne der Heimat
kunde im Allgemeinen zu einem Museum der
Stadt und des Bezirkes.Schärding ausgestaltet
hat, indem der Musealverein seine Arbeiten auch
auf Sammlung und geschichtliche Erkundung der
Umgebung ausdehnte.
(Schluß folgt.)
Herausgeber: Der Museal-Berein Schärding. — Verantwortlicher Redakteur: Joh. Vees, Schärding.
Druck I. Vees. Schärding.