Nr 6 - 11 Iahrg.
Beilage „Kchärdinger Mschendlatt"
Juni 1913.
Dsv -8ammlep.
Mitteilungen de8 Vereines zur Erhaltung des Stadtmuseums und zur Erhaltung des bau-
lichen Charakters der Stadt Schärding.
Anhalt: Fünfzigjähriges Jubiläum.
Wnlrigjähriges Kbiläum.
Zum wiederholten Male hatten wir schon
Gelegenheit in diesen Blättern auf die verschiedenen
Arbeiten I. E. Lamprechts hinzuweisen, die für
die Geschichte der Stadt Schärding geradezu be
deutungsvoll geworden sind.
Jnsbesonders haben wir uns oft das soge
nannte Häuserverzeichnis zu Nutze gemacht. Nicht
nur, daß wir dasselbe unter Nr. 723 des Mu-
seums-Kataloges einer genauen Beschreibung
unterzogen hatten — mehr als das, wir haben
dieses Sammelwerk stets als etwas Hervorragendes
betrachtet, haben manche Auszüge aus demselben
gebracht und haben es niemals unterlassen, auf
den Wert und auf die Bedeutung dieses Buches
für die Stadtgeschichte hinzuweisen.
Dieses Häuserverzeichnis feiert in diesem
Jahre das fünfzigjährige Jubiläum.
Auf dem kaligraphisch künstlerisch geschrie
benen Titelblatte lesen wir wie folgt:
„Verzeichnis sämmtlicher-Wohn- und Wirt
schafts-Gebäude in der Stadt Schärding und
deren Besitzer in einer fast dreihundertjährigen
Aufeinanderfolge aus den städtischen Notenbücheln,
Grundbüchern und aus der Bürger-Matrikel nach
gewiesen. Zusammengestellt und dem löblichen
Gemeinderate der k. k. lf. Stadt Schärding ehr-
erbitigst gewidmet von Johann Ev. Lamprecht,
Weltpriester und Ehrenbürger, 1865".
Also vor 50 Jahren ist dieses umfangreiche
Werk, das Lamprecht in seiner Bescheidenheit
ein „Verzeichnis" nennt, zum Abschlüsse ge
kommen.
Es ist zweifellos, daß, wenn der gelehrte
Verfasser nicht einen ganz zu bescheidenen Titel
für dieses höchst mühevolle Werk gewählt hätte,
selben von allem Anfange an schon jenes allge
meine Interesse entgegengebracht worden wäre,
das es so sehr verdiente. Es blieb mehr eine
verborgene Blume. Wohl können wir uns die
Befriedigung des Verfassers vorstellen, als
er das Werk seines großen Wissens und seines
Bienenfleißes dem damaligen Stadtbürgermeister
Josef Kyrle überreichte, voll erfüllt vom dem Ge
danken, daß er neuerlich seiner Vaterstadt einen
wertvollen Tribut gezollt hat. Wir können die
Verfassung dieses Geschichtswerkes auch als Dank
für die Ernennung zum Ehrenbürger auffassen,
denn zeitlich ist dies gewiß zulässig.
Sei es so oder so — bei Betrachtung dieses
sogenannten Häuserverzeichnisses kommt man
immer mthr ins Staunen über die Ausdauer
und über die Sorgfalt, womit alles wissenswerte
über unsere Häuser und über deren Besitzver
hältnisse zusammengefaßt ist.
Nach nunmehr fünfzig Jahren ist auch ein
regeres Interesse für Alt-Schärding erwacht, das
im Stadtmuseum und im Musealverein einen
beredten Ausdruck findet. Es ist daher wohl
verständlich, wenn dieserseits die Tatsache nicht
übersehen wird, daß sich die Stadt bereits durch
eine so lange Reihe von Jahren nebst der
Chronik, noch eines zweiten hervorragenden Ge
schichtswerkes rhres Sohnes I. Ev. Lamprecht
erfreut. Bei dieser Erinnerung ist es auch an
gebracht, in das Werk tiefer zu blicken,
Einiges aus demselben zu entnehmen und der
Allgemeinheit vorzuführen, nachdem der Einblick
in das handschriftliche Werk allgemein nur schwer
möglich ist.
Um ganz verständlich zu werden, hat Lam
precht einen Situationsplan der Stadt gezeichnet,
der den Titel trägt:
„Situations-Plan der Churfürstlich bayri
schen Grenzstadt im 17. Jahrhundert, gezeichnet
von I. Ev. Lamprecht, Weltpriester und Ehren
bürger." Nebst der Windrose sehen wir auf der
Karte einen griechischen Tempel, der im Tempel
felde obige Aufschrift trägt. Man sieht an diesem
Stadtplan sehr schön und deutlich wie sich alle
Häuser einzig und allein um das Schloß grup
pieren, das ja den Ausgangspunkt zur Erbauung
der Stadt gegeben hat Mit der Geschichte des
Schloßgebäudes beginnt auch die lange Reihe
der Aufzeichnungen. Um eine Vorstellung der
Art derselben zu gewinnen, wollen wir wörtlich
in einigen Beispielen Lamprechts folgen: