Volltext: Der Sammler 11. Jahrg. 1915 (1915)

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Felsen abgerungen wurde, hat es noch 
kerne Sprengmittel gegeben. Das wäre jetzt 
klar bewiesen, wenn wir nicht auch einen anderen 
ebenso untrüglichen Beweis zur Hand hätten. 
Das älteste Bild aus Schärding, das wir 
im Museum bewahren, ist eine große Votivtafel, 
die uns besagt, daß anno 1491 ein Schloßfräulein 
in den tiefen Brunnen gestürzt ist, und daß das 
selbe wie durch ein Wunder vom Tode gerettet 
wurde. Im Jahre 1491 hat man in der Stadt 
Schärding mit Pulver gewiß noch nicht hantiert 
und da am Bilde auch der innere Schloßhof 
mit dem hohen Wartturme zu sehen ist, so folgt 
daraus, daß auch der Brunnen schon mit den 
Gebäuden entstanden ist, womit wir bis in den 
Ansang des 14. Jahrhunderts zurückkommen. 
Somit haben wir durch die geschilderten 
Erhebungen erfahren, daß wir es nebst den 
Fundamenten der Jnubrücke, die noch aus der 
Zeit der Herrschaft der Babenberger, also aus 
dem 13. Jahrhundert, stammen, beim Schloß 
brunnen mit einem der ältesten Bauwerke der 
Stadt zu tun haben; vielleicht erfreuen sich die 
selben sogar gleichen Alters. 
Es war gewiß ein gewaltiges Stück Arbeit 
bis selbe durchgeführt war; ergab doch die 
Messung bis zum festen Grund 26-5 Meter. — 
Der Wasserspiegel wurde vom oberen Brunnen- 
rande ab schon bei 5-3 Meter festgestellt, 
daher zur Zeit der Erhebungen ein Wasser 
stand von 21'2 Meter festgestellt wurde. 
Mit diesen Feststellungen müssen wir uns be 
gnügen und wir können mit denselben insoferne 
uns zufrieden geben, als der eine Zweck erreicht 
wurde, daß ein nunmehr schon längst aus dem 
Gesichtskreise verlorenes uraltes Bauwerk der 
Stadt der gänzlichen Vergessenheit entrissen 
wurde. Vielleicht wird die Zeit die Möglichkeit 
geben, doch wenigstens den Brunnenüberbau nach 
Muster des Schloßbrunnens in Neuburg weiter 
aufzurichten, wenn auch die schöne Idee der 
Besichtigung des Brunnenschachtes durch versenk 
bares Licht nicht zu bewerkstelligen ist. 
Die Weitzenau. ' 
Im oberen Steinbach sind zwei Bauernhöfe 
gelegen, von denen der eine den Namen beim 
Musel, der Andere beim Weitzenauer führt. 
Vom letzteren hat die gesamte Liegenschaft den 
Namen. 
Zweimal haben diese Oertlichkeiten für die 
Stadt ein besonderes Interesse gewonnen. In 
der neueren Zeit spielen selbe in der Erinnerung 
des Baues der Hochquellen-Wasserleitung eine 
bedeutende Rolle, kommen aus deren Bereiche 
doch die besten Wasser. 
Viel früher aber, schon zur Zeit der 
napoleonischen Kriege, war die Weitzenau nach 
Lamprecht ein Zufluchtsort der hartbedrängten 
Stadtbewohner Als im April 1809 -die Stadt 
dem französischen Einbrüche zum Opfer fiel, als 
die Franzosen plündernd die brennende Stadt 
durchzogen, flüchteten die Bewohner in die 
Wälder und viele suchten in der Weitzenau ein 
Unterkommen. Unter den vielen war auch der 
Landesgerichtskontrollor Ferdinand Stöger, dem 
wie bekannt die Stadt durch sein späteres mutiges 
Verhalten so viel zu danken hat. Sein Aufenthalt 
in der Weitzenau wurde von den französischen 
Soldaten ausgekundschaftet, von wo er unter 
Anwendung roher Gewalt weggeschleppt wurde. 
— Am Weitzenauer-Hofe wurde im Laufe der 
Zeit viel umgebaut und heute ist er ein stattlicher 
Bauernhof in zeitgemäßer Art. Aber das alte 
Holzhaus, das eigentliche Wohnhaus, ist noch in 
der ursprünglichen Form erhalten und fesselt 
daher unser Interesse. 
Wohl zum Gedächtnisse an jene Zeit hat 
nun Herr Oberlehrer Franz Degu das alte Haus 
mit künstlerischer Hand im Abbilde ver 
ewigt und hat selber dieses schöne ansprechende 
und viel erzählende Bild dem Museum zum 
Geschenke gemacht. 
Mit dieser freundlichen sinnigen Zuwendung 
ist das Museum um ein reiches Blatt für die 
Stadtgesch chte bedacht worden, wofür dem 
Spender wohl der allerbeste Dalik gebührt. 
ver gnadenreiche ?us§ der heiligen Maria. 
Die Fußfläche der hl. Maria auf Papier über 
tragen. Ein uralter Ausschnitt mit Randver 
zierung und Beschreibung. 
Die Länge des Fußes beträgt 20 cm, die 
vordere Fußbreite 8-5 cm, die Mitte 7 cm, die 
Fersenbreite 7-4 cm. Innerhalb des gezackten 
Randstreifens lesen wir folgende säuberlich ge 
haltene Schrift : 
„Es lebe Maria die heiligste Jungfrau und 
Gottesmutter/' — -j- Dies ist das wahre Maß 
von dem Fuße der allerseligsten Mutter Gottes; 
genommen von dem wahren Schuhe, welchen 
man in einem Kloster in Spanien aufbew hrt. 
Papst Jnoeenz XXII. verlieh 300 Jahre Ablaß 
allen denjenigen, welche dreimal dieses Maß 
küssen und drei „Gegrüßt seist du Maria" beten. 
Dieses wurde vom Papste Clemens VIII. be 
kräftigt im Jahre 1603. Da in Betreff dieses 
Ablasses keine Zahl geschrieben ist, so kann man 
ihn gewinnen so oft man nur will. Auch kann 
man diesen Ablaß den Armen Seelen im Fege 
feuer schenken. Nach diesem Maße ähnliche zu 
machen ist jedermann erlaubt und diese haben 
den nämlichen Ablaß. Mutter der Gnaden 
Marias, o bitte für unsl 
Diese Fußgröße Marias gehört zu jener 
Gruppe von Anrufungen, welchen auch die 
bekannten Leibeslängen Christi und Marias 
zuzuzählen sind. Von letzteren besitzt das 
Stadtmuseum zwei Exemplare, von denen 
das eine aus Köln am Rhein 1710 stammt. Die
	        
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