Volltext: Der Sammler 7. Jahrg. 1911 (1911)

— 4 — 
wohl aber die der Bronze, einer Metalllegierung, 
vor dem Eisen. Obwohl der Streit um das 
Dreiperiodensystem, insbesonders um die Priorität 
der Bronze vor dem Eisen lange gedauert hat 
und auf beiden Seiten keineswegs leidenschaftlos 
geführt wurde, so hat sich doch diese Ansicht als 
die richtige erwiesen und alle prähistorischen 
Forscher, mit ganz geringen Ausnahmen, stehen 
auf dem Standpunkte des Dreiperiodensystems. 
Den schwerwiegendsten Beweis für das 
Vorausgehen der Bronze haben die schweizerischen 
Pfahlbauten geliefert. Dort findet man, ebenso 
wie in den oberösterreichischen Pfahlbauten des 
Mond- und Attersees Kulturinventare aus Stein, 
Horn, Holz u. s. w. und auch Werkzeuge aus 
Kupfer und Bronze. Viele dieser Pfahlbauten 
sind nicht Einzelnsiedelungen, sondern dorfartige 
Gesellschaftssiedelungen. Die steinzeitlichen Pfahl 
bauten liegen , den jetzigen Seeufern am nächsten 
und die zeitlich jüngeren mehr seeeinwärts. Aus 
der horizontalen Lagerung der Funde sieht man, 
daß sich an die steinzeitlichen Funde unmittelbar 
solche aus Kupfer und Bronze anschließen, und 
zwischen diesen wurden keine Eisenfunde zu Tage 
gefördert. Hierin liegt der nicht zu leugnende 
Beweis für die unmittelbare zeitliche Aufeinander 
folge von Bronze auf Stein, da sonst an die 
Steinfundx anschließend, Eisenbestandteile sich 
finden müßten. Man hat vorgebracht, daß durch 
die Länge der Zeit die Eisenfunde durch Oxydation 
vollständig der Vernichtung anheim gefallen 
wären, doch trifft dies nicht zu, da das Wasser, 
wenn es .Eisengegenstände vollständig bedeckt 
durch das Abschließen der Luft und mit ihr 
des Sauerstoffes niemals oxydationsbefördernd, 
sondern konservierend wirkt. ' 
Mag immerhin die zeitliche Priorität der 
Bronze vor dem Eisen auf den ersten Blick 
etwas befremden, so ist nach dem vorliegenden 
Fundmaterial und aus der Lagerung desselben 
auch nicht der leiseste Zweifel zulässig, daß dem 
nicht so wäre. Erklärlich wird diese Tatsache 
wohl auch dadurch, daß das Ausschmelzen von 
Kupfer und Zinn bedeutend leichter ist, als das 
von Eisen und daß das Zusammenschmelzen 
zweier bekannter Metalle auch bei einfacher Kultur 
verhältnissen keine unüberwindlichen Schwierig 
keiten finden kann. 
(Fortsetzung folgt.) 
öeachlenswerte Sleinzeicben. 
Die „Deutschen Gaue" berichten in zahlreichen 
bildlichen Darstellungen über Steinzeichen und 
Säulen und machen in vielen Abbildungen 
den Gegenstand lebendig und anziehend. Be 
sonders besprochen finden wir Steinkreuze und 
Kreuzsteine, zwischen welchen ein besonderer 
Unterschied vorwaltet. Bei den Steinkreuzen 
geht das Kreuz aus dem Stein heraus, es ist 
meist aufgesetzt, bei den Kreuzsteinen ist das 
Kreuz aus dem Stein, aus dessen Fläche heraus 
gemeißelt. Zu allermeist handelt es sich um 
Sühnkreuze, die entweder zum Gedächtnisse an 
ein Unglück, zumeist aber zur Sühne an eine an 
dem betreffenden Orte begangene Missetat er 
richtet wurden. Der Täter mußte vor seiner 
Bestrafung das Sühnkreuz errichten laßen. Auch 
kam es vor, daß der Täter an Ort und Stelle 
der Tat bestraft wurde. Im allgemeinen sind 
diese Zeichen einstmaliger Rechtspflege nicht mehr 
zu häufig und wenn selbe auch sichtbar sind, so 
finden sie sich an Straßen und Wegen, 
woraus der Schluß berechtigt ist, daß es sich 
um die Sühne begangener Ueberfälle handelte. 
Unweit von Schärding begegnen wir einen 
solchen Kreuzstein und zwar an der Straße 
nach Neuburg. Unmittelbar vor Neuburg, etwa 
1 Kilometer vor der Ortschaft, befindet sich 
drüber dem Straßengraben linksseitig ein Kreuz- 
stein, auf der höchsten Erhebung die der Straßen 
zug erreicht. Es ist ein uralter Stein mit einem 
gotischen ausgemeißelten Kreuze. Demnach 
kann der Stein schon aus dem 13. oder 14. Jahr 
hundert stammen. Aber nicht nur der Stein, 
auch dessen Umgebung erweckt unser Interesse. 
Er steht am Rande des. Straßengrabens, von 
dem aus sich ein mehr als mannshoher Granit- 
: block erhebt, der einem nach rückwärts auf- 
' steigenden plateauartigen Wiesengrunde vorge- 
> lagert ist. Betritt man diese Straßenüberhöhung, 
so eröffnet sich dem Auge heute ein weiter Blick. 
Würde man sich vorstellen, daß auch zu jener 
Zeit, in der der Kreuzstein gesetzt wurde, hier 
der dichtbestandene Neuburgerwald bereits eine 
Blöße gehabt hat, so müßte man annehmen, 
daß diese Stelle eine Richtstelle ist, an der der 
Uebeltäter sein Verbrechen mit dem Leben 
gebüßt hat. 
Ein anderes Steinzeichen wurde von 
mehreren Mitgliedern des Musealvereines anläßlich 
eines Spazierganges zum Wackerstein in Bärn- 
dorf angetroffen. In der Nähe von Mitterndorf 
findet sich auf einer Granitsäule ein großer 
runder Kopf aus dem gleichen Steine aufgesetzt. 
Das Gesicht des kugelrunden Kopfes zeigt einen 
Mann mit Schnurrbart und am Halse selbst 
die Jahreszahl 1627. Eine Erklärung für 
diese Säule mit den Kopfwuuden wurde bis 
jetzt nicht gefunden, doch scheint das Eine 
richtig zu sein, daß der Kopf aus der oben 
angegebenen Zeit stammt, in der bekanntlich ein 
allgemeiner Verfall an Geschmack und Können 
bei figurellen Darstellungen wahrzunehmen ist. 
Sehr dankenswert' ist es, daß die Herren eine 
gelungene photographische Aufnahme von dieser 
Kopfsüule machten, wodurch eine genaue Be 
stimmung über deren Bedeutung ermöglicht ist. 
Herausgeber: Der Museal-Bernn Schärding. — Verantwortlicher Redakteur: Joh. Vees Schärding. 
Druck I Bees, Schärding
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.