Volltext: Der Sammler 5. Jahrg. 1909 (1909)

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Daraus dürfen wir den Schluß ziehen: 
Eine eingehende Kenntnis der engeren Heimat 
und mithin auch die Beschäftigung mit der Heimat 
kunde ist eine Pflicht des Lehrers. Und eine 
weitere Pflicht ist es dann, jene Kreise mit aller 
Kraft moralisch zu unterstützen, die ihre be 
scheidenen Kräfte in den Dienst der Erforsch 
ung der engeren Heimat gestellt haben. 
Ich will hier nicht darüber sprechen, in 
welcher Weise der Lehrer im allgemeinen zur 
Pflege des H e i m a t s i n n e s in der Bevölker 
ung, vor allem in der Jugend beitragen soll 
— tausend und abertausend Gelegenheiten wer 
den sich Ihnen hiefür bieten —, sondern ich will 
im besonderen kurz die Aufgaben kennzeichnen, 
die sich die Gesellschaft zur Pflege der Inn 
viertler Heimatkunde auszuführen vorgesetzt hat. 
I. 
Ein Hauptziel, das uns bei Schaffung der 
Heimatkunde sowohl in Braunau als in Ried 
vorgeschwebt hat, ist, eine nach modernen Ge 
sichtspunkten angelegte Bezirkskunde abzu 
fassen, die für Jahrzehnte hinaus das grund 
legende Buch für die Kenntnis des betreffenden 
Bezirkes sein soll, ein Buch, das jeder Geistliche, 
jeder Lehrer, jeder Beamte, der sich über seinen 
neuen Wirkungskreis orientieren will, mit Nutzen 
zur Hand nimmt, das aber auch so gehalten ist, 
daß jeder Mann aus dem Volke in seinen Feier 
stunden gerne darin liest. 
Einzelne Bezirke sind uns mit gutem Bei 
spiele vorangegangen, wie Steyr, wo Direk 
tor Rolleder mit Hilfe der Lehrerschaft des Be 
zirkes ein ähnliches Unternehmen durchge 
führt hat. 
Erlauben Sie, daß ich mit wenigen Wor 
ten die G r u n d z ü g e eines solchen Buches 
erörtere. Es soll nach meiner Meinung aus 
Wie ein Jubelruf durchbrauste Ende Mai 
die Nackricht von Erzherzog Karls Sieg über Na 
poleon, dem bisher Unbesiegten, die Lande; doch 
nur zu bald folgte die Niederlage bei Wagram. 
Nochmals war Oesterreich unterlegen und verlor 
im Wiener Frieden, im Oktober 1809 ungeheuer 
große Gebiete. 
Napoleon nahm seinen Rückweg über Schär 
ding, ihm folgten bald viele Truppen, denn die 
Reichsstraße von Linz nach Schärding war den 
Franzosen als Marschroute vorgezeichnet worden. 
Wieder waren Requirierungen der verschiedensten 
Art zu leisten, dann große Lieferungen an die 
Magazine zu Wien, Linz, Wels, Ried, Braunau 
und Passau. Ungeheure Kosten verursachte die Er 
richtung und Versorgung von Spitälern für 
kranke und verwundete Franzosen, die in großer 
Zahl von den Schlachtfeldern von Aspern und 
Wagram herauftransporliert worden waren. 
Schluß folgt. 
3 größeren, nahezu selbständigen Teilen bestehen. 
Die Einleitung wird einen Ueberblick einerseits 
über die geographischen Verhältnisse, anderseits 
über die Eigenart der Pflanzen- und Tierwelt 
bringen und damit auch die geographische Bedingt 
heit des Kulturlebens in diesem Bezirke aufklären. 
Daran schließt sich als 1. Teil die ge 
schichtliche Entwicklung des Bezir 
kes. Die Geschichte des Bezirkes soll nicht in 
chronologischer Darstellung, sondern in kultur 
historischen, in sich abgeschlossenen Abschnitten 
geboten werden. Z. B. 1. Die vordeutsche Be 
siedelung des Bezirkes. 2. Die Einwanderung 
der Bayern, hauptsächlich auf Grundlage der 
der Ortsnamen. 3. Die Entwicklung des Groß 
grundbesitzes, der geistlichen und weltlichen 
Grundherrschaften des Mittelalters. 4. Gewerbe 
und Handelstätigkeit in der 2. Hälfte des Mit 
telalters. 5. Die religiöse Entwicklung im Zeit 
alter der Glaubensspaltung. 6. Das Jahrhun 
dert der Kriege (18. Jahrhundert). 7. Unsere 
Gegend seit dem Uebergang an die österreichische 
Herrschaft. 
Den 2. Teil könnte man überschreiben: 
Kulturgeschichte des Bezirkes. In 
diesem Teile soll dargestellt werden, welche 
Denkmale aus früheren Zeiten uns erhalten 
sind und w e r sie gebaut, geschnitzt, gemalt, ge 
gossen oder sonstwie mit kunstfertiger Hand ge 
schaffen hat. Hier kann klargelegt werden, 
welche Kultureinflüsse sich im Laufe 
der Jahrhunderte geltend gemacht, inwieweit die 
früheren Kulturmittelpunkte 
wie Passau, Landshut oder auch Salzburg ihre 
Eigenart in unserem Bezirke zum Ausdruck ge 
bracht haben. Wer hat unsere Kirchen ge 
baut? Wer die gotischen, Renaissance- und 
Barockaltäre geschaffen? Wer hat mit dem 
Pinsel die jeweiligen Kunstanschauungen bei uns 
zur Geltung gebracht? Wessen Hand war un 
ermüdlich tätig, um den harten Marmor zu 
formen und daraus Darstellungen zu bilden, 
welche die Jahrhunderte' überdauern sollten? 
Wer goß unsere Glocken? Wer baute die Or 
geln ? Es bedarf mühsamer und eindringlicher 
Arbeit, bis es uns möglich sein wird, ein abge 
rundetes Bild von der Kunst und dem Kunst 
handwerke, soweit sie in unserem Bezirke ver 
treten sind, zu schaffen. 
Zur Kulturgeschichte gehört ferner das 
umfangreiche Gebiet der V o l k s k u n d e. In 
welcher Weise kommt der Charakter dds 
Volkes in seiner Sprache, in seinen Ge 
bräuchen, in seinen Sagen, kurz in seinem ganzen » 
Denken und Fühlen zum Ausdruck? Hier er- * 
schließt sich uns ein weites Feld der Tätigkeit, 
besonders jenem, der täglich mit dem Volke ver 
kehrt, täglich Gelegenheit hat, es zu beobachten. 
Eine solche Beobachtung muß nicht mit der 
Miene eines Ueberleg^ien geschehen, sondern in
	        
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