Volltext: Der Sammler 2. Jahrg 1906 (1906)

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wir nun nach fast dreihundert Jahren mit In 
teresse Kenntnis nehmen. 
Wie alle anderen Zünfte und Brüderschaften, 
so wurde auch in der Schwarzfärberzunft auf die 
strenge Einhaltung der kirchlichen Gebräuche und 
Obliegenheiten gehalten. 
„Im Gottesdienste und anderen Punkten 
betreffend wurde am 26. November 1629 be 
schlossen, daß die Aufrichtung eines Gottesdienstes 
so jährlich am Montag nach der hlg. Auffahrt mit 
einem gesungenen Seelenamte und einer Vigil ge 
halten werden soll. 
Jeder Lehrbub soll, wenn er aufgedingt 
wird, 15 Kreuzer zur Abrichtung des Gottes 
dienstes zahln, der Maister 30 Kreuzer. Ferners 
sollen die Maister der Stadt und am Landt, deren 
zwölfe sind, 50 Kreuzer in die Lad zahln. 
Dann solle, was bei einem Handwerk abge 
straft wird, der dritte Teil in die Lade gelegt, 
und die übrigen zwei Drittel verzehret werden. 
Die Geßölln, so sich beim Jahrtag in der 
Stadt und aufn Landt werden befinden, sollen 
neben Irren Maistern den Gottesdienst fleißig 
beiwohnen und Jeder für sein Jahrschilling 
6 Kreuzer schuldig sein. 
Diese Abricht ist von sämtlichen Anwesenden 
unterschrieben worden, deren Namen angeführt 
seien. 
Obenan steht der magistratische Delegierte 
Viertlmaister Sebastian Stendl, dann die Maister: 
Thoman Gransstorfer, Hagen Wolfen, Niedermars 
(Niedermeier), Christoffen Frombholzer, alle zu 
Schärding. Hanßens Aigner zu Rääb, Jorgens' 
Rahnseder zu Vorgenaich (Utzenaich), Wolfen 
Reindl von Andorf, Abrahamb Holzhamber von 
Siegharting, Hanßens Marks von Rääb. Neben 
sich auch bevollmächtigte der Paulußin, Anwegerin 
von Münzkirchen und Nikolausen Riedheros auch 
von Münzkirchen. 
Der nächste Abschnitt betrifft die Abhand 
lung und Abstrafung zwischen in und auslendigen 
Maistern eines erbaren Handwerkes der Färber. 
Da finden wir gleich einen genau beschrie 
benen Fall, der sich auf einen am 26. Juni anno 
1625 entlaufenen Lehrpuben bezieht. 
Die Abhandlung ist ganz gerichtsmäßig ge 
pflogen : Erzählung, Antwort, Handwerksbeschied, 
Vergleich. 
In diesem Protokollbuch erscheinen die Vor 
kommnisse bei den Landfärbern von jenen bei den 
Stadtfärbern strenge getrennt. Dagegen sind 
mittelst Handwerksschlusses die Preise für Arbeits 
leistungen angegeben und waren alle Meister daran 
strenge gebunden. Demnach hatte zur selben Zeit 
nicht jener das meiste Geschäft, der am billigsten, 
sondern der, der am besten gearbeitet hat. 
Der 2 Band des Färberprotokolles beginnt 
mit dem Titel Handwerksschluß am 5. Oktober 
1795, welcher neuerlich eine Preisänderung bringt, 
an die sich alle Maister zu halten hatten, wie in 
früheren Zeiten. 
In musterhafter ununterbrochener Reihenfolge 
sind nun die Vorkommnisse verzeichnet. Die letzte 
Eintragung erfolgte durch den Färbermeister Franz 
Paver König am 29. September 1854, nachdem 
dessen Vorfahrer Johann König das Buch in 
seinem 2. Teile im Jahre 1795 angelegt hat. 
60 Jahre war die Vorstehung oer Färberzunft in 
dieser Familie. 
Aber nicht nur das Bedrucken und Färben 
der Leinen und der Garne war der Inbegriff des 
Gewerbes. Dazu gehörte auch eine gewisse Kunst 
Das hochnothpeinliche Hals und Tribunal 
gericht ln Schärding hat beschlossen, wegen erwie 
senen schweren Diebstahl an seinem Dienstzeber 
den Beschuldigten, welcher noch nicht volljährig ist, 
daher nicht justifiziert werden kann, daß ihm auf 
beide Wangen der Galgen einzubrennen sei und 
auf 20 Jahre in den Wasserturm zu werfen sei. 
Der'Amtmann. Der Pfarrer. 
Der Schullehrer. 
Wenn man solche Urteilsprechung in Betracht 
zieht, so darf man sich nicht wundern, wenn die 
Richtplätze ganz unentbehrlich waren. Die Ge 
richteten wurden unmittelbar neben dem Galgen 
beerdigt, der links abseits von der Straße sich 
befand. Er bestand aus einer im Dreiecke zuge 
richteten Balkenanlage, die auf starken Mauer 
pfeilern auflagen. Der Galgen bestand noch lange 
fort, nachdem er bereits aufgehört hat, der rächen 
den Justitia zu dienen. Unser Gewährsmann und 
zahlreiche andere bejahrte Personen wissen sich noch 
des Genauen an dieses unheimliche Bauwerk zu 
erinnern. 
Die Kopfstätte war näher an die Straße ge 
legt, gegenüber der Armensünder-Kapelle. Die 
Justifizierten wurden ebenfalls an Ort und Stelle 
begraben, und sollen hier sowohl als bei dem tiefer 
gelegenen Galgen die überhöhten Grabhügeln lange 
sichtbar gewesen sein. 
Die letzte Justifizierung am Kreuzberge 
erfolgte 1783. Von dieser Zeit ab ist auch die 
Kapelle ihres Zweckes los geworden. Arme ge 
peinigte Menschenkinder, die dem Tode verfallen 
waren, haben seit jener Zeit in den Mauern der 
selben nicht mehr zu seufzen gebraucht. Lange 
haben die altersgrauen Wände den Stürmen und 
Wettern Stand gehalten, bis vor einigen Jahren 
die große Gefahr bestand, daß die Kapelle in sich 
zusammenstürzen wird. 
Es kam aber doch anders. Im Wege öffent 
licher Bitte und unter Beihilfe der Gemeinde 
Brunnenthal wurde die Kapelle in solider Weise 
wieder in guten baulichen Zustand gebracht, wozu 
Herr Franz Reiß, Wachszieher und Konditor in 
Schärding, in bewegten Worten die Anregung 
gab. Zur Freude aller Freunde der Stadt 
geschichte ist die Wiederherstellung in anerken 
nender Weise gelungen.
	        
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