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Var Mbergewerbe ru Schärding
in alter Zeit:
Ein freundlicher Zufall für unsere Bestreb
ungen ist und bleibt es, daß eine der ersten
Schenkungen, die der städtischen Sammlung zuge
führt wurde, sozusagen einen vollen Griff be
deutete.
Nicht ein Aufsehen erregendes Ausstellungs
stück ist es, was wir meinen, ein schmuckloses
Buch, das aber trotz seiner Anspruchslosigkeit als
im hohen Maße schätzenswert bezeichnet werden muß.
„Das Färberprotokoll". Die ältesten Auf
zeichnungen über gewerbliches Leben, welche bis-
nun in unserer Stadt aufgefunden wurden, ge
hören dem Färberprotokolle an, das anno 1616
am 14 Februar aufgerichtet wurde. Färbermeister
Herr Wagner hat dasselbe nebst den zuge
hörigen Beilagen und dem Jnnungssiegel an die
Sammlung geschenkt, und es ist bei eingehender
Besichtigung' dieser Ausschreibungen bald klar,
daß diese alten in Pergament gebundenen Blätter
eine lebhafte Sprache zu uns sprechen.
Leider wurde übersehen, daß sich der Vor
steher der Zunft, der das Protokoll angelegt hat,
unterschrieben hätte, und so sind wir auf Ver
mutungen angewiesen.
Zur selben Zeit, zirka >616, waren folgende
Färbermeister in der Stadt:
Thomas Granstorfer, der die beiden Häuser
92 und 93 am Stein innehatte, von denen das
Eine heute dem Donatus Stöcker gehört. Gran
storfer war von 1594 bis 1635 Färbermeister.
Der Färber am Brückl, Christian Formholz,
errichtete sein Geschäft erst 1620 und 1618 brachte
Die Kapei
Eine geschichtliche Notiz, die über die Ge
denksäule am Richtplatze zu Wien, genannt „Spin
nerin am Kreuz" unlängst in den Zeitungen zu
lesen war, erinnert daß in früherer Zeit die Richt
sätze nicht so selten waren, denn jede Stadt hatte
eine Richtstätte, selbst kleine Städte, insoferne dazu
auch ein bestimmtes Gebiet Landes untertänig war.
So war es auch in Schärding, und all
gemein bekannt ist, daß auf einem nördlich ge
legenen Hügel am sogenannten Kreuzberg, durch
mehrere Jahrhundert diese Richtstätte bestanden
hat Bevor die Todesstrafe mit dem Schwerte
eingeführt wurde, ward dem Rade eine hervor
ragende Rolle bei diesen schauerlichen Prozeduren
zugeteilt. Der Delinquent wurde gerädert oder
ans Rad geflochten, später auch am Rade aufge
hangen, wie man häufig auf Abbildungen solche
Darstellungen sehen kann.
Auf der Höhe oberhalb Allerheiligen war
um 1650 ein solches Rad aufgestellt und daher
wurde dem Hügel, dem heutigen Kreuzberge, der
Name am „Rad" gegeben, und die Kapelle, welche
Christian Winterberger die Schwarzfärberei auf
das heute allein noch bestehende dem Herrn
F Wagner gehörige Färberhaus im Eichbüchl,
nachdem diesem Gewerbe die Hutmacherei voran
gegangen war.
Endlich bestand noch in der Vorstadt seit
1620 die Machtlingerische Färberei, die >873 ein
gegangen ist.
Von den angeführten Färbermeistern, die zur
selben Zeit ihr Gewerbe ausgeübt haben, kommt
bezüglich Neuanlage des Protokolles nur Thomas
Granstorfer in Betracht, der auch tatsächlich ein
mal an erster Stelle nach dem Viertelmeister als
Meister aufgezählt erscheint.
Vom Jahre 1618 ab hatten die Färber ein
eigenes Manghaus im Eichbüchl, das anno 1635
demoliert wurde. Es verblieb sodann nur noch
das bereits seit 1560 bestandene Manghaus,
welches die Färber und Weber gemeinsam be
nützten, welches aber anno >690 ausschließlich
Zechhaus der Leine- und Zeugweber wurde
(Denisgasse, Spechtenhauser Haus.)
Das Färberprotokoll hat ungefähr 200 Seiten
und reicht in seinem ersten Bande vom >4 Februar
1617 bis zum 3i. Mai 1766.
(Schluß folgt.)
Neubeitritt.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten
Herr Johann Stolz, Kaufmann und Haus
besitzer in Simbach am Inn in Bayern, Sohn des
verstorbenen prakl. Arztes Johann Stolz in
Schärding Jahresbeitrag pro 1906 und 1907
je 10 Kronen.
!e am ka<I.
oben errichtet wurde, in der die armen Sünder
noch ihr letztes Gebet verrichten durften, hieß dem
nach die „Kapelle am Rad".
Als dann später mit dem Schwerte vom
Leben zum Tode überführt wurde, nannte man
diesen traurigen Ort Kopfstätte und die Kapelle
Armesünderkapelle. Seit Einführung des Galgens
wurde aus dem Kreuzberg der Galgenberg und der
dünne Wald, der nach Aufhebung des Richtplatzes
an dessen Stelle trat, wurde gemeiniglich Galgen
holz genannt, was heute noch gebräuchlich ist.
Nur gut, daß der Hügel im Laufe der Zeit
anstatt der harten Bezeichnung Galgenberg den
versöhnenden Namen Kreuzberg angenommen und
behalten hat.
Ohne Zweifel hat das einstmalige Bestehen
einer solchen Richtstätle in der Nähe einer kleinen
Landstadt nach heutiger Vorstellung etwas Befrem
dendes an sich — es drängt sich unwillkürlich der
Gedanke auf, ob es doch notwendig war, selbst im
Hinblicke auf den umgebenden zugehörigen Land
gerichtsbezirk, hier ein Hochgericht aufzustellen —