Volltext: Der Sammler 2. Jahrg 1906 (1906)

— 19 — 
Var Mbergewerbe ru Schärding 
in alter Zeit: 
Ein freundlicher Zufall für unsere Bestreb 
ungen ist und bleibt es, daß eine der ersten 
Schenkungen, die der städtischen Sammlung zuge 
führt wurde, sozusagen einen vollen Griff be 
deutete. 
Nicht ein Aufsehen erregendes Ausstellungs 
stück ist es, was wir meinen, ein schmuckloses 
Buch, das aber trotz seiner Anspruchslosigkeit als 
im hohen Maße schätzenswert bezeichnet werden muß. 
„Das Färberprotokoll". Die ältesten Auf 
zeichnungen über gewerbliches Leben, welche bis- 
nun in unserer Stadt aufgefunden wurden, ge 
hören dem Färberprotokolle an, das anno 1616 
am 14 Februar aufgerichtet wurde. Färbermeister 
Herr Wagner hat dasselbe nebst den zuge 
hörigen Beilagen und dem Jnnungssiegel an die 
Sammlung geschenkt, und es ist bei eingehender 
Besichtigung' dieser Ausschreibungen bald klar, 
daß diese alten in Pergament gebundenen Blätter 
eine lebhafte Sprache zu uns sprechen. 
Leider wurde übersehen, daß sich der Vor 
steher der Zunft, der das Protokoll angelegt hat, 
unterschrieben hätte, und so sind wir auf Ver 
mutungen angewiesen. 
Zur selben Zeit, zirka >616, waren folgende 
Färbermeister in der Stadt: 
Thomas Granstorfer, der die beiden Häuser 
92 und 93 am Stein innehatte, von denen das 
Eine heute dem Donatus Stöcker gehört. Gran 
storfer war von 1594 bis 1635 Färbermeister. 
Der Färber am Brückl, Christian Formholz, 
errichtete sein Geschäft erst 1620 und 1618 brachte 
Die Kapei 
Eine geschichtliche Notiz, die über die Ge 
denksäule am Richtplatze zu Wien, genannt „Spin 
nerin am Kreuz" unlängst in den Zeitungen zu 
lesen war, erinnert daß in früherer Zeit die Richt 
sätze nicht so selten waren, denn jede Stadt hatte 
eine Richtstätte, selbst kleine Städte, insoferne dazu 
auch ein bestimmtes Gebiet Landes untertänig war. 
So war es auch in Schärding, und all 
gemein bekannt ist, daß auf einem nördlich ge 
legenen Hügel am sogenannten Kreuzberg, durch 
mehrere Jahrhundert diese Richtstätte bestanden 
hat Bevor die Todesstrafe mit dem Schwerte 
eingeführt wurde, ward dem Rade eine hervor 
ragende Rolle bei diesen schauerlichen Prozeduren 
zugeteilt. Der Delinquent wurde gerädert oder 
ans Rad geflochten, später auch am Rade aufge 
hangen, wie man häufig auf Abbildungen solche 
Darstellungen sehen kann. 
Auf der Höhe oberhalb Allerheiligen war 
um 1650 ein solches Rad aufgestellt und daher 
wurde dem Hügel, dem heutigen Kreuzberge, der 
Name am „Rad" gegeben, und die Kapelle, welche 
Christian Winterberger die Schwarzfärberei auf 
das heute allein noch bestehende dem Herrn 
F Wagner gehörige Färberhaus im Eichbüchl, 
nachdem diesem Gewerbe die Hutmacherei voran 
gegangen war. 
Endlich bestand noch in der Vorstadt seit 
1620 die Machtlingerische Färberei, die >873 ein 
gegangen ist. 
Von den angeführten Färbermeistern, die zur 
selben Zeit ihr Gewerbe ausgeübt haben, kommt 
bezüglich Neuanlage des Protokolles nur Thomas 
Granstorfer in Betracht, der auch tatsächlich ein 
mal an erster Stelle nach dem Viertelmeister als 
Meister aufgezählt erscheint. 
Vom Jahre 1618 ab hatten die Färber ein 
eigenes Manghaus im Eichbüchl, das anno 1635 
demoliert wurde. Es verblieb sodann nur noch 
das bereits seit 1560 bestandene Manghaus, 
welches die Färber und Weber gemeinsam be 
nützten, welches aber anno >690 ausschließlich 
Zechhaus der Leine- und Zeugweber wurde 
(Denisgasse, Spechtenhauser Haus.) 
Das Färberprotokoll hat ungefähr 200 Seiten 
und reicht in seinem ersten Bande vom >4 Februar 
1617 bis zum 3i. Mai 1766. 
(Schluß folgt.) 
Neubeitritt. 
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten 
Herr Johann Stolz, Kaufmann und Haus 
besitzer in Simbach am Inn in Bayern, Sohn des 
verstorbenen prakl. Arztes Johann Stolz in 
Schärding Jahresbeitrag pro 1906 und 1907 
je 10 Kronen. 
!e am ka<I. 
oben errichtet wurde, in der die armen Sünder 
noch ihr letztes Gebet verrichten durften, hieß dem 
nach die „Kapelle am Rad". 
Als dann später mit dem Schwerte vom 
Leben zum Tode überführt wurde, nannte man 
diesen traurigen Ort Kopfstätte und die Kapelle 
Armesünderkapelle. Seit Einführung des Galgens 
wurde aus dem Kreuzberg der Galgenberg und der 
dünne Wald, der nach Aufhebung des Richtplatzes 
an dessen Stelle trat, wurde gemeiniglich Galgen 
holz genannt, was heute noch gebräuchlich ist. 
Nur gut, daß der Hügel im Laufe der Zeit 
anstatt der harten Bezeichnung Galgenberg den 
versöhnenden Namen Kreuzberg angenommen und 
behalten hat. 
Ohne Zweifel hat das einstmalige Bestehen 
einer solchen Richtstätle in der Nähe einer kleinen 
Landstadt nach heutiger Vorstellung etwas Befrem 
dendes an sich — es drängt sich unwillkürlich der 
Gedanke auf, ob es doch notwendig war, selbst im 
Hinblicke auf den umgebenden zugehörigen Land 
gerichtsbezirk, hier ein Hochgericht aufzustellen —
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.