Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

96 Birgit Kirchmayr 1) Das Fehlen einer künstlerischen Avantgarde in Oberösterreich oder an- ders ausgedrückt: Trotz bestehender Ansätze einer gemäßigten Moderne – vergleiche die Gründung der Künstlervereinigung Maerz 1913 – lässt sich das Gros der oberösterreichischen Künstler/innen in einer später mit der NS-Kunstauffassung durchaus kompatiblen gemäßigten, konservati- ven Strömung einordnen. 2) Damit zusammenhängend waren die dominierenden Stilrichtungen (ge- mäßigter Spätimpressionismus, Neue Sachlichkeit) mit nur wenig Schwierigkeiten in den von der NS-Kultur geforderten Naturalismus überzuführen. 3) Abgesehen von der Stilistik waren auch die Motive der oberösterrei- chischen Künstler/innen mit jenen der NS-Kunst mehr als kompatibel oder um es mit den Worten Harry Slapnickas auszudrücken: „die bäuerli- che Welt. Diese Thematik braucht für Oberösterreich gar nicht erst ent- deckt werden, es ist ja seine (fast heile) Welt.“7 4) Zu berücksichtigen ist weiters, dass die oberösterreichischen Künstler schon vor 1938 vom deutschen Markt und dessen Anforderungen beein- flusst waren. In Bezug auf Ausstellungs- und Publikationstätigkeit sowie Verkaufsmöglichkeiten waren für die oberösterreichischen Kunstschaf- fenden schon vor dem „Anschluss“, zumindest also seit der NS-Machter- greifung in Deutschland 1933, die Regeln der NS-Kunstpolitik geltend. Es ist somit davon auszugehen, dass schon ab 1933 Anpassungsstrategien mitzudenken sind. Nur wenige Künstler/innen konnten eine Ablehnung am deutschen Kunstmarkt mit einer gleichzeitig stattfindenden verstärk- ten Anerkennung im österreichischen Ständestaat kompensieren.8 5) Als zentraler Grund für das weitgehende Fehlen von Brüchen bleibt schließlich noch anzuführen, dass das Motiv der rassischen Verfolgung von Künstler/innen in Oberösterreich fast völlig wegfällt, da im Bereich der bildenden Kunst kaum als „nicht-arisch“ definierte Künstler/innen ansässig oder tätig waren. Dies gilt generell für den Kulturbereich in Oberösterreich, im Feld der Literatur stoßen wir aber doch auf Schicksale wie jenes der prominenten Erfolgsautorin Maria von Peteani, die auf- grund eines fehlenden Ariernachweises (ihre Großmutter war Jüdin) ihre 7 Slapnicka, Wenig Extreme 127 8 Ein Beispiel dafür wäre Alfred Kubin, der nach der NS-Machtergreifung in Deutschland zwar nicht als „Entarteter“ galt, aber doch immer wieder in Schwierigkeiten mit einzelnen Werken oder Publikationen geriet. Gleichzeitig wurde er, insbesondere im Jahr 1937, das für den Künstler mit seinem 60. Geburtstag ein Jubiläumsjahr darstellte, vom österreichischen Ständestaat mit zahlreichen Ehrungen versehen. Vgl. Birgit Kirchmayr, „... diese stummen Geister der Auflehnung“. Alfred Kubin und der Nationalsozialismus. In: Alfred Kubin und die Phantastik. Ein aktueller Forschungsrundblick. Hg. v. Peter Assmann (Wetzlar 2011) 234- 248. Vgl. zu Kubin noch ausführlicher weiter unten im Beitrag.
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