Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

44 Gerhard Gaigg sie verkörpert wird und nun einmündet und sich verbindet mit dem großen nationalsozialistischen Gedanken der Volksgemeinschaft und weiter. Neben dem Braunhemd der Bewegung stand gleichgeachtet die Tracht und schlug eine Brücke von der alten Zeit zu heute.“ Die Aufnahme und die Beteiligung an den verordneten nationalsozialistischen Veranstaltungen war jedoch ge- ring. Während 1938 die Maifeiern im Zuge des Anschlusstaumels noch er- folgreich durchgeführt wurden, kam es bereits ein Jahr später zu einem star- ken Besucherrückgang, vor allem in der bäuerlichen Bevölkerung war der Tag als Arbeiterfeiertag verankert. In Salzburg, wo man offensichtlich mehr als in Oberösterreich bestrebt war, die bäuerliche Kultur zu integrieren, wur- de etwa in Altenmarkt 1941 der 1. Mai als „Tag der Landarbeiter“ begangen, ein aufwändiger Festzug stand ganz im Zeichen des bäuerlichen Jahreskrei- ses. 1943 fand bei Seekirchen ein bäuerliches Maifest mit verschiedenen brauchmäßigen Elementen (Kranzlstechen, Volkstänzen, Flurumritt) statt. Interessant ist dabei, dass die politischen Elemente, wie Reden etc., in den Hintergrund traten.7 Feiern wie diese sollten Teil eines allumfassenden Fest- und Feiertag- systems sein, welches in seinen Grundzügen einheitlich sein und bisherige Strukturen ablösen sollte. Zur vollständigen Umsetzung kam es freilich nicht. Dennoch hatte sich in Deutschland bereits ein relativ gefestigtes Sys- tem entwickelt, welches nun quasi unvorbereitet und plötzlich auf Österreich übertragen wurde. Selbst regionale Besonderheiten sollten in das einheitliche Korsett einer zentralistisch verordneten Einheitskultur gepresst werden, um- so mehr, als man ja peinlichst bestrebt war, alles, was auch nur im entfern- testen auf eine eigene österreichische Identität hinweisen könnte, hintanzu- halten. Kennzeichnend für die einheitliche Gestaltung war – neben der Ver- wendung von Licht und Feuer – auch der so typische Fahnenkult, der nicht nur in der angeordneten Beflaggung, sondern auch in den diversen Liedern seinen Niederschlag fand. Von der Bevölkerung wurde dieser radikale Wandel nur zögerlich an- genommen. Vor allem die reinen parteipolitischen Feste wie der 30. Jänner (Tag der Machtergreifung), der 24. Februar (Verkündigung des Parteipro- gramms) oder der 16. März (Heldengedenktag, Wiedereinführung der Wehr- pflicht) wirkten „aufgesetzt“, da sie keinen direkten Bezug zur Entwicklung in Österreich hatten. Angenommen wurde hingegen der 20. April (Ge- burtstag des Führers, Aufnahme der 10jährigen in HJ bzw. BDM). Die Propagierung einer eigenständigen Kultur geschah in Österreich großteils nur zögerlich innerhalb des engen vorgegebenen Rahmens. In Wien 7 Christoph Kühberger, Der nationalsozialistische 1. Mai – Umdeutungen und Interpretatio- nen. In: Bräuche im Salzburger Land. Hg. v. Landesverband Salzburger Volkskultur, CD 2 (Salzburg 2003) 1-5
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