Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

42 Gerhard Gaigg andererseits die Kultur vor Überfremdungen und allem völkisch Unwerten zu säubern.4 Selbst die Symbol- und Bildsprache des Nationalsozialismus war diesen Gedankengängen einer „germanischen Volksgemeinschaft“ untergeordnet. Vor allem die ausgeprägte Feuer- und Lichtsymbolik nahm massenhaft Be- zug darauf. Auch das Hakenkreuz wurde immer wieder als nordisches Son- nensymbol interpretiert. Der führende NS-Ideologe Alfred Rosenberg unter- schied in polarisierender Art „nordische“ und „vorderasiatische“ Merkmale. Demnach verehrten die Nordvölker Götter des Lichtes, der Sonne und des Tages, die Vorderasiaten solche der Unterwelt und der Nacht. Als nächster Schritt wurden diese negativen Eigenschaften der Dunkelheit auf das Kul- turverständnis der nichtarischen Völker übertragen.5 Der Linzer Kulturstadtrat Othmar Heide verdeutlichte im September 1941 die Unterschiede zwischen der bisherigen und der neuen Kul- turpolitik:“ Die vergangene liberalistische Zeit hat die gesamte Kul- turführung der privaten Initiative überlassen, und der Staat und seine Organe sind höchstens als wohlwollende Gönner aufgetreten. Die vorhandenen Kräf- te haben sich daher in einem üppig wucherndem Vereinskult ausgetobt. Der nationalsozialistische Staat ist selbst bestimmende Instanz der Kulturfüh- rung, und seine parteilichen und staatlichen Organe sind verantwortliche Träger der gestellten Aufgaben.“6 Ausgehend von der Überlegung, dass der Staat für die Grundlagen der Kultur zu sorgen hatte, ergaben sich staatliche Lenkungs- und Zwangsmaßnahmen und die Errichtung einer staatlichen NS- Staatskultur von selbst. Gerade traditionelle Kulturäußerungen, wie Volkserzählung, Volkslied und Volkstanz und eben auch die verschiedensten Bräuche, waren für eine Einvernahme und Umdeutung durch den Nationalsozialismus geeignet. Denn in ihnen sah man gleichsam Reste des germanischen Erbes. Es war dies freilich keine Erfindung des Nationalsozialismus. Bereits ab dem 19. Jahrhundert hatten sich Wissenschaftler, oft aus dem germanistischen Be- reich kommend, mit der Frage der Kultkontinuität befasst. Eine der ersten Veröffentlichungen zur oberösterreichischen Volkskunde von Franz Xaver Pritz aus dem Jahr 1852 trägt den bezeichnenden Titel „Überbleibsel aus dem Alterthume“. Meist unkritisch wurde alles, was als althergebracht galt, als Reste germanischen Lebens betrachtet und mit entsprechenden literari- 4 Gerhard Gaigg, Kultur im Nationalsozialismus. In: Gerhard Gaigg – Alexander Jalkotzy, Volkskultur und Festkultur in Oberdonau. In: Reichsgau Oberdonau Aspekte 1. Hg. v. Ober- österreichischen Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 2, Linz 2004) 254-256 5 Albrecht Thöne, Licht-, Feuer- und Dunkelsymbolik in Ideologie und Propaganda des Na- tionalsozialismus (Diss. Univ. Salzburg 1976) 56-58 6 Heide, Kulturelle Aufgaben der Stadtverwaltung 16
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