Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

Erinnern und Gedenken in Oberösterreich 295 in diesen Orten waren dabei durchwegs positiv. ZeitzeugInnen erzählten von ihren überwiegend positiven Erlebnissen und holten Bilder hervor – zumeist Erstkommunionsbilder, auf denen ein Sinti-Kind zu sehen war, das sich durch die Hautfarbe etwas von den anderen Kindern abhob. Symptomatisch für den Umgang mit den während der NS-Zeit nahezu zur Gänze ausge- löschten Sinti-Familien ist jedoch die Aussage vieler ZeitzeugInnen: „Auf einmal waren sie weg!“468 Die erwähnten Projekte im lokalen ländlichen Umfeld konnten in An- spruch nehmen, dass sie einen wichtigen Teil zur Zurückholung der Sinti in das öffentliche Bewusstsein leisteten und nicht zuletzt auch Klarheit um das nebulöse Verschwinden dieser „etwas anderen“ MitbürgerInnen schufen bzw. dieses in die rassistische Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten einordneten. Eine umfassende Geschichte der „Zigeuner“ in Oberösterreich wurde schließlich im Jahr 2010 in der vom Oö. Landesarchiv herausgegebenen Reihe „Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus“ publiziert.469 Das Buch wurde im Beisein von Gitta Martl vom Verein Ketani sowie von Lan- deshauptmann Dr. Pühringer präsentiert, was nicht zuletzt als politisches Signal gegenüber dieser lange Zeit marginalisierten Gruppe gesehen werden kann. Pühringer betonte bei der Präsentation den Wert der Aufarbeitung der Vergangenheit für ein „respektvolles Miteinander, […] gleichberechtigte Akzeptanz, [und] gesellschaftliches Lernen“. Nicht zuletzt ging er auf die Rolle ein, die Oberösterreich und seine BewohnerInnen bei der Verfolgung der „Zigeuner“ gespielt hatten: „Ein Land, das die beinahe völlige Auslö- schung seiner Minderheiten nicht nur erlebt hat, sondern daran auch beteiligt war, muss in diesen Fragen besonders aufmerksam und sorgfältig sein.“470 Die Eröffnung des „Verschütteten Raumes“ im November 2011 im Schlossmuseum Linz knüpfte an die geschilderte Integration „vergessener“ Gruppen in die oberösterreichische Erinnerungskultur an. Dieses Projekt versucht, zwei über Jahrhunderte in Oberösterreich ansässige Gruppen – die jüdische Bevölkerung sowie Sinti und Roma – wieder in die „offizielle“ Darstellung der Landesgeschichte (zurück) zu holen.471 In einem Raum, der 467 Vgl. http://www.buchkirchen.at/system/web/sonderseite.aspx?menuonr=218575998& detailonr= 218575998 (aufgerufen am 26.7.2012); Impuls. Gemeindezeitung Buchkirchen Dez. 2008/Jän. 2009 468 http://exo200.blogspot.co.at/2009/10/die-rosenfels-eine-familie-aus-weng.html (aufgeru- fen am 25.7.2012) 469 Florian Freund, Oberösterreich und die „Zigeuner“. Politik gegen eine Minderheit im 19. und 20. Jahrhundert (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 10, Linz 2010) 470 http://www.land-oberoesterreich.gv.at/cps/rde/xchg/SID-DAD4812E-4A52C584/ooe/hs. xsl/97845_DEU_HTML.htm#Sub Oberdonau1562010 (aufgerufen am 25.7.2012) 471 Kuratiert wurde die Ausstellung von Birgit Kirchmayr und Ludwig Laher.
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.