Erinnern und Gedenken in Oberösterreich 285
„eine regelmäßige, geordnete öffentliche Zugänglichkeit der Baulichkei-
ten“.417
In beiden Fällen, bei „Hunt“ und „Zipf“, waren viele Menschen aus dem
Aufführungsort Wolfsegg und aus der Umgebung in das Projekt eingebun-
den. Die „regionale Partizipation“ hat im Selbstbild des Theaters Hausruck
einen hohen Stellenwert. „Die Menschen der Region werden als Zeitzeugen
Teil der Geschichte, zählen zum großen Darstellerteam aus Laien und Thea-
terprofis oder unterstützen die Theaterproduktionen bei den zahlreichen Or-
ganisationsarbeiten.“418 Entsprechend dieses Anspruchs wurden die behan-
delten Geschehnisse der Vergangenheit – nicht zuletzt durch die Medienbe-
richterstattung – in der Region und darüber hinaus wieder zu einem Thema.
Ein Beispiel, das die verschiedenen Ausprägungen von Erinnerungskultur
zeigt, die sich nicht auf das Setzen von Gedenksteinen und Mahnmalen be-
schränken muss oder soll.
Im Jahr 2006 kam mit der Verlegung von so genannten „Stolpersteinen“
eine weitere dezentrale Form des Erinnerns an die Opfer des Nationalsozia-
lismus in Oberösterreich hinzu. Bei den „Stolpersteinen“ handelt es sich um
Pflastersteine, die vor dem letzten (freiwillig gewählten) Wohnort eines NS-
Opfers in den Boden bzw. ins Trottoir eingelassen werden. Die Steine tragen
eine kleine Messingtafel, auf der folgende Angaben stehen: Hier wohnte: der
Name des Opfers, das Geburtsjahr und eine kurze Angabe zu den Umstän-
den seines Todes. Mittlerweile erinnern an rund 500 Orten in Deutschland
und verschiedenen Ländern Europas „Stolpersteine“ an vom NS-Regime
verfolgte Menschen.419 Durch die Verlegung der Steine vor den Wohnhäu-
sern soll die Erinnerung in die Mitte der Gesellschaft gerückt werden, dort-
hin, wo diese Menschen lebten. Diesen dezentralen Ansatz des Gedenkens
und Erinnerns drückt der „Erfinder“ der „Stolpersteine“, Gunter Demnig,
folgendermaßen aus: „Es ist entscheidend, dass das Gedenken in unsere Le-
bensmitte gerückt wird und Erinnerungsmale nicht weitab liegen, wo sie
bequem links liegen gelassen werden können.“420
Im August 2006 wurden in sieben Gemeinden des Bezirks Braunau/Inn
„Stolpersteine“ für elf Menschen verlegt, die dem NS-Regime zum Opfer
gefallen waren.421 Es handelte sich dabei um die zweite Verlegung von
417 Vgl. http://www.schlier.at/index.html (aufgerufen am 9.7.2012)
418 http://www.theaterhausruck.at/html/?page_id=4 (aufgerufen am 9.7.2012)
419 Vgl. http://www.stolpersteine.com/DE/start.html (aufgerufen am 18.7.2012)
420 Zit. nach: http://www.antifa.at/initiative/erinnerungsstaetten.html (aufgerufen am 19.7.
2012)
421 Vgl. http://www.auslandsdienst.at/de/projekt/stolpersteine (aufgerufen am 18.7.2012).
Der zwölfte „Stolperstein“ wurde nicht wie geplant verlegt.